Mit zunehmend schönem Wetter wächst auch wieder das Interesse an den vielen Dorfkirchen in der Region Herzberg. Vor allem Radwanderer steuern die Kirchen gern an. Viele der Gebäude sind in den vergangenen Jahren ganz oder zumindest teilweise saniert und restauriert worden. So die Kirchen in Frauenhorst, in Alt Herzberg, in Wildenau, in Züllsdorf, in Kölsa, in Bernsdorf und Jeßnigk, die Herzberger Stadtkirche St. Marien oder aktuell die Kirche in Uebigau.
Für die jeweiligen Kirchengemeinden erfüllt sich damit ein lang gehegter Wunsch, denn der bauliche Zustand vieler Dorfkirchen ist besorgniserregend schlecht. Bis es aber zur Sanierung kommt, ist es oft ein weiter Weg.
Jahrelanges Warten auf Fördermittel
Das musste auch die kleine Kirchengemeinde im Herzberger Ortsteil Fermerswalde erfahren. „Wir haben uns seit Jahren vergebens um Fördermittel für die dringende Sanierung unserer Dorfkirche bemüht. Die letzte Instandsetzungsmaßnahme war 1991/92 am Turm. Die Mittel stammten damals noch aus dem Programm ‚Aufbau Ost‘. Der Verfall des Kirchengebäudes, vor allem der Hülle, schreitet aber immer mehr voran. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Siegbert Lieske.
Die Fermerswalder Kirche wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Die kelchförmige Sandsteintaufe aus dem Jahr 1542 ist noch gut erhalten, ebenso das Epitaph – ein Gedenkstein für die am Kindbett verstorbene Hedwig von Falck – im Innenraum. Es verweist auf die im 16. Jahrhundert in Fermerswalde ansässige Adelsfamilie von Falck.
Brand und Wasser setzen der Substanz zu
Anfang des 19. Jahrhunderts hat die Kirche ihre erste Orgel erhalten, die 1909 durch ein neues Instrument aus der Orgelbauanstalt „Fleischer und Kindermann“ in Dessau ersetzt wurde. Der Turm der Kirche wurde mehrmals abgebrochen und erneuert. 1953 zerstörte ein Brand den Dachstuhl des Kirchenschiffs, den Kirchturm und die Glocken. Das Wasser hat auch die Orgel beschädigt. Weiter einfließendes Wasser über das Jahre hindurch undichte Dach hat sie seit Anfang der 1990er Jahre bis heute unbespielbar gemacht.
Kleinere Arbeiten selbst in die Hand genommen
Einige kleinere Arbeiten hat die Kirchengemeinde mit Eigenmitteln und Zuschüssen der Denkmalschutzbehörde und des Kirchenkreises in den vergangenen Jahren realisieren können. Dazu zählen die Erneuerung des Elektroanschlusses 2014, die Sanierung des Sockelmauerwerks an der Nordwestecke des Kirchenschiffes 2020 oder die Erneuerung der Kirchenfenster 2021 und 2022. Doch jetzt muss grundsätzlich etwas passieren. Vor allem muss das Dach abgedichtet werden, um weitere Schäden am Außenmauerwerk und im Sockelbereich zu verhindern.
Siegbert Lieske hat Förderanträge auch bei überregionalen Einrichtungen, Stiftungen und Ministerien gestellt. Diesmal mit Erfolg. Auch an die Einwohner von Fermerswalde hat er ein Schreiben gerichtet. Unter der Überschrift „Mit Euch können wir es schaffen“ bittet der Gemeindekirchenrat um Spenden. Etwa 2500 Euro sind schon zusammengekommen, berichtet Lieske und ist stolz auf die Fermerswalder. Denn nur wenige von ihnen, etwa 35, gehören der Kirchengemeinde an. Die Spendenbereitschaft zeigt, dass vielen im Ort an der Sanierung der Kirche gelegen ist.
