Sie sind als ungeladene Gäste beim Picknick, bei der Kuchenrunde oder beim Grillen die Plage eines jeden Spätsommers. Ihre unruhigen Flugbewegungen und ihre Hartnäckigkeit versetzen uns in Aufregung und Angst, weil wir ihre brennenden Stiche fürchten – Wespen.
Ob die Wespe ein Nützling, ein Schädling oder ein Nützling mit schlechtem Image ist? Für Wolfgang Schreiber kommt es dabei auf die Art an. „Wenn wir über die Gemeine Wespe reden, dann ganz klar ein Schädling“, sagte der Experte aus Hoyerswerda. Schreiber, seines Zeichens Schädlingsbekämpfer mit eigenem Meisterfachbetrieb, weiß aus langer Berufserfahrung, dass die konfliktreichste Zeit zwischen Mensch und Weste bevorsteht.
Bald werden die Insekten wieder vermehrt unterwegs und mit nervigem Gebrumm auch ziemlich aggressiv auf Futtersuche sein, denn es geht für die Art wie immer um Leben und Tod. Dabei ist nicht die Fliegenklatsche gemeint, die für das abrupte Ableben des Faltenwesens auf Nahrungsbeschaffung verantwortlich ist. Vielmehr ist ein natürlicher Kreislauf schuld, dem jeder Wespenstaat folgt.
Jedes Jahr im Frühjahr macht sich eine einzelne Königin ans Werk, für ihren noch zu gebärenden Staat ein Nest zu bauen. In dem geschützten Unterschlupf legt sie ihre Eier in die von ihr errichteten Brutkammern ab. Um die geschlüpften Larven kümmert sie sich zunächst selbst. Bis in den Frühsommer hinein werden weitere Arbeiterinnen mithilfe der ersten Generationen herangezogen.
Im Spätsommer wird der sich bildende Staat durch die Aufzucht von Männchen und jungen Königinnen ergänzt. Die Wespenarbeiterinnen haben jetzt sehr viel zu tun, denn alle Tiere müssen mit ausreichend Nahrung versorgt werden. Nahrungssuche im Akkord ist angesagt.

Wespen: Das große Sterben an den ersten kalten Tagen

Im Herbst erfolgt schließlich der Hochzeitsflug, bei dem sich die männlichen Drohnen und die Jungköniginnen mit denen anderer Staaten paaren. Mit der Befruchtung jener Jungköniginnen ist das Ziel erreicht. Der zur Arterhaltung gebildete Staat wird nun nicht mehr gebraucht und alle Tiere, ausgenommen der befruchteten Jungköniginnen, sterben an den ersten kalten Tagen des Herbstes. Die befruchteten Weibchen verharren in einem ausgewählten Versteck in Kältestarre bis zum nächsten Frühjahr und der Zyklus beginnt von vorn, wie die Naturzentrale Neschwitz den Kreislauf im Wespenstaat beschreibt.
Ein kleines Wespennest unter einem Dachvorsprung: Jedes Jahr startet die Königin den Aufbau eines neuen Staates.
Ein kleines Wespennest unter einem Dachvorsprung: Jedes Jahr startet die Königin den Aufbau eines neuen Staates.
© Foto: Patrick Pleul/dpa
Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass sich Wespen im Spätsommer bis in den Herbst hinein im Kampf auf Leben und Tod befinden. Für den schlechten Ruf der Wespen ist übrigens fast ausschließlich die Gemeine Wespe verantwortlich. Diese Art bildet große Völker mit mehreren Tausend Arbeiterinnen und ist die einzige, die Menschen gegenüber so zudringlich wird und sich auch über das Schinkenbrot oder den Pflaumenkuchen hermacht. Und dies ist eben besonders dann der Fall, wenn sich im Herbst die Nester auflösen und die noch lebenden Arbeiterinnen auf Nahrungssuche einzeln oder in Gruppen durch die Gegend streunen.

Kommt gar eine Wespen-Plage?

