Wofür andere ein Jahr benötigen, das haben einige in Weißwasser binnen vier Monaten geschafft: Am Wochenende vom 16. bis 18. Juni findet auf dem Telux-Gelände das erste Glasfestival statt. Ermöglicht wurde es über die Simul-plus-Förderung des Freistaats zum Glasjubiläum. Und möglicherweise könnte es der Auftakt zu einer Tradition werden, so Sebastian Krüger vom Soziokulturellen Zentrum im Telux. Allerdings nur alle zwei Jahre – alles andere wäre schon finanziell nicht zu stemmen, dämpft City-Manager Frank Lublow allzu hohe Erwartungen.
Aber das Festival solle keine Eintagsfliege sein, sondern als kulturelle Marke etabliert werden. Es soll einerseits Identität bewähren und festigen, aber auch zeigen, „wenn wir uns nicht öffnen, wird noch mehr verschwinden“. Und wenn in den Jahren dazwischen sich ein Stadtfest etablieren würde – umso besser.

Glasfestival soll als Marke etabliert werden

Das alles ist aber auch eine Frage der Finanzen. In diesem Jahr können die Organisatoren auf 20.000 Euro aus der Semul-Förderung für alle Veranstaltungen im Jubiläumsjahr zurückgreifen. Die Festival-Organisation in die Hand genommen haben neben dem Soziokulturellen Zentrum das Glasmuseum und die Telux GmbH, auf deren Gelände das Festival auch überwiegend stattfindet. Denn das Ziel, auch die bestehenden Glasbetriebe einzubinden, kann in diesem Jahr nur eingeschränkt erreicht werden. Neben der Telux wird auch Spiegel Art teilnehmen und die neuen Ausstellungsräume an der Berliner Straße präsentieren. Später, so ist die Idee, sollen mehr Glasbetriebe am Festival teilnehmen, das dann an mehreren Stellen im Stadtgebiet stattfände. Doch zum Auftakt findet erst einmal alles auf dem Telux-Gelände statt, auch weil dort die Infrastruktur vorhanden ist und weil es ein imposanter Standort der Glasgeschichte ist, wie Patrick Pirl von der Hafenstube erklärt.

Auf dem Dachboden wurde Zeitgeschichte gefunden – und werden jetzt gezeigt

Eben diese Geschichte will Andreas Nette aufgreifen, mit einer kleinen Ausstellung von Plänen, Schriftstücken und Produkten aus der langen Glas-Tradition an diesem Standort, der einst das größte der Osram-Werke war – mit einer eigenen Forschungsabteilung für technische Gläser und vielen sozialen Angeboten für die Arbeiter – von den Werkswohnungen bis hin zur Badeeinrichtung für Frauen, die wieder hergerichtet werden soll. Viele Zeugnisse aus dieser Zeit sind bei einem Dachbodenfund zutage getreten. Alles aufzubereiten, so Nelte, werde allerdings noch Zeit brauchen und Unterstützung von ehemaligen Mitarbeitern und Kennern der Glasgeschichte. Zum Festival wird eine erste Auswahl von Plänen, Fotos und Dokumenten in der Bürofluren der Telux an der Durchfahrt zu sehen sein.
Telux-Geschäftsführer Andreas Nelte vor einer Vitrine mit Ausstellungsstücken.
Telux-Geschäftsführer Andreas Nelte vor einer Vitrine mit Ausstellungsstücken.
© Foto: Jürgen Scholz

Vielfältiges Programm am Samstag soll für alle Altersgruppen etwas bieten

Auf dem weiträumigen Gelände wird es dann aber vor allem am Samstag, 17. Juni, ab 14 Uhr viele Angebote geben. Das reicht von einer Loopstation der Klangforscher, an der Kinder die typischen Geräusche der Glasherstellung zu einem besonderen Sound verarbeiten können, über Mitmachangebote wie Bubble-Soccer, Geo-Caching, Klangzirkel sowie Glas- und Keramikmalerei. Daneben wird es Schauwerkstätten mit Glasbläsern, -graveuren und -schleifern geben, aber auch einen kleinen Marktbereich. Für den eigentlich beabsichtigten großen Markt war die Vorbereitungszeit zu kurz, viele Händler sind oft schon ein Jahr im Voraus gebunden. Und auch vom Feuerwerk musste man Abstand nehmen.

Marcus Henschel lässt 150 Jahre Stadtgeschichte in einer Video-Installation Revue passieren

Zu den Programm-Höhepunkten gehört eine Video-Installation von Marcus Henschel, der die Geschichte der Glasmacherstadt darin in Zehn-Jahres-Abschnitten ebenso verarbeitet wie die Veränderungen in ihrer Umgebung. Filmisch geht auch Michael Apel vom Spremberger Spreekino an das Thema heran und hat im Rahmen seiner halbstündigen Filmakademie Szenen zu Glas und zu Weißwasser zusammengefügt, die um 19 Uhr quasi den Abschluss des späten Nachmittags bilden sollen, bevor die Banda Comunale mit einem Konzert das Festival ausklingen lässt. Musikalisch wird es mit dem Konzert von „GlasBlasSing“ um 17 Uhr. Und bereits um 15 Uhr wird ein Varieté für Kurzweil sorgen. Eine 20-minütige Tanzeinlage wird einen Vorgeschmack darauf geben, was die Besucher des Lausitz Festivals erwartet.

Am Freitag wird das Schnitter-Bier ausgeschenkt zum Sound of Glass

Während der Samstag unter dem Motto „Gemeinde“ läuft, steht der Auftakt am Freitag unter dem Motto „Schnitternacht“ - denn es wird zum Konzert von „Sound of Class“ ab 21 Uhr wieder ein Schnitter-Jubiläums-Pils von der Löbauer Brauerei kredenzt. Der Sound des Glases ist im Übrigen wörtlich zu verstehen – die Gruppe zeigt, was man mit Altglas musikalisch alles machen kann. Zuvor wird um 19.30 Uhr bereits die Big Benno Band, die mehrfach ausgezeichnete Big Band des St. Benno-Gymnasiums Dresden, ein 90-minütiges Konzert geben - nach dem Warm-up um 18 Uhr und der Hafentour um 18.30 Uhr.

Kontaktpflege, Pläne schmieden und aufräumen gehen Hand in Hand

Der dritte Tag, das Glasmacherfrühstück am Sonntag, 18. Juni, dient eigentlich dem Aufräumen - aber bei Semmel & Sound auch dem Vernetzen und Pläne schmieden für die nächsten Projekte. Eben als Angebot für „Menschen in der Stadt, die sich in der Stadt künftig einbringen wollen“, wie es City-Manager Frank Lublow bei der Vorstellung des Programms formulierte.
Ein solches Projekt hat der Maler Horst Jurtz bereits umgesetzt - er hat ein großes Bild gemalt, das Glasmacher bei der Arbeit zeigt und beim Festival vorgestellt wird.