Finanzspritzen von vielen Stellen
Für den ersten Bauabschnitt – die Erneuerung der Dacheindeckung einschließlich einer Dachentwässerung über dem Kirchenschiff und dem Chorbereich – sind etwa 100.000 Euro veranschlagt. Das Geld haben die Fermerswalder so gut wie zusammen. 50.000 Euro gibt der Kirchenkreis Bad Liebenwerda. 20.000 Euro steuert das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg bei. Mit jeweils 10.000 Euro fördern die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (KiBa) und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Vorhaben. Letztere hat sogar noch 2300 Euro extra gegeben, um einen Grabstein an der Südwand der Kirche zu sichern. Das ist vor zwei Wochen erfolgt, sagt Siegbert Lieske.
Jetzt hofft die Kirchengemeinde noch auf einen Zuschuss der unteren Denkmalschutzbehörde. Den Rest muss sie selbst aufbringen. „Wir haben momentan aber nicht viel eigenes Geld, weil wir einen großen Teil bei der Fenstersanierung verbraucht haben“, erklärt Siegbert Lieske. Er hofft, dass die Fermerswalder mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auskommen. „Die Aufträge sind vergeben. Mitte Juni wollen wir beginnen. Bisher liegen wir im Kostenrahmen“, sagt er.
Hochkarätige Künstler zu Gast
Um die eigene Kasse wieder etwas aufzufüllen, haben der Gemeindekirchenrat gemeinsam mit dem Kultur- und Heimatverein Fermerswalde und dem Ortsbeirat ein Benefizkonzert zugunsten der Sanierungsarbeiten an der Dorfkirche organisiert. Zum 10. Juni sind alle Fermerswalder und Musikfreunde aus anderen Orten zu einem Arien- und Liederabend mit der Mezzosopranistin Stephanie Atanasov und dem Pianisten Jobst Schneiderat eingeladen.
Die Wienerin Stephanie Atanasov war Mitglied des Ensembles der Semperoper Dresden und der Staatsoper Berlin. Seit 2019 ist sie am Theater Plauen-Zwickau engagiert. Jobst Schneiderat ist ein gefragter Begleiter namhafter Sängerinnen und Sänger. Konzertreisen führten ihn durch ganz Europa, die USA und nach Japan. „Wir haben also exzellente Künstler in Fermerswalde zu Gast. Es werden Stücke von Mozart, Vivaldi, Richard Strauß und Antonin Dvořák zu hören sein“, so Siegbert Lieske. Vor dem Konzert gibt es ab 15 Uhr Kaffee und Kuchen. Um 16 Uhr sorgt der Bläserkreis Herzberg Nord für die musikalische Einstimmung auf den Abend. Das Konzert beginnt um 17 Uhr in der Kirche. Im Anschluss klingt der Abend auf der Wiese vor der Kirche mit Deftigem vom Grill aus.
Noch zwei weitere Bauabschnitte stehen an
Mit der Dacherneuerung sind die notwendigen Arbeiten an der Kirche in Fermerswalde aber noch lange nicht beendet. In einem zweiten Bauabschnitt stehen die Sanierung des Außenmauerwerkes sowie die Erneuerung der Farbanstriche auf dem Fachwerk und den Putzflächen des Turmes an. In einem dritten Abschnitt müssen die inneren Wand- und Deckenflächen saniert werden. Letztmalig fanden 1938 Malerarbeiten im Innenraum der Kirche statt.
Für das gesamte Sanierungsvorhaben rechnet der Gemeindekirchenrat mit einem Kostenumfang von 450.000 Euro. „Wir werden noch in diesem Jahr beginnen, weitere Fördermittel für den zweiten Bauabschnitt zu akquirieren. Aber das Projekt wird seine Zeit brauchen“, sagt der Gemeindekirchenratsvorsitzende.
Weitere Vorhaben werden entschieden
Im Kirchenkreis Bad Liebenwerda stehen nicht weniger als 87 Kirchen, plus Pfarr- und Gemeindehäuser sowie Friedhofskapellen. Im Altkreis Finsterwalde, der zum Kirchenkreis Niederlausitz gehört, sind 46 Kirchen und zahlreiche weitere Gebäude zu erhalten. Insgesamt ist dies für die Kirchengemeinden und die Kirchenkreise eine andauernde Mammutaufgabe.
Für dieses Jahr ist der Beginn weiterer Sanierungen an Kirchen im Kirchenkreis Bad Liebenwerda vorgesehen. Welche, darüber entscheidet der Bau- und Finanzausschuss in den kommenden Wochen, so Heiko Müller vom Kirchbauamt.