Über Strandurlaub, Tapas und Partymeilen hinaus hat Spaniens Kultur noch einiges mehr zu bieten – zum Beispiel spanischen Punk à la „Llamando a Julia“. Am 2. September holt der Kulturhof Lübbenau mit der Band ein Stück von Spaniens Zeitgeist nach Brandenburg.
„Llamando a Julias“ Musik ist wütendes Geschepper, Kritik, Politik und Humor in einem. Um die Dynamik und das Temperament ihrer Klänge zu erleben, muss man die spanische Sprache nicht beherrschen; Punk ist eine Sprache, die auch ohne Verständnis der Wörter funktioniert.

Punkband aus der kleinen Großstadt Alicante in Lübbenau

„Llamando a Julias“ ist eine Punkband aus Alicante, bestehend aus Champi, Jose Ramon und Jandi, die sich im zarten Alter von 16 Jahren gefunden haben und nun auf eine über zehnjährige Karriere auf nationalen und internationalen Bühnen zurückblicken können. Sie arbeiten Montag bis Freitag in ihrer Heimatstadt und bereisen am Wochenende die ganze Welt. Neben den großen Destinationen wie New York, Toronto und Guangzhou in China, steht dieses Wochenende auch Lübbenau im Programm. Generell sind sie offen dafür, die ganze Welt zu sehen, solange das Geld für die Flugtickets ausreicht, scherzen die Jungs.
"Ich kenne den Herrn nicht, von dem sie mir erzählen"
„Ich kenne den Herrn nicht, von dem sie mir erzählen“
© Foto: Llamando a Julia

Eine Trilogie: „Unser geliebtes Spanien“

Ihr neuestes Album, das die Trilogie mit dem Titel „Nuestra Querida España“ (Unser geliebtes Spanien) abschließt, widmet sich der sozialpolitischen Lage in Spanien seit dem Tod des spanischen Diktators Francisco Franco 1975 bis zur Gegenwart. Sie bearbeiten Themen wie die Geschichte der Korruption und die Fehltritte des spanischen Regimes während des Demokratisierungsprozesses, auf Spanisch „La Transición“ genannt.
Sie singen: „Cuente profesor la indiferencia y quienes son, quién se beneficia de ella“ (Sagen Sie uns, lieber Lehrer, was es mit der Gleichgültigkeit auf sich hat, und wer davon profitiert). Trotz der Ernsthaftigkeit der Themen gelingt es den Dreien, die ihre Musik und Texte selbst schreiben und performen, Humor und gute Stimmung zu vermitteln.
Die drei Bandmitglieder: Champi, Jose Ramon und Jandi – nun spielen sie in Lübbenau.
Die drei Bandmitglieder: Champi, Jose Ramon und Jandi – nun spielen sie in Lübbenau.
© Foto: Llamando a Julia

Ein Aufbruch von Grenzen und Normen

Punk ist nicht nur laute Musik; er ist auch ein Ausdruck von Kritik, ein Aufbruch von Grenzen und Normen, eine Lebenseinstellung, eine Denkweise und eine kulturelle Bewegung, die bis in die 70er-Jahre zurückführt. Die Bandmitglieder beschreiben ihre Musik selbst als fröhlich-kämpferischen Punkrock, der sich gegen gewaltsame Menschen und für eine Welt, in der Gleichstellung herrscht, ausspricht.
In Deutschland hat die Band bisher ein gutes Gemeinschaftsgefühl erfahren. „Das ist eines der Dinge, die wir an Deutschland, wie wir es bisher erlebt haben, am meisten bewundern: die Zusammenarbeit, die besetzten Häuser, die Freiräume und die Verbindungen von Kollektiven zwischen verschiedenen Städten und Regionen Deutschlands, die sich gegenseitig helfen. Großartig“, sagt Bassist Jandi.
Ausschnitt aus dem Musikvideo "Salón de Belleza"
Ausschnitt aus dem Musikvideo „Salón de Belleza“
© Foto: Llamando a Julia

Der Kulturhof Lübbenau bietet eine Bühne

Im Kulturhof arbeitet Ingo Schiege seit 1996 ehrenamtlich und bietet der Band „Llamando a Julia“ nun eine Bühne. Er erzählt von einer Punkszene, die früher in der Region noch präsenter war. „2006 war das ungefähr; da hatten wir hier immer einen übervollen Saal, wenn ein Punk-Konzert stattgefunden hat. Mittlerweile ist es schwieriger einzuschätzen, wie gut solch eine Veranstaltung besucht wird.“ An „Llamando a Julia“ findet er sympathisch, dass sie sich mit politischen Themen befassen und nicht nur über ihr eigenes Bier singen.
In der Tat: Über Politik, Geschichte, Musik und Kultur lässt sich mit den drei Bandmitgliedern, die ihr Herz auf der Zunge tragen, sehr gut reden. Auf die Frage, warum Menschen auf ihr Konzert kommen sollten, entgegnet Bassist Jandi: „Wir kommen von weit her und machen eine gute Liveshow. Wenn du sowieso zu Hause bist und der Langeweile entfliehen willst, komm vorbei! Wir haben immer Lust auf Austausch mit den Leuten vor Ort, sei es über ihre Region oder den traditionellen Schnaps.“
Schiege rechnet mit allem; vielleicht kommen nur zehn Besucher – oder aber 100. So oder so: Die Veranstalter vom Kulturhof haben ein klares Konzept: Sie möchten gerne die Interessen der Menschen aus der Umgebung bedienen, aber auch eine Waage halten zu Musik ihres eigenen Geschmacks. Die Bandbreite ist groß, aber nicht unendlich: Dass keine Bands mit fremdenfeindlichen Ansichten spielen dürfen, sei selbstverständlich, sagt Schiege.

Eine Bühne ist auch politisch

Als Konzertveranstalter muss er sich auch mit aktuellen Themen befassen. Noch bevor etwa die Vorwürfe gegen den Frontmann Till Lindemann von Rammstein lostraten, hatte der Verein Kulturhof eine Rammstein-Coverband gebucht. Ob die Band spielen darf oder nicht, steht noch nicht fest. Auch wenn sie nicht das Original ist – die Coverband repräsentiert die Musik einer Band, die derzeit mit Gewalt und sexuellen Übergriffen assoziiert wird. Die Veranstalter haben ihre eigene Haltung zur Kontroverse noch nicht abschließend eingenommen.

Einlass ab 20 Uhr

„Llamando a Julia“ spielen am Samstag, dem 2. September, um 21 Uhr im Kulturhof Lübbenau, Güterbahnhofstraße 60.

Der Einlass beginnt um 20 Uhr.

Der Eintritt kostet zehn Euro an der Abendkasse.