Zu den konsequentesten Jagdgegnern hierzulande gehört die Initiative zur Abschaffung der Jagd. Auf ihrer Homepage zitiert sie den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, der von der „Jägerei“ als „Nebenform menschlicher Geisteskrankheit“ gesprochen haben soll. André Bochow sprach mit Kurt Eicher aus Heilbronn, Biologe und Spiritus rector der Initiative, über die Bedeutung der Jagd.

Herr Eichler, bei der Debatte um die Jagd geht es in jüngster Zeit besonders um den Wald. Die Rehe verbeißen die angepflanzten Laubbäume.

Kurt Eicher: (lacht) Klar – und deswegen sind die Rehe am Klimawandel schuld. So ein Blödsinn. Wenn es so wäre, hätte es in Europa nie einen Wald gegeben. Der Mensch hat den Wald zu 98 Prozent zu einer gewinnbringenden Anpflanzung gemacht. Drumherum intensive Landwirtschaft. Und dann kommen die Jäger und vertreiben das Wild von der Fläche und in den Wald hinein. Tja und irgend­etwas müssen Rehe fressen.

Das heißt, Sie wollen Wald und Tiere sich selbst überlassen?

Das wäre der beste Weg. Die Natur reguliert sich selbst. Auch der Wald wird sich dem Klimawandel anpassen. Da muss ich keine Baumsorten importieren. Nun bin ich aber Realist. Der Wald wird weiter genutzt werden. Dafür ist er angelegt worden. Es muss aber heißen: So naturnah wie möglich. Wenn ich Neuanpflanzungen schützen will, kann ich für eine Weile einen Zaun ziehen. Da brauche ich keine Rehe abzuschießen. Entscheidend ist, dass der Wald über Korridore verbunden wird.

Und alle Tiere stehen dann unter Naturschutz?

Ohne Ausnahme. Gleichzeitig muss ein komplettes Fütterungsverbot her. Das führt zur Bildung eines natürlichen Gleichgewichts. Wie gut das funktioniert, kann man sich in einigen Gegenden Europas ansehen. Dort regulieren Luchse und Wölfe die Populationen des Schalenwildes.

Auch Naturschutzverbände wie der Nabu sind nicht komplett gegen die Jagd.

Weil es dort auch Jäger gibt. Die Jäger haben das geschickt gemacht. Die sind überall in den Verbänden und machen entsprechend Stimmung.

Sie listen seit Jahren die Opfer der Jagd auf. Das sind nicht nur Rehe, Hirsche und Wildschweine. Pro Jahr kommen durch die Jagd im Durchschnitt 40 Menschen in Deutschland ums Leben.

Bei uns rufen manchmal Leute an, die berichten, dass die Schrotkugeln auf ihrer Terrasse einschlagen. Ehefrauen, Wanderer, Radfahrer und natürlich Jäger selbst werden erschossen. Die Entwaffnung der Jäger hätte mehr Sicherheit für alle zur Folge. Auch die Bärlauchsammlerin würde dann nicht mehr mit einem Wildschwein verwechselt.

Wo haben Sie eigentlich die Zahlen her?

Aus der Zeitung. Wir sammeln nur Fälle, über die in den Medien glaubwürdig berichtet wird. Die Dunkelziffer dürfte beträchtlich sein. Offizielle Zahlen gibt es ja nicht. Auch keine vom Deutschen Jagdverband.

Der wiederum Ihre Zahlen anzweifelt.

Dann soll der DJV doch die Zeitungen verklagen. Macht er aber nicht. Wir zählen nur zusammen.