Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll die gesamte AfD als Verdachtsfall erklärt haben. Nach dpa-Informationen setzte der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, die Landesämter für Verfassungsschutz darüber am Mittwoch in einer internen Videokonferenz in Kenntnis. Demnach kann die Partei jetzt auch deutschlandweit mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden - wie zum Beispiel Telefonüberwachungen und Observationen. Das soll für alle Abgeordneten und Kandidaten in Bund, Ländern und sogar dem Europaparlament gelten. In mehreren Bundesländern wie Brandenburg, Sachsen und Thüringen steht die Partei bereits unter Beobachtung.
AfD klagt gegen Einstufung des Verfassungsschutzes
Eine offizielle Bestätigung des Verfassungsschutzes wird es laut Berichten des Spiegels und die Süddeutsche Zeitung vorerst aber keine geben. Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit der AfD: Eigentlich wollte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang die Einstufung als Verdachtsfall bereits im Januar öffentlich bekanntgeben. Dagegen hatte die Partei aber mehrere Eilanträge und Klagen eingereicht. Diese sorgen jetzt dafür, dass der Verfassungsschutz eine Zusage zur Stillhaltung abgab. Bis zur juristischen Entscheidung wird es demnach auch keine Ermittlungen des Verfassungsschutzes geben.
„Das Vorgehen des Verfassungsschutzes ist skandalös“, sagte der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. „Obwohl die Behörde die Einstufung als Verdachtsfall nicht bekannt geben darf, lanciert sie entsprechende Informationen an die Medien, um auf diese Weise den demokratischen Parteienwettstreit zu Lasten der AfD zu beeinflussen.“
Gutachten wertet Reden und Äußerungen von AfD-Politikern aus
Ausschlaggebend für die Beobachtung ist ein rund 1000 Seiten dickes Gutachten einer Arbeitsgruppe von Juristen, Historikern und Rechtsextremismus-Experten. Diese hatten seit 2019 für den Verfassungsschutz unter anderem Reden und Äußerungen von AfD-Politikern bei Parteitagen, in den Sozialen Medien oder in Interviews analysiert. Außerdem wurden Verbindungen von AfD-Politikern zu rechtsextremen Organisationen wie der „Identitären Bewegung“ untersucht. Das Gutachten kommt laut dem Spiegel zu dem Schluss, dass „die AfD gegen die Menschenwürdegarantie und das Demokratieprinzip im Grundgesetz verstoße“. Auch der Einfluss des inzwischen aufgelösten völkischen „Flügels“ auf die Partei soll eine wichtige Rolle spielen.