Polnische Kennzeichen stellen im Spree-Neiße-Kreis wahrlich keine Besonderheit dar. Durch die unmittelbare Grenznähe herrscht ein fortwährender Pendelverkehr zwischen den benachbarten Ländern. Außerdem arbeiten auch viele Polen im Landkreis und darüber hinaus, weil sich das aus finanzieller Sicht oftmals auszahlt. Verantwortlich dafür: die oft höheren Gehälter hierzulande.
Auffällig sind allerdings die Fahrzeuge mit ukrainischen Kennzeichen, die sprunghaft mehr geworden sind. Die ukrainische Flagge zieren vermehrt Nummernschilder in der Region. Hintergrund ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehende Fluchtbewegung. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 sind circa 1,1 Millionen Ukrainer nach Deutschland gekommen.

Zahl der ukrainischen Fahrzeuge in Deutschland nicht genau bekannt

Währende der Großteil der Kriegsflüchtlinge per Bus und Bahn gekommen ist, sind einige auch mit dem eigenen Pkw gekommen. Konkrete Zahlen liegen zwar nicht vor, aber die weit verbreiteten Schätzungen liegen im Zehntausender-Bereich. Eine gültige Haftpflichtversicherung gilt allerdings als Grundvoraussetzung, um ein ukrainisches Fahrzeug in Deutschland zu bewegen. Viele Ukrainer haben sich dafür eine sogenannte „Grüne Karte“ von ihrem ukrainischen Kfz-Haftpflichtversicherer besorgt.
Auch gibt es eine Grenzversicherung, die dieselbe Aufgabe erfüllt und in zahlreichen Ländern der Europäischen Union gilt. Beide eint der Zweck, Schäden an Dritten zu begleichen. Was viele Ukrainer oftmals allerdings vergessen, dass diese Versicherungen zeitlich terminiert sind. In der Regel sind sie nämlich nur ein Jahr gültig. Ergo, nach und nach erlischt der Versicherungsschutz von ukrainischen Fahrzeugen.

Ukrainische Autofahrer könnten belangt werden

Mitunter kann das zu schwerwiegende Folgen für die Fahrzeugführer aus dem vom Krieg zerrütteten Land kommen. So begehen sie nicht nur eine Straftat und können somit belangt werden, sondern können gleichzeitig auch für Schäden an anderen in Regress genommen werden. Der fehlende Versicherungsschutz führt vermehrt auch zu Problemen bei den Geschädigten, die der Kostenerstattung nicht selten geradezu hinterherrennen müssen.
Dem Gesamtverband der Autoversicherer sind inzwischen schon mehr als 100 solcher Fälle bekannt. Personen und Autofahrer, die völlig unverschuldet in einen Unfall mit einem Fahrzeug, welches in der Ukraine zugelassen ist, verwickelt wurden. Doch wie sieht es in der Region aus, sind solche Fälle auch schon im Spree-Neiße-Kreis bekannt?
Über das Drehkreuz Cottbus kamen im Frühjahr 2022 zahlreiche Ukrainer per Zug in die Region. Mittels Bussen wurden die Kriegsflüchtlinge dann etwa nach Forst, Spremberg oder Guben gebracht – zu ihren Unterkünften.
Über das Drehkreuz Cottbus kamen im Frühjahr 2022 zahlreiche Ukrainer per Zug in die Region. Mittels Bussen wurden die Kriegsflüchtlinge dann etwa nach Forst, Spremberg oder Guben gebracht – zu ihren Unterkünften.
© Foto: Archiv/Frank Hammerschmidt

Im Spree-Neiße-Kreis und Cottbus kein Problem mit Ukrainern

„In unserem Zuständigkeitsbereich haben wir keine solcher Feststellungen treffen können“, so Ines Filohn, Sprecherin der Polizeidirektion Süd. Weiterhin weist sie in diesem Zusammenhang auch auf die „Information für ukrainische Fahrerinnen und Fahrer“ hin, welche vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr herausgegeben wurde. Jene Informationen gebe es laut Ines Filohn selbstverständlich in mehrsprachigen Ausführungen.
Während Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) schon damit gedroht hat, ukrainische Fahrzeuge ohne Versicherungsschutz stillzulegen, sollten Ukrainer frühzeitig tätig werden – auch im Spree-Neiße-Kreis. Nicht nur aufgrund der auslaufenden Versicherung, sondern weil ein ukrainisches Fahrzeug ohnehin spätestens ein Jahr nach der Einreise in Deutschland zugelassen werden muss. Davor gilt der Aufenthalt formal als vorübergehend.

Circa 60 Prozent der Ukrainer wollen nach dem Krieg zurück

Sprich, über kurz oder lang werden die ukrainischen Kennzeichen wieder spürbar weniger werden. Nicht nur, weil ein Großteil der Ukrainer (circa 60 Prozent) nach dem Krieg wieder zurück in die Heimat möchte, sondern deutsche Kennzeichen für die hierbleibenden Ukrainer schlicht zur Pflicht werden.
Im Spree-Neiße-Kreis ist dafür die Kfz-Zulassungsstelle in der Forster Kreisverwaltung zuständig. Vorausgesetzt, der Hauptwohnsitz befindet sich im Landkreis. Damit Ukrainer allerdings ein deutsches Kennzeichen erhalten, müssen sie in der Zulassungsstelle mehrere Dokumente vorlegen. Neben einem gültigen Kfz-Haftpflichtversicherungsschutz muss auch ein Ausweis beziehungsweise Pass sowie der Aufenthaltstitel des Antragstellers mit Nachweis des Hauptwohnsitzes vorgelegt werden. Fehlen dürfen ebenfalls nicht die ukrainischen Fahrzeugdokumente (Registration certificate) und die amtlichen ukrainischen Kennzeichen.

Amtliches Gutachten vom ukrainischen Fahrzeug verlangt

Doch damit nicht genug, denn auch ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen ist notwendig. Schließlich handelt es sich weitestgehend um Fahrzeuge, die keine europäische Typgenehmigung besitzen. Prinzipiell also TÜV-Unterlagen, ohne die ein Auto in Deutschland sowieso keine Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr erhält.
Wie viele Unfälle letztlich auf das Konto von Ukrainern gehen, lässt sich nicht direkt nachweisen. Nachweisen lassen sich lediglich die Unfälle ohne den nötigen Versicherungsschutz. Dann wird nämlich der Verein Verkehrsopferhilfe eingeschaltet. Er fungiert als Entschädigungsstelle und hilft Menschen, die in Unfälle mit nicht versicherten Fahrzeugen hineingezogen wurden. Mitte März 2023 zählte Geschäftsführerin Sandra Schwarz insgesamt 262 Unfälle, die durch unversicherte ukrainische Fahrzeuge verursacht worden. Im Schnitt also 28 pro Monat.