Herr Sperling, wie fühlt man sich eigentlich als Weltrekordhalter? Läuft man da mit etwas breiterer Brust durch die Stadt als sonst?
Sperling Das ist schon etwas Besonderes. Es ist schön, dass es solche Projekte wie die Marathonwette bei uns in Deutschland gibt, und ich freue mich, dass ich meinen Beitrag zum Weltrekord leisten konnte mit meiner Zeit. Beim Berlin-Marathon zu laufen, war eine schöne Erfahrung, und die Massen am Streckenrand waren überwältigend.
Eliud Kipchoge hat aber prompt die passende Antwort gegeben mit seinem Labor-Weltrekord. Dank aufgemotzter Schuhe, präparierter Strecke und unzähligen Hilfestellungen lief er den Marathon als erster Mensch unter zwei Stunden. Sind Sie neidisch, weil Sie auch gerne mal unter solch geschönten Bedingungen laufen würden?
Sperling Ich muss zunächst einmal sagen, dass ich ein großer Kipchoge-Fan bin, und die Leistung ein großer Schritt für die Läuferszene war. Aber ein bisschen eifersüchtig bin ich schon über diese idealen Bedingungen. Ich bin nicht auf der Sportschule und habe deshalb erschwerte Trainingsverhältnisse, die wir im Verein zu optimieren versuchen. Ich habe trotzdem drei Stunden vor dem Livestream verbracht und mir seinen Lauf angeschaut. Und was die Schuhe angeht: Als Läufer mit einem gewissen Ehrgeiz bin ich genauso immer auf der Suche nach dem perfekten Schuh und habe mir auch die Schuhe von Kipchoges Breaking 2 Project gekauft.
Wie groß ist denn Ihr persönlicher Verschleiß an Laufschuhen?
Sperling Ich verbrauche schon drei bis vier Paar Schuhe pro Saison. Aber nicht, weil ich immer das Modernste vom Modernsten tragen muss. Das wäre ja auch nicht umweltfreundlich. Sondern weil das Profil schnell komplett weg ist, wenn man mehr als 30 Kilometer in der Woche läuft.
Sie haben gesagt, Sie sind ein großer Kipchoge-Fan. Was macht den Kenianer so besonders?
Sperling Er macht das alles nicht, weil er berühmt oder reich werden will. Sondern weil er den Leuten zeigen will, dass jeder Mensch etwas schaffen kann, wenn er will. Ich finde das einfach inspirierend.
Wie sieht es mit Ihren Karrierezielen aus? Träumen Sie von einer Profikarriere und Olympia?
Sperling Ich bin Realist und sehe mich nicht bei Olympia. Aber mit Dietmar Bittermann habe ich einen erfahrenen Trainer, der mir auf meinem Weg helfen wird. Wenn es so weitergeht, ist eine Teilnahme bei Deutschen Meisterschaften drin.
Für viele Sportler ist es eine Qual zu laufen. Ganz zu schweigen von den Distanzen, die Sie runterspulen. Was macht das Laufen für Sie so attraktiv?
Sperling Laufen ist für mich die effektivste Sportart, um abzuschalten. Nach einem stressigen Tag kommt man dabei zum Nachdenken und kann sich über Sachen Gedanken machen, für die man sich im Alltag keine Zeit nimmt.
Trotzdem muss man sich immer wieder selbst besiegen, um Distanzen von mehreren Kilometern zu überwinden. Was ist größer: Die Luft in Ihrer Lunge oder die Mentalität in Ihrem Kopf?
Sperling Ich bin nicht für meine Lauftechnik bekannt (lacht). Ich punkte, indem ich immer wieder ans Limit gehen und auch mal Schmerzen durchstehen kann.
Den Spruch Wenn ein Marathon leicht wäre, hieße es ja Fußball gibt es also nicht umsonst?
Sperling Das sehe ich anders. Jede Sportart kann hart sein. Leichtathletik gehört sicher zu den härteren, aber anders als beim Fußball gibt es bei uns keine Zweikämpfe. Ich könnte jedenfalls nicht grätschen.
Mit Leon Sperling
sprach Steven Wiesner
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