Die Sonne scheint, der Garten erwacht. Aber auch das Unkraut sprießt. Was ist da einfacher, als sich passende Mittel zum Vernichten von Löwenzahn und Co beim Einkaufen aus Polen gleich mitzubringen? Der Leichtsinn vieler Tank-Touristen kann schnell teuer werden. Denn bei einer Großkontrolle des Zolls bei Hohenwutzen (Märkisch-Oderland) lag auch der Fokus auf die Einfuhr der in Deutschland verbotenen Stoffe.
„Die Saison hat begonnen. Die Gartenbesitzer nutzen die Gelegenheit bei ihrem Ausflug nach Polen und bringen sich Pflanzenschutzmittel mit“, sagt Roland Pilz. Er ist Leiter der Abteilung Pflanzenschutz-Dienst beim Landesamt für ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung in Frankfurt (Oder). Gemeinsam mit seiner Kollegin Johanna Hahn ist er am Sonnabend nach Hohenwutzen gekommen. Denn die Beamten des Hauptzollamtes Frankfurt (Oder) habe eine Großkontrolle anberaumt.
Wer vom Polenmarkt im benachbarten Osinow Dolny (ehem. Niederwutzen) nach Deutschland zurückkehrt, sieht die Männer in den leuchtenden Schutzwesten schon stehen. Bereits an der Kreuzung zur B158 stehen.
Großkontrolle auf dem Parkplatz an der Feuerwehr
Von dort aus wird selektiert, welches Fahrzeug links abbiegen darf in Richtung Berlin oder wer zur genaueren Inspektion muss – in die nahe Friedhofstraße. Dort stehen abwechseln immer wieder Zolllbeamte auf der Straße und weisen die herannahenden Autos ein. So auch Zolloberamtsrat Dirk Steinmann, der die Kelle schwingt.
Geführt werden die Fahrzeuge auf einen großen Parkplatz unterm Sender, der sich gleich neben dem Stützpunkt der Freiwilligen Feuerwehr und dem Gemeindehaus befindet. Dort sind seit den Vormittagsstunden bereits mehr als 20 Zollbeamte im Einsatz. Ihren Fuhrpark haben sie im hinteren Teil abgestellt – meist sind es noch grüne Fahrzeuge. Auslaufmodelle, denn seit 2019 ist der Zoll auch in Deutschland mit blauen Autos unterwegs.
Einfuhr von Glyphosat ist verboten
Denn mit mehr als 20 Grad und Sonnenschein sind auch am Sonnabend viele Touristen wieder in Polen gewesen. Alles, was sie eingekauft haben, das soll kontrolliert werden, erklärt Astrid Pinz, Sprecherin des Hauptzollamtes Frankfurt (Oder). Eine Überprüfung, die sie des öfteren an dieser Stelle durchführen. Dieses Mal sind Zoll-Trupps der Kontrolleinheiten (KEV) Oderberg und Gartz dabei.
Sie legen dabei auch den Fokus auf Pflanzenschutzmittel aus Polen, die in Deutschland längst verboten sind. „Dagegen spricht das Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen“, erklärt Fachmann Pilz. Bei den Mitteln zur Unkrautbekämpfung, gekauft in Polen, fehle einfach die deutsche Beschriftung, ebenso die Anwender-Hinweise. „In der Regel sind sie auch zu hoch dosiert“, fügt er an.
Tipp vom Fachmann: Herbizide im deutschen Fachmarkt kaufen
Viele würden Bi58 kaufen, das in Deutschland schon Jahre verboten ist. Andere greifen zu Roundup, um damit ihre Auffahrten und Gärten von Unkraut zu befreien. „Bei der Anwendung bleibt vielenes auf den Steinen zurück, kommt dann über den Regen in die Kanalisation und in die Gewässer, wo es nicht hinsoll“, erklärt auch Johanna Hahn.
Wer in Deutschland Unkrautvernichter einsetzen wolle, solte sich stattdessen beim Fachmann oder im Baumarkt beraten lassen. Die dort erhältlichen Mittel seien geringer konzentriert, geben sie den Tipp.
