Alles ist anders in diesem Jahr, auch das Cottbuser Filmfestival. Corona hat das 30. Festival ins Internet getrieben – mehr als 150 Filme gibt es in einem umfassenden Streamingangebot des Filmfestivals in Kooperation mit dem Streaming-Partner Pantaflix.

Zuschauer sind Jury beim Cottbuser Filmfestival

Auf Preise müssen die Filmemacher auch 2020 nicht verzichten. Die Internationale Festivaljury besteht in diesem Jahr aus dem Schauspieler Arndt Schwerig-Sohnrey (Inglorious Basterds, Tatort), dem Regisseur Axel Ranisch (Dicke Mädchen, Tatort), der auch den diesjährigen Festival-Trailer produziert hat, dem polnischen Filmemacher und Schauspieler Bodo Kox (The Man With The Magic Box), der Animatorin Maria Trigo Teixeira (Inside Me) und der Schauspielerin Yang Ge (Can’t Leave Stay).

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Schauspieler und Experten in den FFC-Jurys

Aber auch das Publikum wird zur Jury, traditionell wird beim Filmfestival der Publikumspreis verliehen – und abgestimmt wird im Wettbewerb Spielfilm in im U18-Wettbewerb Jugendfilm in diesem Jahr bei der Lausitzer Rundschau auf www.lr-online.de . Die Rundschau ist auch der Stifter des Publikumspreises im Wert von 3000 Euro.
Zwölf Werke sind es im Wettbewerb Spielfilm, sieben im U18-Wettbewerb Jugendfilm. Mit einem Klick auf die Filminfos gelangen sie zu den Trailern.

WETTBEWERB SPIELFILM

ZGNILE USZY – ROTTEN EARS, Pitor Dylewski, Polen 2020, 61 Minuten: Ein Paar in der Krise, das nach professioneller Hilfe sucht. Ein Haus am Rande eines Dorfes. Ein Therapeut, der mit ungewöhnlichen Methoden arbeitet.
GÖLGELER ICINDE – IN THE SHADOWS, Erdem Tepegöz, Türkei 2020, 90 Minuten: Sci-Fi Thriller im dystopischen Setting eines heruntergekommenen Bergwerks. Zwischen Gegenwart und düsterer Zukunft wird eine Gruppe Minenarbeiter von einem allgegenwärtigen Überwachungssystem kontrolliert. Zait beginnt, den Apparat zu hinterfragen und erklärt ihm den Krieg.
MIKRA OMORFA ALOGA – ALL THE PRETTY LITTLE HORSES, Michalis Konstantatos, Griechenland, Deutschland, Belgien 2020, 105 Minuten: Fake-Life zwischen Luxus und Gelegenheitsjobs. Das Geld ist futsch. Aus der Ehe ist die Luft raus. Alice und Petros flüchten mit ihrem Kind aufs Land. Doch bald stehen sie auch hier vor der Frage: Wie weitermachen, wenn der Traum vom besseren Leben nicht mehr zur Realität passt? Ein Beziehungsdrama als fesselndes Psycho-Puzzle.
OASIS, Ivan Ikic, Russland, Niederlande, Frankreich, Bosnien und Herzegowina 2020, 121 Minuten: Explosive Hormonschübe und leidenschaftliche Emotionen. Fesselnder Einblick in die Gefühlswelten geistig gehandicapter Jugendlicher, die von den Klienten des Heims selbst großartig gespielt werden. Marija, Dragana und Robert stecken in einem komplizierten Liebesdreieck. Eine Schwangerschaft und viele Eifersüchteleien später kommt es zur großen Tragödie.
ZIV COVEK – THE LIVING MAN, Oleg Novkovic, Russland, Bulgarien, Serbien, Deutschland 2020, 97 Minuten: Melancholische Rock‘N‘Roll-Komödie über das wilde Leben vergangener Tage. Der Musiker Đela lebt mit Frau Sunčica und den drei jungerwachsenen Kindern vor sich hin. Man hat sich oft betrogen, gerauft, vertragen. Mit genügend Alkohol könnte das immer so weitergehen, doch in einem letzten wilden Aufbäumen beginnt Đela eine fulminante Reise an die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft.
BEKEIDO – TREASURE CITY, Szabolcs Hajdu, Ungarn 2020, 92 Minuten: Hochaktueller Episodenfilm über den inneren und äußeren Zerfall der Budapester Gesellschaft. Während auf den Straßen Studenten protestieren, entfalten sich im Kleinen, den Seitengassen und Hinterzimmern, die großen zwischenmenschlichen Dramen. So gnadenlos ehrlich inszeniert und so pointiert geschrieben, dass man nicht wegsehen kann, auch wenn es wehtut.
KONFERENTSYIA – CONFERENCE, Ivan I. Tverdovskiy, Russland, Estland, Italien, Großbritannien, 135 Minuten: Reflexion über die Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater von 2002: Im Rahmen eines Gedenkabends tauscht sich eine Gruppe Überlebender über ihre Erinnerungen aus. Eine ruhig inszenierte Trauerarbeit am Originalschauplatz, die sich mit leiser Wut gegen das Vergessen richtet.
BERLINER – THE CAMPAIGN, Marian Crisan, Russland 2019, 94 Minuten: Bauer trifft Polit-Profi. Lakonisch erzähltes Aufeinandertreffen zwischen dem aufrechten Bauern Viorel und dem hochkarätigen Politiker Mocanu. Auf einem Feld am Rande einer rumänischen Kleinstadt beginnt eine berührende Männerfreundschaft, bei der man sich ständig fragt, ob es nicht doch nur der PR-Stunt eines korrupten Karrieristen ist.
(Achtung: Der Film ist nicht als Stream verfügbar)
JAK NAJDALEJ STAD – I NEVER CRY, Piotr Domalewski, Polen 2020, 90 Minuten: Die 17-jährige Ola muss in Irland die Überführung des Leichnams ihres, in einem Containerhafen tödlich verunglückten Vaters nach Polen organisieren. Viel wichtiger ist für sie zunächst die Frage, wo das Geld ist, das er ihr für ein Auto versprach. Kraftvoll erzählter Roadtrip mit ironischen Momenten und einer beeindruckenden Nähe zur Protagonistin.
PILIS – THE CASTLE, Lina Luzyte, Litauen, Irland 2019, 90 Minuten: Zwischen großer Bühne und Fischfabrik: Träume werden oft von der Wirklichkeit eingeholt. Und doch treiben sie uns an. Lina Lužytė lotet in ihrem Film die Balance zwischen beidem aus und bedient sich dabei dreier starker Frauenfiguren – Tochter, Mutter, Großmutter –, die eben erst von Litauen nach Irland gezogen sind.
MATER, Jure Pavlovic, Ungarn 2020, 93 Minuten: Zurück am Ort ihrer Kindheit in Kroatien, muss Jasna ihre sterbenskranke Mutter pflegen. Das alte Zuhause engt Jasna zunächst ein. Unausgesprochene Vorwürfe wiegen schwer im Umgang der beiden Frauen. Regisseur Jure Pavlović verfolgt ihre Annäherung in sensiblen Momentaufnahmen, die allen Nuancen von Wut und Trauer Rechnung tragen.
HORSE THIEVES – THE HORSE THIEVES, ROADS OF TIME, Yerlan Nurmukhambetov, Lisa Takeba, Kasachstan, Japan 2019, 84 Minuten: Wilder Westen in der kasachischen Steppe. Der 10-jährige Olzhas verliert seinen Vater bei einem Überfall durch Pferdediebe. Ein Bekannter hilft, die Gerechtigkeit wiederherzustellen. Ungewöhnliches Familienportrait, das sich zu einem Western entwickelt, in dem die Weite der Landschaft im Kontrast zu der Enge zwischenmenschlicher Abhängigkeiten steht.

