Ab Montag (19.04.2021) gilt in Brandenburg eine verschärfte Corona-Verordnung. Angesichts der weiter steigenden Infektionszahlen hat sich das Kabinett dabei an den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und der Bundes-Notbremse orientiert und diese zum Teil schon vorweg genommen. Demnach gilt aktuell in Brandenburg eine Ausgangsbeschränkung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr für Landkreise und Kreisfreie Städte, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage lang über 100 liegt. Mit Stand von Montag (19.04.2021) könnte das mit Ausnahme des Kreises Barnim, der als einziger im Moment unter der 100er-Grenze liegt, alle Regionen in Brandenburg betreffen. In der Bundes-Notbremse war ursprünglich eine Zeit von 21 Uhr bis 5 Uhr vorgesehen, doch nach neuesten Informationen soll sie künftig bundesweit ebenfalls erst ab 22 Uhr gelten.

Ausgangssperre in Brandenburg: Diese Ausnahmen gelten ab 19.04.2021

In der Zeit von 22 bis 5 Uhr ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur bei Vorliegen eines triftigen Grundes gestattet. Triftige Gründe sind insbesondere:
  • der Besuch von Ehe- und Lebenspartnerinnen und -partnern sowie von Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten,
  • die Wahrnehmung des Sorge- oder eines gesetzlichen oder gerichtlich angeordneten Umgangsrechts,
  • die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen,
  • die Begleitung und Betreuung Sterbender oder von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen,
  • die Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer und therapeutischer Leistungen,
  • die Inanspruchnahme veterinärmedizinischer Leistungen und die Versorgung von Tieren (zum Beispiel Gassi gehen oder Pferde füttern),
  • die Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,
  • das Aufsuchen der Arbeitsstätte und die Ausübung beruflicher, dienstlicher oder der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben dienender ehrenamtlicher Tätigkeiten,
  • die Teilnahme an Versammlungen (Demonstrationen), religiösen Veranstaltungen, nicht-religiösen Hochzeiten und Bestattungen,
  • die Teilnahme an nicht untersagten Veranstaltungen, mit Ausnahme privater Feiern und sonstigen Zusammenkünften (Hinweis: dieser Punkt ist im Vergleich zur Oster-Regelung neu/schärfer). Das bedeutet: man muss von einem Verwandtenbesuch rechtzeitig aufbrechen, so dass man bis 22 Uhr das eigene Zuhause erreicht ,
  • die Durchführung von Maßnahmen der Tierseuchenbekämpfung und zur Jagdausübung durch jagdberechtigte und beauftragte Personen.
Wer sich dennoch zwischen 22 Uhr und 5 Uhr ohne triftigen Grund im öffentlichen Raum aufhält, dem droht ein Bußgeld zwischen 50 und 250 Euro als Strafe.

Staatsrechtler hält Corona-Ausgangsbeschränkung für verfassungswidrig

Die nächtliche Ausgangsbeschänkung in Regionen mit hohen Infektionszahlen in Brandenburg verstößt nach Ansicht des Staatsrechtlers Thorsten Ingo Schmidt gegen das Grundgesetz. „Das ist ein schwerwiegender Eingriff und er ist verfassungswidrig“, sagte der Potsdamer Wissenschaftler der Deutschen Presse-Agentur. Die Ausgangsbeschränkung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr für einen Landkreis oder eine kreisfreie Stadt mit über 100 neuen Infektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche greife in die Freiheit der Person nach Artikel 2 und in die Freizügigkeit nach Artikel 11 ein, sowie in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2. “Eigentlich läuft es darauf hinaus, dass man sich von 22 Uhr bis 5 Uhr zuhause aufzuhalten hat“, sagte der Staatsrechtler. „Das kann zwar schon mit dem Gesundheitsschutz begründet werden, nur dann muss der Eingriff geeignet, erforderlich und angemessen sein.“ Die Wirkung sei allerdings, dass es zu Verlagerungseffekten kommen werde, zum Beispiel, wenn alle um 21 Uhr einen Spaziergang machen wollten. „Das kann sogar kontraproduktiv sein, das heißt, es gibt mehr Kontakte tagsüber“, so Schmidt.

Änderungen im Infektionsschutzgesetz werden erneut im Bundestag beraten

Die Beratungen über eine bundesweite Corona-Notbremse gehen in die möglicherweise entscheidende Woche. Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben am Montag (19.04.2021) in Videokonferenzen über Änderungen am Infektionsschutzgesetz diskutiert. Das Parlament hatte vergangene Woche erstmals über den Entwurf der Regierung beraten, am Mittwoch (21.04.2021) will es darüber abstimmen. Am Wochenende gab es noch Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen über letzte Änderungen.