Großrazzia gegen Clankriminalität in Berlin und Brandenburg: Die Einsätze richteten sich unter anderem gegen Verdächtige aus einem bekannten arabischstämmigen Clan und „russische Staatsangehörige tschetschenischer Herkunft“, wie die Staatsanwaltschaft bei Twitter schrieb. Die beiden Gruppen waren im Herbst 2020 mehrfach sehr gewalttätig aufeinander losgegangen. Rund 500 Polizisten, darunter auch Spezialeinsatzkommandos (SEK), waren an den Durchsuchungen beteiligt.

Mehr als 20 Durchsuchungen in Berlin und Brandenburg

Zwei Verdächtige wurden den Angaben zufolge verhaftet. Es gab mehr als 20 Durchsuchungen wegen organisierten Drogen- und Waffenhandels. Beteiligt waren auch das Bundeskriminalamt (BKA) mit seinem Spezialeinsatzkommando GSG9, die Brandenburger Polizei und die Steuerfahndung.
Es gab 30 Durchsuchungsbeschlüsse, die an 22 Orten vollstreckt wurden. Durchsuchungen gab es in den Stadtteilen Neukölln, Spandau, Wedding, Moabit, Schöneberg und Reinickendorf, wie die Polizei über Twitter mitteilte. Darunter soll auch der Neuköllner Kiosk sein, der Mitgliedern des Clans zugerechnet wird und der im Herbst von Tschetschenen überfallen wurde. Außerdem eine Lagerhalle in Neuhardenberg (Landkreis Märkisch-Oderland) östlich von Berlin. Laut „Bild“ sollen die Täter Drogen in Lagerhallen in Brandenburg gebracht, in Fässer umgelagert und nach Berlin transportiert haben.

Tschetschenen entwickeln sich zunehmend zum kriminellen Akteur

Ein führender Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) hatte erst kürzlich über die Konflikte zwischen rivalisierenden Gruppen gesagt, neue Banden würden seit einigen Jahren auftreten und versuchen, in den kriminellen Markt einzudringen. „Besonders Tschetschenen entwickeln sich zunehmend von der Rolle des kriminellen Dienstleisters zum kriminellen Akteur.“
Clan- und andere organisierte Kriminalität ist seit längerem in Berlin und in anderen Bundesländern ein Thema. Vor zwei Jahren stellten der Berliner Senat und die Kriminalpolizei einen Fünf-Punkte-Plan gegen die Clankriminalität vor.
Im Herbst wurden mehrere Mitglieder der Großfamilie, die auch jetzt im Zentrum der Razzia stand, wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Juwelendiebstahl in der Dresdner Schatzkammer Grünes Gewölbe verhaftet.

Gruppe Tschetschenen überfällt einen Spätkauf in Neukölln

Am 7. November 2020 überfiel eine Gruppe Tschetschenen mit Schlagstöcken und Messern einen Spätkauf in Neukölln, der mit dem bekannten Clan in Verbindung stehen soll. Es gab mehrere Verletzte. Noch am gleichen Abend und am nächsten Tag prügelten Männer am Bahnhof Gesundbrunnen im Norden Berlins auf Männer aus der tschetschenisch-russischen Szene ein. Dann tauchten im Internet Fotos und ein Video von einem angeblichen Friedensgespräch zwischen Abgesandten der gegnerischen Banden und einem prominenten Boxer als Vermittler auf.
Die aktuellen Durchsuchungsbeschlüsse sollen nach mehreren Medienberichten auch mit der Entschlüsselung des Kurznachrichtendienst EncroChat, der vor allem von Kriminellen genutzt wurde, zusammenhängen. Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es im vergangenen Jahr, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen, wie die europäische Justizbehörde Eurojust im Juli 2020 mitteilte.
60.000 Teilnehmer hätten den aufwendig verschlüsselten Chatdienst genutzt. Die Kriminellen fühlten sich bei ihrer Kommunikation sehr sicher, weil es hieß, die Technik sei nicht zu knacken. Das Eindringen in die technische Infrastruktur des Anbieters habe dann „Schockwellen durch organisierte Verbrecherbanden quer durch Europa“ geschickt, hieß es damals von der Justiz. Es gab in verschiedenen Ländern bereits Hunderte Festnahmen, Drogen und Bargeld in Millionenhöhe wurden beschlagnahmt. Auch das deutsche BKA soll Millionen Chatnachrichten zum Auswerten erhalten haben.