WETTBEWERB U18 JUGENDFILM

NOTHING MORE PERFECT, Teresa Hoerli, Deutschland 2019, 87 Minuten: Maya ist 16 und sehnt sich nach dem Tod. Oder viel mehr nach der Vorstellung davon. Einmal alle in Aufruhr versetzen, einmal die Aufmerksamkeit ganz auf sich ziehen und wenn der Preis dafür das Leben selbst ist. Weiter als bis zu blumigen Selfie-Abschiedsbotschaften auf einem Suizid-Forum ist sie aber noch nicht gegangen.
I AM THE SEA, Umut Evirgen, Türkei 2020, 75 Minuten: Herzzerreißende Tragödie über die Wirkmächte der Liebe. Der 20-jährige Deniz sammelt Altpapier. Im Gegensatz zu den syrischen Flüchtlingen kehrt er immer mit leeren Händen zurück. Dafür wird er von seinem Vater beschimpft. Das Aufeinandertreffen mit der geheimnisvollen Nisan verändert sein Leben. Angetrieben von Leidenschaft, beginnt ein großes Aufbegehren.
ELVIS & ONERVA – SOMEBODY SHOULD DO SOMETHING, Mikael Syrjälä, Finnland 2019, 65 Minuten: Eigentlich war es Liebe auf den ersten Blick zwischen Onerva und Elvis. Bis er über den tollen Sex mit ihr prahlt – der aber nie stattfand. Eine Lüge, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Treffpunkt Spind oder Umkleidekabine – die aus amerikanischen High-School-Filmen so bekannten Motive erhalten in diesem finnischen Coming-of-Age-Drama einen ungeahnten Anstrich.
18 Kilohertz. Eine Frequenz, die Erwachsene nicht hören können. Doch wenn Freiheitsdrang und die Verlockungen der Jugend auf die Drogenszene treffen, dann scheint jeder Ton sein Ziel zu verfehlen. „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ auf Kasachisch.
(Achtung: Film nicht als Stream verfügbar)
OTTO THE BARBARIAN, Ruxandra Ghitescu, Rumänien 2020, 110 Minuten: Intimes Portrait eines Trotzkopfes außer Rand und Band. Der Teenage-Punk Otto versucht die Leere zu füllen, die der Selbstmord seiner Freundin hinterließ. Freunden, Eltern und dem Sozialarbeiter Costin gelingt es nicht, zu ihm durchzudringen. Stattdessen wechseln sich Schweigen und heftige Wutausbrüche ab. Was hat der Junge mit dem Iro zu verbergen?
TELL HER, Aleksandr Molochinikov, Russland 2020, 94 Minuten: Russland Ende der 1990er-Jahre: Der Mathematiklehrer Artyom und seine Frau Sveta leben trotz schwieriger gesellschaftlicher Zeiten glücklich zusammen mit ihrem Sohn Sascha in St. Petersburg. Doch Sveta hat eine Affäre mit einem Amerikaner, die das Leben der drei gründlich verändert und zu einschneidenden Entscheidungen zwingt. Der Sohn wird zum eigentlichen Verlierer der Ehekrise.
SWEAT, Magnus von Horn, Polen, Serben 2020, 105 Minuten: Influencerin in der Krise. Strahlend blonde Haare, schlanke Figur und stylische Outfits – Sylwia ist für viele das große Vorbild. Doch als sie ein Video postet, in dem sie ihren 600 000 Followern weinend ihre Einsamkeit gesteht, bröckelt das Bild der locker-coolen und immer fitten Powerfrau.
Die Filme im Stream: www.filmfestivalcottbus.de