Wolfgang Schreiber erwartet die Hochzeit der Wespenstreunerei diesmal erst Mitte Oktober/Anfang November. Verantwortlich für den Verzug sei der zum Teil kühle und nasse Sommer. Ob’s gar eine Plage wird, ließe sich schlecht abschätzen, sagt Schreiber. „Das hängt von der weiteren Wetterentwicklung ab.“ So zwischen 50- bis 100-mal pro Jahr muss der Schädlingsbekämpfer wegen Wespen ausrücken. Und ja, so ein-, zweimal wird auch er bei aller Vorsicht von den Wespen erwischt, so der Chef des gleichnamigen Meisterbetriebes in Hoyerswerda.
Oft auch deftig unterwegs: Eine Wespe frisst an einem Schinkenbrot.
Oft auch deftig unterwegs: Eine Wespe frisst an einem Schinkenbrot.
© Foto: Roland Weihrauch/dpa
Aber wie kann der genervte Mensch die Zahl der Konflikte mit dem hungrigen Flugwesen reduzieren? Dazu haben Naturschützer etliche Tipps parat: Am sichersten ist es, Lebensmittel im Freien konsequent abzudecken und Reste schnell wegzuräumen. Als Hausmittel gegen Wespen werden zudem Basilikum oder mit Nelken versehene Zitronen oder Orangen, die in Scheiben geschnitten werden, helfen. Alternativ können ätherische Duftöle wie zum Beispiel Zitronella, Nelken- oder Teebaumöl benutzt werden. Um Wespen vom Tisch zu vertreiben, wird auch empfohlen, Kaffeepulver oder Kaffeebohnen in einem feuerfesten Gefäß anzünden. Diese Düfte sollen helfen, die Wespen vom Tisch fernzuhalten.

Wespen mit Leckerbissen ablenken

Außerdem hilft Ablenkung: So kann sich die Lage am Tisch beruhigen, wenn in sicherer Entfernung eine Scheibe Kochschinken als Köder ausgelegt wird. Wer Mitgefühl mit den hungrigen Tieren hat, kann an einem entfernten Platz ein Schälchen mit Saft oder Honig aufstellen, an dem sich die Tiere tummeln können. Frei nach dem Motto: Warum soll ich hier ums Futter kämpfen, wenn ich dort in Ruhe knabbern kann! Aber Vorsicht: Bitte nur flache Gefäße mit Steighilfen nutzen, sonst können die Tiere ertrinken.
Nicht ganz unwichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich das Verhalten des Menschen. Hektisch nach den „Biestern“ schlagen, macht es jedenfalls nicht besser. Und nach einem Stich kann schnell ein weiterer folgen. Bei einer solchen Attacke werden nämlich Alarmpheromone freigesetzt, die weitere Tiere anlocken und zum Stich animieren.
Die Insekten fliegen auf Süßes: Eine Wespe futtert an einem Pflaumenkuchen.
Die Insekten fliegen auf Süßes: Eine Wespe futtert an einem Pflaumenkuchen.
© Foto: Roland Weihrauch/dpa
Zugleich rät Wolfgang Schreiber zur Weitsicht. So spricht nichts dagegen, in der Saison den Tieren mit vernünftigem Abstand zu folgen, um vielleicht den Unterschlupf zu finden. Bestenfalls kann das – dann leere – Nest im Winter gefahrlos entfernt werden. Außerdem könnten so Schlupflöcher gefunden und versiegelt werden. Übrigens können auch ein Rollladen, der kaum bewegt wird, ein alter Schuppen oder der gute alte Holzstapel über die Zeit zum Wespennest geworden sein, mahnt der Experte zur Vorsicht.

Naturzentrale klärt über Wespen auf

Die Naturzentrale des Landkreises Bautzen hat um Verständnis für die Wespen geworben, die gerade in diesen Tagen sehr aktiv sind. Grundsätzlich ist das Fangen, Verletzen und Töten der Tiere sowie das Beschädigen oder Zerstören aktiv genutzter Nester ohne triftigen Grund verboten, wie es hieß. Bauen die Tiere ihr Nest aber direkt am Türrahmen der Wohnungstür, darf man die Behausung selbstständig entfernen.
Bei der Wespenart Hornisse verhält es sich anders. Hornissen sind laut Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Nester dürfen Fachleute nur im Ausnahmefall nach Rücksprache mit den Naturschutzbehörden umsiedeln. Laut Naturzentrale sind Hornissen deutlich entspannter als ihre Artverwandten und erfüllen wertvolle Aufgaben im Ökosystem. Als „Naturpolizei“ würden sie aktiv der Massenvermehrung von Schädlingen entgegenwirken.