Der CDU-Politiker und Innenminister von Sachsen, Roland Wöller, ist nach mehreren Skandalen und Affären am Freitag entlassen worden, wird aber noch bis Montag geschäftsführend im Amt bleiben. Für Ministerpräsident Michael Kretschmer ist es die erste Entlassung eines Regierungsmitglieds seit seiner Amtsübernahme im Dezember 2017.
Designierter Nachfolger steht bereits in der Kritik
Auslöser für die Entlassung soll die Auseinandersetzung zwischen der Polizeigewerkschaft und dem Innenminister gewesen sein. Bereits Anfang der Woche hatten die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Wöller zum Rücktritt aufgefordert. Der bat daraufhin am Dienstag zum Krisengipfel. Doch die Gewerkschaften blieben bei ihrer Forderung. Als Nachfolger hat Ministerpräsident Michael Kretschmer den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Armin Schuster in Position gebracht. Kretschmer zufolge haben die Polizeigewerkschaften schon Zustimmung zu der Personalie signalisiert. Allerdings steht der Nachfolger in der Landesfraktion bereits vor dem Amtsantritt am Montag in der Kritik.
Schuster war für die CDU von 2009 bis 2020 Bundestagsabgeordneter und leitet seit November 2020 das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn. Der designierte Nachfolger steht in der Landesfraktion der CDU aber bereits jetzt schon in der Kritik, da er aus Baden-Württemberg stammt.
Da der Innenminister nicht nur für die Polizei, sondern auch für die Kommunalpolitik zuständig ist, hätte CDU-Fraktionschef Christian Hartmann sowie die Innenpolitiker der Fraktion einen Nachfolger aus Sachsen bevorzugt. Die Entscheidung für Schuster sende verheerende Signale aus, heißt es aus CDU-Kreisen. Schuster war nach dpa-Informationen 2018 der Wunschkandidat des damaligen Innenministers Horst Seehofer für den Chefposten im Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieser Plan soll aber am Widerstand von Bundeskanzlerin Angela Merkel gescheitert sein.
Wöller hat für Schlagzeilen gesorgt
Zuletzt hatte die Polizeigewerkschaft vehement den Rücktritt Wöllers gefordert. Der Grund: Dem Politiker wird "Vetternwirtschaft" vorgeworfen, denn er soll bei Personalentscheidungen politische Weggefährten und Bekannte seiner Familie bevorzugt haben. So sollte eine frühere Kommilitonin von Wöllers Ehefrau Kanzlerin der Polizeihochschule Rothenburg werden. Nur Tage zuvor war der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Görlitz Florian Oest als neuer Polizeisprecher nach Dresden gekommen.
Zahlreiche Skandale in Polizei-Sondereinheit
Auch gegen das Mobile Einsatzkommando (MEK) der Polizei in Sachsen sind kürzlich neue Vorwürfe bekannt geworden. Das MEK Dresden soll einen Skiurlaub in einem Vier-Sterne-Hotel in den Alpen als „Fortbildungsreise“ deklariert haben. Roland Wöller zeigte sich über die neuerliche Enthüllung „erschüttert, aber nicht überrascht“. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte bereits davor öffentlich gemacht, dass sie gegen 25 Beamte des MEK Leipzig und eine Polizeiärztin ermittelt. Bei einer sogenannten Abschlussprozedur für zwei neue MEK-Angehörige sei einer der beiden von Schüssen aus einer Übungswaffe getroffen und verletzt worden. Es sei Farbmunition abgefeuert worden. Zwei Führungskräfte wurden daraufhin suspendiert.
Schon in den vergangenen Jahren hatte das MEK Dresden für Schlagzeilen gesorgt. Das Kommando hatte 2018 ohne Erlaubnis an einem Schießtraining auf einem privaten Schießplatz in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern teilgenommen und dafür mit mindestens 7000 Schuss Munition aus eigenen Beständen bezahlt. Weitere rund 7500 Schuss wurden entwendet, um das Schießtraining zu absolvieren. Die Generalstaatsanwaltschaft hat inzwischen Anklage gegen drei Polizisten erhoben, gegen 14 weitere wird noch ermittelt. Das Kommando wurde aufgelöst.
Eine weitere Affäre betraf Korruptionsvorwürfe bei der Polizei in Leipzig. Dort sollen Beamte illegal mit gestohlenen Fahrrädern gehandelt habe. Der Fall sorgte unter dem Schlagwort "Fahrradgate" für Aufsehen. Inzwischen ist Anklage gegen die frühere Leiterin der Asservatenkammer erhoben worden.
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