Nach massiver Kritik und Verwirrung um die geplante Corona-Osterruhe hat Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Regelung aus den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen wieder gekippt. Sie übernehme dafür die Verantwortung, wurde Merkel von Teilnehmern einer kurzfristig einberufenen Schaltkonferenz mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch zitiert. „Der Fehler ist mein Fehler“, sagte Merkel demnach. Sie habe am Vormittag entschieden, die Verordnungen zur Osterruhe nicht auf den Weg zu bringen, sondern zu stoppen.
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass zu viele Folgeprobleme entstanden wären, hätte man – wie beschlossen – den Gründonnerstag und Karsamstag zu Ruhetagen erklärt. Aufwand und Nutzen stünden in keinem guten Verhältnis, wurde Merkel von Teilnehmern der völlig überraschend einberufenen Runde mit den Länderregierungschefs zitiert.

Ministerpräsidenten äußern Respekt gegenüber der Bundeskanzlerin

Dem Vernehmen nach drückten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ihren Respekt für die Kanzlerin aus und betonten die gemeinsame Verantwortung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte nach Angaben von Teilnehmern: „Ich habe persönlichen Respekt vor der Erklärung der Kanzlerin. Es ist am Ende besser, jetzt abräumen, wenn es rechtlich nicht geht.“ Letztlich seien die Verfahrensabläufe „auch Teil des Problems“.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) äußerte Teilnehmern zufolge seinen „großen Respekt“ dafür, dass die Kanzlerin die Verantwortung für das in der Corona-Pandemie bislang einmalige Vorgehen übernehmen wolle. Aber: „Das müssen wir alle auf uns nehmen. Wir haben diesen Weg mitgetragen und nicht widersprochen.“ Es sei richtig und zwingend notwendig, dass Politik berechtigte Kritik aus der Praxis aufnehme und Fehlentscheidungen korrigiere. Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) sagte dem Vernehmen nach ebenfalls, es sei gut Dinge auch mal zurückzunehmen.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat nach der Rücknahme der geplanten Corona-Osterruhe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu aufgefordert, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. „Wir haben inzwischen eine veritable Vertrauenskrise gegenüber der politischen Führung des Landes“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Konsequente Pandemiebekämpfung gehe nur, wenn die Kanzlerin das Vertrauen der Mehrheit des Parlaments genieße. „Sie sollte im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage stellen.“
Bartsch sprach von „Dilettantismus im Kanzleramt“. Statt die Krise zu lösen, mache die Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung Fehler auf Fehler. Er fügte hinzu, es sei richtig, wenn unsinnige Fehler korrigiert würden.

Handel begrüßt Entscheidung von Angela Merkel

Merkel betonte in einer Pressekonferenz: „Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler.“ Qua Amt trage sie als Bundeskanzlerin die letzte Verantwortung. Für den Fehler bitte sie alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung, er habe zu zusätzlicher Verunsicherung geführt.
Die Idee zu der erweiterten Osterruhe sei „mit bester Absicht entworfen worden“. Sie sei aber in der Kürze der Zeit nicht gut umsetzbar gewesen. Viel zu viele Fragen hätten nicht gelöst werden können. Aufwand und Nutzen der sogenannten Osterruhe hätten in keinem vernünftigen Verhältnis gestanden. Sie verwies auf Fragen zur Lohnfortzahlung und der Situation in Geschäften und Betrieben. Im Anschluss wurde Merkel zur Befragung im Bundestag erwartet.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat die Rücknahme der Osterruhe als "Signal der Vernunft" begrüßt. Die kurzfristig vorgesehene Schließung des Lebensmittelhandels am Gründonnerstag hätte "zu erhöhtem Kundenandrang an den Tagen davor und danach geführt", erklärte der HDE am Mittwoch. In Pandemiezeiten aber gehe es darum, "die Kundenzahl zu entzerren".
Nach den Beschlüssen der Bund-Länder-Runde hatte sich Unmut vor allem daran entzündet, dass trotz fast zwölfstündiger Beratungen die Umsetzung zentraler Punkte noch offen war. Vorgesehen war, dass der Donnerstag und Samstag Ruhetage ähnlich wie Sonn- oder Feiertage sein sollten. Am Gründonnerstag sollte das gesamte wirtschaftliche Leben ruhen, am Karsamstag lediglich der Lebensmittelhandel im engeren Sinn öffnen können.

Kontakte sollen über Ostern dennoch eingeschränkt werden

Offen war zunächst, ob es eine alternative Regelung geben soll, um die steigende Zahl der Corona-Neuinfektionen in den Griff zu bekommen. Zunächst sei nicht daran gedacht, kurzfristig eine neue Bund-Länder-Runde einzuberufen, erfuhr die dpa. Der entsprechende Punkt zur Osterruhe – Punkt 4 – der Beschlüsse vom frühen Dienstagmorgen werde nicht umgesetzt. Trotzdem sei es richtig, über Ostern Kontakte individuell möglichst stark einzuschränken. Allen sei klar, dass im Kampf gegen die Pandemie weitere Maßnahmen erforderlich seien, hieß es aus der Runde.
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