Deliquenten müssen sich selbst um Entsorgung der Flaschen kümmern
Und es dauert nicht lange, da tauchen die ersten Flaschen der verbotenen Pflanzenschutzmittel aus Polen bei den Experten auf. Schon am Vormittag geht ihnen ein Käufer ins Netz mit drei Flaschen. 15 Hektar hätte er damit behandeln können, dabei hat er nur einen Garten von 800 Quadratmetern. Die Zöllner nehmen den Tatbestand der verbotenen Einfuhr auf. Die Flaschen kommen in geschlossene Tüten mit der Aufschrift „Giftiger Stoff“. Die bekommt der Deliquient wieder mit – und muss sie mit schriftlicher Anordnung binnen drei Monaten bei seinem Entsorgungsunternehmen oder an deren Schadstoffmobilen abgeben. Dies sei auch zu quittieren, der Pflanzenschutzbehörde mitzuteilen. Erst dann ist der Fall abgeschlossen.
Bußgeld kann bis 50.000 Euro betragen
Ein Ordnungswiedrigkeitsverfahren gibts sowieso. Das kann teuer werden – bis zu 50.000 Euro Strafe. Und wer der Entsorgungspflicht nicht nachkommt, bekommt ein weiteres Verfahren an den Hals. Mit weiteren Kosten. „Viele Bürger wissen einfach nicht, dass die Einfuhr der Unkrautvernichter verboten ist.“ Pilz und Hahn wollen aufklären. Und müssen dies gleich mehrfach. Denn schon die nächste Glyphosat-Flasche von Argosa SL 300, steht vor ihnen und kommt in die Tüte. Auch dabei beteuern die Käufer, vom Verbot der Einfuhr nichts gewusst zu haben.
Das nützt auch nicht über den Nachmittag die weiteren Deliquienten, die mit Mitteln zum Vernichten von Unkraut im Rasen oder dem Marken-Klassiker Roundup erwischt worden. Die Pflanzenschutz-Fachleute appeillieren an alle, sich vor Reisebeginn zu informieren – Details gibt es dazu auch auf der Internetseite des Landesamtes. Am Ende haben die Zöllner und Pflanzenschutz-Fachleute bei der Kontrolle sieben Fälle bearbeitet, wurden zwölf Liter-Flaschen der in Deutschland verbotenen Pflanzenschutzmittel festgestellt.
Wo der Zoll keinen Spaß versteht
„Nicht alle in Deutschland eingeführten Waren sind zulässig“, erklärt auch Zollsprecherin Astrid Pinz. Daher kontrolliere man nicht nur auf Unkrautvernichter-Mittel, sondern alle möglichen gekauften Waren. 800 Stück Zigaretten seien erlaubt (4 Stangen) pro Person. „Aber auch die brauchen eine Steuer-Banderole, darauf sollte man achten.“
Ebenfalls verboten sind Messer, die als Waffe genutzt werden können, aber auch Schlagringe werden oft eingezogen, so Pinz. Darüber hinaus sind auch Elektro-Schocker in Form von Taschen-Lampen bei den Markt-Touristen beliebt. Aber auch das ist verboten.“ Die Beamten ziehen solche Gegenstände konsequent ein – bei der Kontrolle auch einen nagelneuen Schlagring. Dem Besitzer droht ein Verfahren – auch wenn er beteuerte, das Teil sei nicht in Polen gekauft worden. „Das ist egal, denn auch in Deutschland ist das Mitführen dieser Waffe verboten“, so Pinz.
234 Autos, Motorräder und drei Busse kontrolliert
Während der über gut sieben Stunden laufenden Großkontrolle bis zum Samstagabend wurden laut Pinz insgesamt 234 Autos und Motorräder kontrolliert. Aber auch drei Busse. Es sind Shuttles von Berlin zum Polenmarkt. Alle Passagiere müssen aussteigen.
Das Fahrzeug wird durchsucht. Anschließend muss jeder Busnutzer seine Einkäufe den Zollbeamten vorlegen, sich erklären. Ohne Verstöße rückt der Bus binnen zehn Minuten wieder ab. Zurück bleiben zwei Junge Männer, angetrunken, die mit Polen-Böllern erwischt wurden. Denn Feuerwerk wird das ganze Jahr über in Polen angeboten. „Wir haben doch auf das CE-Zeichen geachtet“, berichten sie. Nicht aber gesehen, dass sie in Deutschland verbotene Knaller, hochexplosives Zeug der Kategorie 4, gekauft haben.
