Morddrohungen gegen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Doch der 46-Jährige will sich von Drohungen gegen seine Person nicht einschüchtern lassen. „Wir müssen mit allen juristischen Mitteln gegen solch eine Entgrenzung vorgehen. Menschen, die öffentliche Ämter haben, sollen keine Angst haben müssen, ihre Meinung zu sagen und ihre Arbeit zu machen. Das gilt genauso für Berufsgruppen wie Journalisten“, sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Dresden.
Im Messenger-Dienst Telegram waren nach einem Bericht des ZDF-Magazins „Frontal“ Äußerungen zu Mordplänen gegen Kretschmer aufgetaucht. „Es ist mir nicht egal. Natürlich ich bin in Sorge. Aber ich entwickle daraus eher Kraft und Energie. Wenn das der Zustand ist, wie wir miteinander umgehen, dann wäre dieses Land verloren. Und das ist es nicht.“ Kretschmer berichtete davon, auch viel Zuspruch zu erhalten: „Es geht gar nicht um mich, sondern um die Frage, wer Verantwortung in der Demokratie übernimmt – an den verschiedensten Stellen, ob nun im Gemeinderat, als Bürgermeister, Journalist oder Abgeordneter im Landtag. Diese Menschen müssen geschützt werden. Sie dürfen keine Angst um ihr Leben haben.“
Ermittlungen nach Morddrohungen gegen Kretschmer
Nach den Morddrohungen ermitteln nun auch Polizei und Generalstaatsanwaltschaft. Gegen die Gruppierung „Dresden Offlinevernetzung“ und deren Mitglieder ergebe sich ein Straftatverdacht, teilte das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen am Mittwoch mit. Die Zentralstelle Extremismus Sachsen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüften, welche Tatvorwürfe in Frage kämen. Grundlage der Ermittlungen ist demnach der ZDF-Beitrag.
Für den Bericht traten Journalisten der Telegram-Gruppe unter falschem Namen bei. Deren 103 Mitglieder verbinde die Ablehnung gegen Impfungen, den Staat und die gegenwärtige Corona-Politik, hieß es von der Redaktion. In Sprachnachrichten aus der Chatgruppe, die im Beitrag eingeblendet wurden, riefen Mitglieder von „Dresden Offlinevernetzung“ zu Waffengewalt auf.
„Äußerungen einzelner Mitglieder zum angeblichen Besitz von scharfen Waffen und Armbrüsten fließen in die Bewertung ein“, teilte das LKA nun mit. Die Ermittlungen übernimmt das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum mit seiner Sonderkommission Rechtsextremismus im LKA.
Martin Dulig verurteilt Mordfantasien
Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) hat Drohungen gegen Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) entschieden verurteilt. „Wenn inzwischen nicht nur Mordfantasien gegenüber unserem Ministerpräsidenten geäußert werden, sondern Menschen sich sogar verabreden, dann nimmt das Formen an, die weit über das hinausgehen, was wir ertragen und akzeptieren können“, sagte er am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Dresden. Die Radikalisierung sei kein sächsisches Phänomen, auch wenn Sachsen damit eine besondere Herausforderung habe. Dulig sprach von einer „nationalen Aufgabe“.
Warum Telegram bei Impfgegner und Querdenkern beliebt ist
Der Messenger-Dienst Telegram hat den Ruf, jegliche Inhalte ohne Moderation zuzulassen. Die Größe von Gruppen oder das Weiterleiten von Nachrichten sind so gut wie nicht beschränkt, anders als etwa auf WhatsApp. Das hat vor allem während der Pandemie Akteure angezogen, die auf Plattformen wie Youtube oder Facebook wegen gesundheitlichen Falschinformationen oder verhetzenden Inhalten gesperrt wurden.
Neben Einzel- und Gruppen-Chats gibt es auf Telegram auch Kanäle, die meistens öffentlich einsehbar sind. Ähnlich wie bei Twitter-Profilen sendet hier der Kanalbetreiber seine Botschaften an eine beliebig große Zahl von Abonnenten. Die eigenen Richtlinien von Telegram verbieten zwar, in öffentlichen Kanälen zu Gewalt aufzurufen. Zu Sanktionen oder Löschungen kommt es aber nur äußerst selten.
Telegram wurde von dem russischen Unternehmer Pawel Walerjewitsch Durow gegründet. Die Basis des Telegram-Entwicklerteams befindet sich nach Eigenangaben in Dubai.