Insgesamt sieben Menschen bringt der Angeklagte in einem Auto über die A15 und die deutsch-polnische Grenze bei Forst nach Deutschland. Der Vorwurf: Einschleusung von Ausländern, welche einer das Leben gefährdenden Behandlung ausgesetzt gewesen seien. Wie fällt das Urteil aus?
Der 27. September 2022 ist für den wegen Einschleusens von Ausländern angeklagten 28-Jährigen ein Tag, der ihm offensichtlich im Gedächtnis geblieben ist. Da erwischen ihn die deutschen Behörden, wie er sieben Menschen von Polen aus nach Deutschland schmuggelt. Das wirft ihm zumindest die Staatsanwaltschaft Cottbus im Prozess am 27. Februar 2023 vor dem Amtsgericht vor.
Genau fünf Monate nach der Tat, die der Angeklagte Ukrainer in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen verbracht hat, kommt es zum Prozess.
In regelmäßigen Abständen landen Fälle von Schleusern vor Gericht: Ende Januar wurde ein 29-Jähriger verurteilt, der zusätzlich waghalsige Manöver auf der Autobahn bei Forst vollführte und Mitte Januar stand ein Litauer vor Gericht, der 19 Personen in einem Kühllaster nach Deutschland gebracht hatte.

Vier Personen auf der Rückbank, zwei im Kofferraum

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft befinden sich im aktuellen Fall nun insgesamt sieben weitere Männer im Alter von 17 bis 38 Jahren neben dem Fahrer in dem Auto. Davon vier unangeschnallt auf der Rückbank und zwei Personen komplett ungesichert im Kofferraum.
Letzteres hat auch zufolge, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft den Punkt beinhaltet, dass die Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt worden seien. Das Strafgesetzbuch sieht hier eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
Denn die sich im Kofferraum befindlichen Personen wären bei einem Unfall wohl offensichtlich einer erhöhten Gefahr ausgesetzt gewesen, sich zu verletzten oder auch getötet zu werden auf der rund zehnstündigen Fahrt, die bei Forst-Bademeusel endet.

Bei Forst geschleuste Personen mutmaßlich über Belarus eingereist

Der Angeklagte räumt die Vorwürfe sofort ein. 500 US-Dollar habe man ihm versprochen, wenn er die Menschen von Białystok, einer polnischen Großstadt, nahe der Grenze zu Belarus, bis nach Deutschland fahren würde. Der Abfahrtsort legt die Vermutung nahe, dass die geschleusten Personen über Belarus nach Polen gekommen sind. Thematisiert wird das im Prozess jedoch nicht.
Das Bundeskriminalamt bezeichnet im aktuellen Lagebild zur Schleusungskriminalität den Weg über Belarus nach Deutschland als „Ostroute“. Diese sei über Jahre nahezu bedeutungslos gewesen und gewann erst im zweiten Halbjahr 2021 an Bedeutung.
Im Gesamtjahr 2022 wurden in den Ländern Sachsen und Brandenburg von der Bundespolizei insgesamt 23.650 Personen festgestellt, die über die deutsch-polnische und deutsch-tschechische Landgrenze unerlaubt nach Deutschland eingereist sind. Knapp mehr als ein Viertel der gesamten unerlaubten Einreisen in die Bundesrepublik.

Angeklagter will Eltern in Kiew mit Entlohnung helfen

Seine Telefonnummer hat der Angeklagte wohl bereits vorab an Hinterleute abgegeben und sich grundsätzlich bereiterklärt, Menschen zu transportieren. So schildert es sein Anwalt.
Dann habe er eine SMS von einer „unbekannten Person“ erhalten, die ihn mit Koordinaten als Zielvorgabe beauftragt habe, nach Białystok zu fahren. Dort habe er dann einige Zeit gewartet, bis die sieben Personen aufgetaucht seien, erklärt der angeklagte Ukrainer.
Während er selbst mit seiner Freundin in Polen wohnt, leben seine Eltern in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Diesen habe er mit der möglichen Entlohnung helfen wollen, erklärt der Angeklagte über seinen Anwalt. Geld erhalten hat er aber offenbar keines.

Amtsgericht Cottbus: Angeklagter erhält Haftstrafe auf Bewährung

Die Staatsanwaltschaft fordert im Prozess vor dem Cottbuser Amtsgericht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung auf zwei Jahre ausgesetzt werden könnte. Der Staatsanwalt setzt diese am untersten Rahmen dessen an, was das Gesetz vorsieht. Dies begründet er damit, dass sich der Angeklagte „wesentlich geständig eingelassen“ und auch keine Vorstrafen in Deutschland habe. Die Verteidigung schließt sich dem an.
Die Richterin verurteilt den 28-Jährigen im Anschluss zu der sechsmonatigen Bewährungsstrafe. Sie erläutert, dass sie das Motiv des Angeklagten, den Eltern in Kiew mit Geld helfen zu wollen, verstehen könne. „Das rechtfertigt aber die Tat nicht“, so die Richterin.
Sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft erklären im Gerichtssaal noch einen Verzicht auf eine Berufung oder Revision. Das Urteil ist somit rechtskräftig.