Wenn von Hanf die Rede ist, dann ist bei vielen der erste Gedanke dabei meist „Cannabis“. Die lateinische Bezeichnung der Hanfpflanze wird umgangssprachlich oft gleichgesetzt mit den Rauschmitteln Haschisch und Marihuana, die sich aus den getrockneten Blättern, Blüten und Blütenständen einiger Hanfsorten herstellen lassen. Daher ist es auch kein Wunder, dass das Thema Hanfanbau stets für überdurchschnittliche Aufmerksamkeit sorgt.
So sollte Hanf eine Alternative zur Kohle werden
Und so war es auch, als das Lausitzer Energieunternehmen Leag vor knapp zwei Jahren ankündigte, mit dem Anbau von Hanf auf ehemaligen Tagebauflächen zu experimentieren. Dabei hatten die Fachleute für Kohle und Strom von Anfang an aber nicht das Rauschpotenzial der Cannabis-Pflanze im Visier. Vielmehr wollten sie im Umfeld des Tagebaus Reichwalde in Sachsen ausprobieren, wie der Hanf unter den klimatischen Bedingungen in der Lausitz gedeiht.
Und der Energiekonzern auf der Suche nach neuen Beschäftigungsfeldern wollte auch in Erfahrung bringen, ob sich auf der Basis von Produkten aus den Samen, dem Öl und den festen Fasern der historischen Nutzpflanzen möglicherweise neue Geschäftsfelder für die Zukunft der Leag erschließen lassen.
Hanf wurde bereits im Mittelalter als Heilmittel, aber auch zur Herstellung von Bogensehnen, Tauen und Segeln für Schiffe sowie als Papierzusatz genutzt.
Enttäuschte Hoffnung: Ökologisch bauen mit Hanf
In der Lausitz wird aus der schnellen Neubelebung einer Hanf-„Industrie“ vorläufig nichts. Denn jetzt werden die Hanf-Anbauversuche zwischen Spree und Neiße erst einmal gestoppt. Ein Leag-Sprecher bestätigte auf Nachfrage: „Das Hanfprojekt wird in diesem Jahr vorerst nicht fortgeführt.“
Zwar habe die Leag auf ihren Hanf-Experimental-Feldern sowohl im Anbau auf Böden mit verschiedenen Voraussetzungen als auch bei der Verwertung und Vermarktung von Hanf im Nahrungsmittelbereich gute Erfahrungen sammeln und mit Hanf-Öl sogar eigene Produkte an den Markt bringen können.
Hauptsächlich aber war es dem Lausitzer Energieunternehmen um die industrielle Nutzung von Faser-Hanf, beispielsweise für die Baustoffindustrie, gegangen. Dort sahen die Lausitzer einen großen Absatzmarkt, vor allem mit Blick auf den Trend zum ökologischen und nachhaltigen Bauen. Dabei sei es in den zurückliegenden zwei Jahren nicht gelungen, rentable Wertschöpfungsketten aufzubauen. Dabei hatten die Bergleute mit den landwirtschaftlichen Ambitionen erste hoffnungsvolle Kooperationen angeschoben. Aber: „Der angestrebte, vollständige Verwertungsprozess hat den vorgesehenen wirtschaftlichen Rahmen nicht erreicht“, begründet der Leag-Sprecher das vorläufige Aus des Hanf-Anbaus am Tagebaurand.
Für immer verabschieden wollen sich die Lausitzer Bergleute aber wohl doch nicht von der Hanf-Idee. Ein neuer Anlauf sei nicht ausgeschlossen, wenn „veränderte Rahmenbedingungen oder neue Entwicklungen die erneute Aufnahme wieder attraktiv und wirtschaftlich profitabel machen“.
Was sich aus Hanf alles machen lässt
Hanf ist eine meist einjährige krautige Pflanze. Je nach Umweltbedingungen erreicht die Staude immerhin Wuchshöhen von bis zu fünf Metern. Zur Faserproduktion genutzter Hanf wächst im dichten Stand gerade aufrecht.
In Deutschland wurde der Anbau von Hanf im Jahr 1929 verboten und erst 1996 unter strengen Auflagen wieder erlaubt. Heute wird Nutzhanf zur Herstellung von Papier, Textilien, Lebensmitteln – vor allem Öl –, Baustoffen und faserverstärkten Kunststoffen genutzt. Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bauten im Jahr 2020 deutschlandweit 575 zertifizierte Betriebe auf 5362 Hektar Hanf an, was im Vergleich zu den Vorjahren eine deutliche Steigerung darstellte.
In den vergangenen Jahren beschäftigten sich mehrere regionale Unternehmen in Brandenburg und Sachsen mit dem Hanf, darunter beispielsweise die Kokosweberei Hilger in Olbersdorf (Oberlausitz) zur Herstellung von Matten und auch die Görlitzer Hanf- und Drahtseilerei.