Von Regina Weiß und Christian Köhler
Als die Sonne am Donnerstagabend langsam in Mühlrose untergeht, fahren eine Menge Autos ins Dorf. Cottbuser und Dresdener Kennzeichen sind zu sehen. Mehrere Einwohner pilgern in Richtung Gaststätte Erholung. Auch ein Polizeiauto parkt am Wegesrand. Mehrere Mühlroser munkeln, was bei der Einwohnerversammlung wohl geschehen mag. Kurz nach 19 Uhr sind alle im Saal verschwunden. Draußen ist nur noch der Lärm vom Tagebau Nochten zu hören. In nur wenigen Häusern brennt noch Licht. Dann ist lauter Applaus zu hören. Die Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) hat verkündet, dass der Trebendorfer Ortsteil umgesiedelt wird.
Als einer der ersten verlässt Uwe Pommrich die Versammlung. Er muss zur Nachtschicht, wollte die Versammlung aber nicht verpassen. Es ist ein Zeichen in die Zukunft, sagt er. Man habe gemerkt, die Bürger wollen die Umsiedlung und ich bin froh, dass die Leag zu ihrem Wort steht. Claudia Paufler, die noch in der vergangenen Woche beim Bürgerdialog mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Umsiedlung ihres Heimatdorfes forderte, ist erleichtert: Mir fällt ein Stein vom Herzen. Endlich habe sie für mich und meine Familie Planungssicherheit. Nie habe sie damit gerechnet, dass heute so die Entscheidung verkündet wird.
Kurz bevor der Lausitzbeauftragte der Sächsischen Staatsregierung die Einwohner verlässt, richtet er sich noch einmal an die Anwesenden: Die Entscheidung des Unternehmens schafft endlich Klarheit, sagt Stephan Rohde. Er setze nun auf die Vernunft aller Beteiligten, denn der ausgehandelte Kompromiss der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung sei von breiter gesellschaftlicher Akzeptanz getragen. Für Mühlrose bedeute die Umsiedlung nun viel Arbeit. Die Landesregierung wolle helfen, und für die Menschen da sein.
Bürgermeister Waldemar Locke (CDU) gibt zu, die Nacht nach der Entscheidung nicht gut geschlafen zu haben. Zwei Herzen schlagen in seiner Brust. Er weiß, um das 15-jährige Warten der Dorfbewohner. Dass die Familien nun erleichtert sind, dass die Entscheidung gefallen ist. Er weiß aber auch um die Älteren, die das Ganze unwahrscheinlich mitnimmt und die noch bis zu ihrem Lebensende weiter gewartet hätten.... Ich hatte gerade eben so ein Gespräch. Ist das schwer. Sofort seien Erinnerungen an die Teilortsumsiedlung von Mühlrose wachgeworden, die ab 1966 den Ort um 200 Einwohner dezimierte. Er weiß, dass nach der Entscheidung Belastungen, wenn auch andere, zu erwarten sind. Eine Menge Arbeit kommt auf uns zu. Als erstes müssen er, sein Amtskollege aus Schleife Reinhard Bork (parteilos) sowie Vertreter der Leag den Mühlrosevertrag unterzeichnen. Wenn das Mitte März passiert ist, dann könnten ab dem 1. April Einzelumsiedlungen in Angriff genommen werden. Für den Gruppenstandort in Schleife an den die meisten der 200 Mühlroser umsiedeln wollen werde gerade der B-Plan und damit die Voraussetzung für das Baurecht geschaffen. Im Juli soll hier der Satzungsbeschluss des Gemeinderates erfolgen. Reinhard Bork geht davon aus, dass die Erschließung im Auftrag des Bergbaubetreibers im Frühjahr startet. Im Herbst könnte dann mit dem Bau der ersten Häuser angefangen werden. Bork sagt, er können verstehen, dass jetzt möglichst alles schnell passieren soll. Schließlich ist die Ungeduld bei vielen nach den Jahren der Ungewissheit groß. Er empfand den Moment sehr bewegend, als die Leag ihre Entscheidung verkündet hat. Es ist wie eine Aufbruchstimmung, beschreibt er es. Er hofft auch, dass man auch jene mitnehmen kann, die in der Zwischenzeit resigniert haben. Ich habe noch einmal bestätigt, dass wir die Mühlroser gern als Bürger in Schleife willkommen heißen. Und auch für die Schleifer kann jetzt in einigen Punkten Erleichterung eintreten. Hatte doch die Feuerwehr um ihren Depotneubau gebangt. Dieser soll in Gemeinschaft mit den Mühlroser Kameraden am Umsiedlungsstandort entstehen. Bork hofft nur, dass nicht noch Leute von außen Zwist säen.
Für Trebendorfs Bürgermeister Waldemar Locke ist wichtig, dass der Verlust der Heimat, den man nun für den Erhalt der Arbeitsplätze in Kauf nimmt, den jüngeren Leag-Angestellten eine Zukunft gibt. Wenn sie das mit einem eigenen Haus verbinden wollen, gibt es in Trebendorf viele Möglichkeiten zu bauen. Er spricht von den möglichen Umsiedlungsstandorten für Klein Trebendorf, die nicht mehr gebraucht werden, aber im Besitz der Leag sind.