„Da muss man immer genau hinsehen“, betont Astrid Pinz. Eine Anzeige ist die Folge. Die Ware wird beschlagnahmt, vom Zoll mitgenommen und vernichtet. Die Jungs müssen zurück nach Polen laufen, nehmen dort den nächsten Shuttle nach Berlin.
Drogenspürhund kommt zur Einsatz
Wenig später steht der nächste Bus auf dem Platz. Das gleiche Prozedere.
Doch hier kommt auch Drogenspürhund „Prinz“ zum Einsatz, geführt von Detlef Hennig. Der Belgische Schäferhund schnüffelt an den aufgestellten Reisetaschen. Abrupt bleibt er stehen. Sie gehört einem bekennenden Kiffer, dessen Klamotten stark nach Cannabis riechen, aber Drogen hat der Polen-Besucher nicht dabei. Der Bus setzt seine Fahrt fort.
Ehrlich währt am Längsten
Was auch die Autofahrer in den mit Pylonen abgesperrten Parkzonen erleben, sind zuerst Fragen. Was sie vom Einkauf in Polen als Waren anzugeben haben, ist die erste. Wer dabei schon damit rausrückt, dass er mehr als die erlaubte Menge an Zigaretten dabei hat, muss neben der Anzeige schonmal mit zusätzlicher Tabaksteuer – meist den Kosten einer Stange an sich – rechnen. Und wenn diese erst bei der Durchsuchung entdeckt werden, wirds doppelt so teuer. Und die Zigaretten werden zudem eingezogen. „Wer schmuggelt, ist selbst Schuld. Der Markt hat jeden Tag auf, die Tankstelle zudem rund um die Uhr. Man kann immer hinfaren, wenn man zuhause keine Kippen mehr hat“, erzählt eine Zöllnerin.
Junge Männer aus Salzgitter auf dem Weg nach Berlin
Zigaretten gekauft haben auch Emin (22) und seine Kumpels Aziz, Alperen Hector und Mimo. „Wir sind heute aus Salzgitter hier hergefahren, haben nur Zigaretten gekauft“, erklären die jungen Männer auf Nachfrage von MOZ.de. Während dessen nehmen zwei Zöllner ihr Auto unter die Lupe, besichtigen den Innenraum, lassen auch den Kofferraum ausräumen. Sie tragen Handschuhe zum Eigenschutz, aber auch Waffen. Man weiß ja nie.
Gefunden wird bei den Jungs bis auf die Zigaretten – nicht mehr als erlaubt – nichts. Für sie ist es die erste Zollkontrolle an der polnischen Grenzen. Binnen Minuten dürfen sie schon weiterfahren. „Wir wollen noch nach Berlin, ins Musikstudio, dann gehts heute auch wieder zurück nach Hause“, erkärt der Rapper Emin.
Amtssprache ist Deutsch
Nebenan werden Autos aus Berlin untersucht, aber auch aus den Niederlanden. Gesprochen wird Deutsch, zur Not auch Englisch. Aber auch viele Fahrzeuge aus dem Landkreis Oberhavel werden begutachtet. Eingekauft habnen sie typische Waren wie Zigaretten, Getränke, auch Deko-Artikel.
Aber auch etliche Motorräder, deren Fahrer das schöne Wetter für eine Ausfahrt nutzten, müssen auch ihre Gepäckkästen öffnen. Nichts Illegales haben sie dabei.
Vermeintlicher Benzin-Schmuggel
Ein Mann aus Müllrose hat die Kontrolle seines auffälligen SUV mit Harley-Davidson-Aufklebern auch schnell hinter sich gebracht. Im Kofferraum sah man viele kleine grüne Kanister. Benzin-Schmuggel? Nein. „Da war destilliertes Wasser drin. Wir fahren jetzt nach Bad Freienwalde und befüllen sie mit Quellwasser“, erklärt seine Partnerin aus Angermünde, wo sie nun nach ihrem Tagesausflug hinfahren wollen. „Was es nicht alles gibt“, sagen die Zöllner lachend. Zufrieden sind sie mit dem Ausgang der Kontrolle allemal – die nächste wird schon bald folgen. „Und unabhänig davon sind unsere Zöllner auch sonst täglich auf den Straßen unterwegs, können Autos anhalten und kontrollieren – nun verstärkt auch auf Pflanzenschutzmittel“, betont Sprecherin Astrid Pinz.