+++ Update (5. April) +++ Die seit dem 16. März vermisste Lübbenauerin ist inzwischen tot aufgefunden worden. Erfahren Sie hier dazu mehr. Aus Respekt vor der Verstorbenen und ihren Angehörigen haben wir nachträglich ihr Bild und ihren Namen aus dem Beitrag entfernt.
Vor einer Wohnungstür ein kleiner Beistelltisch. In dem runden Glasgefäß mit der grünen Schleife liegen Zettel, auf denen die Mitbewohner der Vermissten ihre Wünsche für sie geschrieben haben. Dass sie bald zurückkommen soll, dass es ihr hoffentlich gut geht, dass sie vermisst wird, steht da wahrscheinlich zu lesen.
Für die 30 Menschen mit Behinderung sei es ganz wichtig, sichtbar zum Ausdruck zu bringen, dass sie mit den Gedanken bei ihrer Mitbewohnerin sind, sagt Einrichtungsleiterin Uta Staudler. Zu Wochenbeginn, nachdem in der Wohnstätte der AWO in der Lübbenauer Altstadt jeder vom Verschwinden der 59-jährigen Lübbenauerin erfahren hat, holte Uta Staudler alle Bewohner zu einer Gesprächsrunde zusammen, gab Informationen der Polizei weiter und beantwortete Fragen. Soweit sie das konnte.
Gegen acht Uhr früh hatte Uta Staudler vergangenen Donnerstag ein Anruf aus der Spreewaldwerkstatt in der Neustadt erreicht, ebenfalls betrieben von der AWO. 7.15 Uhr ist dort Arbeitsbeginn für Menschen mit geistiger und/oder körperlicher Einschränkung und die vermisste Lübbenauerin war noch nicht da.
Diesen Weg ging die Vermisste
Das war erstmal noch kein Grund zu größter Besorgnis, so Uta Staudler. Es kam vor, dass sie zu spät in der Werkstatt eintraf, wenn sie bei schönem Wetter den Weg von der Wohnstätte zu Fuß machte und den Fahrdienst des ASB nicht in Anspruch nahm. Knapp zwei Kilometer lang ist die Strecke. Es geht die Poststraße entlang, dann links in die Bahnhofstraße bis zu der Kreuzung mit der Doppelschranke. Auf der Neustadtseite erreicht sie über die Kraftwerkstraße das Medizinische Zentrum Lübbenau (MZL) in der Kochstraße. Dahinter liegt in der Thomas-Müntzer-Straße die Werkstatt.
Die Vermisste machte aber oft noch kleine Umwege, um eine Bäckerei oder sonst ein Geschäft aufzusuchen. Manchmal kam es vor, dass sie sich verlief, dabei die Orientierung verlor und gar nicht am Arbeitsplatz ankam. „Dann haben wir sie aber immer schnell wieder finden können“, sagt Uta Staudler. Über Nacht war sie noch nie weg.
Was die Polizei unternommen hat
Am 16. März kam es anders. Bei der AWO informierte man die Polizei. Noch am späten Nachmittag flog der Hubschrauber über die Neustadt. Doch die Vermisste konnte nicht gesichtet werden. „Wir haben daraufhin“, so Polizeisprecher Maik Kettlitz, „einen Fährtensuchhund eingesetzt.“ Die Zeit drängte. Nachts waren Temperaturen unter dem Gefrierpunkt angesagt. Der Hund führte die Beamten dann auch nicht in die Neustadt, sondern in eine ganz andere Richtung. Nach Lehde. Dort, so Kettlitz weiter, fuhren die Kollegen von der Wasserschutzpolizei die Fließe ab und setzten ein Sonargerät ein. Auch eine Drohne kam zum Einsatz. Ohne Erfolg.
Immer wird bei der Suche nach Vermissten auch bei Krankenhäusern in der Region, bei Busunternehmen, Deutscher Bahn und ODEG nachgefragt, so Kettlitz. Die Frau kennt den Bahnhof in Lübbenau gut. Die Nachfragen der Polizei blieben leider ergebnislos. Zeugenhinweise habe es viele gegeben, sagt der Polizeisprecher. Dabei habe sich herausgestellt, dass es in der Neustadt aber offenbar eine Person gibt, die der Vermissten sehr ähnlich sieht.
Maik Kettlitz sagt ausdrücklich: „Zeugenhinweise sind weiterhin dringend erbeten, um die Vermisstensuche fortzusetzen.“ Informationen nimmt die Polizeidienststelle in Senftenberg unter 03573 880 entgegen.
Wohnstättenleiterin Uta Staudler und ihre Kollegen haben selbst ebenfalls nach der Frau gesucht. Die 59-Jährige lebt seit Eröffnung der Wohnstätte im Jahr 2000 dort und ist in Lübbenau ein bekanntes Gesicht. Außer ihrer Mutter habe sie allerdings keine Angehörigen oder Bekannten, bei denen sie sich aufhalten könnte. Viel Geld könne sie auch nicht bei sich haben. Die Bewohner der Einrichtung haben immer nur ein Taschengeld bei sich und die 59-Jährige ist nun schon über eine Woche verschwunden. Ein Mobiltelefon wollte sie nie haben.
Nicht gut auf die Frau aufgepasst?
In der Wohnstätte sind Betreuer und Bewohner gleichermaßen betroffen. Sie und ihre Kolleginnnen, sagt Uta Staudler, wurden außerhalb der Einrichtung schon gefragt, ob sie nicht besser auf die Frau hätten aufpassen können. Sie könne dazu nur sagen, dass auch Menschen mit Behinderung das Recht haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und sich frei zu bewegen. Ohne, dass sie ständig beaufsichtigt und kontrolliert werden. Es gibt Trainings für die Bewohner, worauf zu achten ist, wenn sie allein unterwegs sind, um zum Beispiel einzukaufen oder eine Veranstaltung zu besuchen.
Die Hoffnung, dass die Lübbenauerin wohlbehalten zurückkehrt, haben alle in der Wohnstätte, sagt Uta Staudler. Nach über einer Woche müsse sie selbst aber ehrlich sagen: Diese Hoffnung ist nicht mehr sehr groß.