Von Christian Köhler
Am Mittwoch sind zwei Südafrikaner und zwei Unternehmensvertreter aus der brandenburgischen Uckermark aus einem wasserstoff-betriebenen Auto vor der Eisarena in Weißwasser ausgestiegen. Da haben selbst manche Erwachsene gestaunt, die ihre Schützlinge gerade zum Training gebracht haben. Wir haben den Kontakt über die Lausitzrunde hergestellt, erklärt Weißwassers Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext).
Er hatte die Delegation vormittags zum Soziokulturellen Zentrum Telux sowie zum Schweren Berg begleitet. Tobias Bischof-Niemz vom Unternehmen Enertrag erklärt den Anlass des Besuchs: Wir betreiben Kraftwerke, haben rund 700 Windkraftanlagen gebaut und sind an der Entwicklung des Referenzkraftwerkes in Schwarze Pumpe beteiligt. Gleichzeitig habe das uckermärkische Unternehmen Enertrag eine Zweigniederlassung in Südafrika.
Modellvorhaben in Schwarze Pumpe
Jenes „Referenzkraftwerk“ wird in den kommenden drei bis vier Jahren entstehen, erklärt Enertrag-Vorstand Gunar Hering der RUNDSCHAU. Es ist, das betont Torsten Pötzsch, von den Bürgermeistern der Lausitz gefordert und später in den Abschlussbericht der Kommussion für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung gelangt. Nach einer Ausschreibung des Bundeswirtschaftsministeriums hat Enertrag als Teil eines Konsortiums, dem auch Bergbaubetreiber Leag angehört, den Zuschlag für Errichtung erhalten.
Ziel des Kraftwerkes: Strom zu erzeugen und zu speichern. Bislang ist das Problem der Energiewende, dass grüner Wind- und Solarstrom einerseits zu viel produziert und andererseits, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, zu wenig Strom da ist, konstatiert Hering. Ferner nütze es der Energieregion Lausitz nichts, wenn große Windparks an der Küste entstehen und vor Ort keine Wertschöpfung mehr stattfindet, sagt Tobias Bischof-Niemz.
Wasserstoff könnte auf zur Wärme-Erzeugung genutzt werden
Folglich haben die Brandenburger einen Plan: Mit der überschüssigen Energie aus der Windkraft ließen sich lokale, dezentrale Wasserstoffkraftwerke betreiben, so Gunar Hering. Ein Pilotprojekt läuft bereits in der Uckermark. Mit dem Hybridkraftwerk lässt sich auch Wärme sowie Wasserstoff erzeugen, erläutert der Vorstand. Damit könnten Heizungen in Wohnungen sowie mit dem Wasserstoff Fahrzeuge angetrieben werden.
Eine Bahnstrecke zu elektrifizieren ist nicht nur planerisch langwierig, sondern kostet auch viel Geld, argumentiert Bischof-Niemz, deshalb wäre die Treibstoffherstellung vor Ort wohl schneller zu realisieren. Seine Vision: Mittels überschüsigen Wind- und Solarstrom den Treibstoff für wasserstoffbetriebene Lokomotiven an der Strecke zu produzieren. Das würde die Wertschöpfung in der Region belassen und Vorbildcharakter für andere Regionen besitzen, die ebenfalls vor einem Strukturwandel stehen.
Südafrika steht vor ähnlichen Problemen wie die Lausitz
Genau von einem solchen können Mike Levington und Sipho Nkosi aus Südafrika berichten. Auch dort stehe der Kohlebergbau und die daraus erzeugte Energie vor einem Wandel. Es arbeiten bei uns 60 000 Menschen im Kohlebergbau, erkärt Sipho Nkosi, und es steht eine Wandel an, der sicher auch Einschnitte mit sich bringt. Beide sind von der Kohle-Industrie inzwischen zu Erneuerbaren Energie-Konzernen gewechselt, wollen sich von Deutschland und der Lausitz zeigen lassen, wie hier der Wandel gelingen soll.
Neben dem Tourismus, der in der Lausitz immer stärker ein wirtschaftlicher Faktor ist, sind die Afrikaner auch an der Wasserstoff-Technologie interessiert. Wir haben ganz andere Voraussetzungen als Deutschland, aber Tourismus ist besser, als die Tagebaue einfach zu schließen, sagt Nkosi. Und in der Weißwasseraner Eisarena staunen die Afrikaner, als sie die neuen, Kühlanlagen bestaunen. Zuvor in der Telux stellen sie fest: Aus alten Industriegebäuden lässt sich doch einiges machen.
Doch bei aller Euphorie muss dann Torsten Pötzsch noch einräumen: Speziell bei der Telux ist hier viel in Eigenregie des Vereins passiert. Ohne Hilfe von Außen wird man nicht die nächste Stufe erreichen.