Nicole Borchers, Michelle und Annett Grosa sind Freundinnen. Sie kennen sich gefühlt „seit immer“. Wie lange genau, wissen sie gar nicht. Das ist ohnehin nicht so wichtig. Wichtiger sind Gemeinsamkeiten. Wie die Begeisterung für Eishockey, die sie eint.
Annett Grosa weiß, dass sie vor 36 Jahren zu „Dynamo“ ging, seit zwei Jahrzehnten begleitet sie Tochter Michelle zu den Heimspielen im Fuchsbau. Nicole Borchers ging schon als kleines Mädchen mit ihrem Opa zu jedem Spiel im Pieck-Stadion. Eine Zeit voller Höhen und Tiefen.
Das hinterlässt Spuren. Im Guten wie im weniger Guten. Heimspiele der Füchse in Weißwasser können ein emotionaler Anker sein. Die Fans sind ohnehin wie eine Familie.

Film bringt Spendenaktion in Weißwasser ins Rollen

Am 27. Januar vor dem Heimspiel der Lausitzer Füchse gegen Krefeld wurde in der Arena ein Beitrag aus dem „MdR Sachsenspiegel“ gepostet. Im Mittelpunkt dieser dreiminütigen Sendung stand der sechzehnjährige Julien Kunze, der im August an Leukämie erkrankt war. Gezeigt wurde, wie der schwerkranke Patient in der Isolation der Intensivbehandlung versucht, den Kontakt zur Außenwelt zu halten. Und über einen kleinen Roboter („Avatar“) sogar am Schulunterricht an der Oberschule Schleife teilnimmt.
Das Besondere daran, „seine“ Schule kannte Julien Kunze nur von einem einzigen Tag, dem allerersten Schultag. Weil er im Sommer nach Weißwasser gezogen war, um hier seinem Traum von einer Eishockeykarriere näherzukommen. Julien sollte für die U17 der Lausitzer in der ersten Nachwuchsliga DNL im Tor stehen. Bei den fälligen Sportuntersuchungen im Juli ergaben sich keinerlei Auffälligkeiten.
Beim Training am 28. August brach er unvermittelt zusammen. Eine Gehirnerschütterung wurde vermutet. So etwas kommt bei dem harten Sport vor. Die Untersuchung am Tag darauf brachte ein anderes Ergebnis. Akute Leukämie. Eine Schockdiagnose. Die Leidensgeschichte nahm ihren Anfang, eine lange und anstrengende Behandlung begann in der Uniklinik in Dresden. Nicole, Annett und Michelle sahen den Beitrag und wollten helfen. Sofort.

Spendenaktion für jungen Eishockey-Crack aus Weißwasser

Michelle Grosa, die Jüngste der drei sagt, „Julien ist ein Teenager, er darf keine Erlebnisse mit Freunden oder der Familie haben, stattdessen kämpft er um sein Leben und kann nicht an der Normalität teilhaben. Wir wollen ihn deshalb unterstützen und ihn motivieren, weiterzukämpfen.“
Die komplizierte Behandlung wird bis in das nächste Jahr hineinreichen. Eine Rückkehr in das normale Leben ist nicht einfach, es braucht neben guten Ärzten viel Kraft, Optimismus, Geduld, Glück und Hilfe. Und manchmal auch finanzielle Unterstützung. Für Letzteres wollten die drei Freundinnen nun sorgen und sprachen die Mitglieder von „Collabo“ aus dem Fanblock an. Die Gruppe, die meist durch aufwändige Choreografien von sich reden macht, sicherte Unterstützung zu und stellte den Kontakt zu Dirk Rohrbach, dem Geschäftsführer der Füchse, her. Gemeinsam wurde der Gedanke einer Spendenaktion zugunsten von Julien geschmiedet.
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Geworden sind es schließlich zwei Aktionen am kommenden Sonntag, 12. Februar. Ein großer Kuchenbasar und eine Tombola. „Die gewaltige Spendenbereitschaft hat uns überrascht“, sagen die drei Ideengeberinnen. „Alle und alles aufzuzählen, sprengt leider den Rahmen.“
Viele Unternehmen, Einzelhändler, Privatpersonen, Vereine, Trainer und Cheerleader aus Weißwasser erklärten sich spontan zur Hilfe bereit. „Ohne Wenn und Aber, am Ende werden es wohl um die eintausend Preise sein“, schätzt Nicole Borchers. „Und das in vierzehn Tagen Anlaufzeit, und das Beste ist, jedes Los gewinnt und am Ende hilft jedes Los Julien, zurück in sein Leben zu finden.“ Spielertrikots, Fanartikel, Spielsachen, Gutscheine für Restaurants und Hotels, Kosmetik, Konfektion und vieles andere mehr. „Tag und Nacht“ haben die drei in den letzten zwei Wochen damit zugebracht, alles zu organisieren.

Eissportverein stellt Pucks mit dem Spieler-Konterfei zur Verfügung

Der Verein stellt auf eigene Kosten zweihundertfünfzig spezielle Pucks mit dem Bild von Julien zur Verfügung. „Wir wollen Julien auf dem langen Weg der Genesung bestmöglich unterstützen und dass er schnellstmöglich wieder zur Füchsefamilie zurückkehrt“, versichert Dirk Rohrbach. Der gesamte Erlös soll Julien zugutekommen.
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„Julien ist ein Kämpfer“, wie sein Vater Daniel sagt. Die komplizierte und schwierige Intensivtherapie endet planmäßig im Mai. Und es sieht gut aus, wie sein Vater meint. Er ringt spürbar um Fassung, wenn er über seinen Sohn und die Aktion der Weißwasseraner Fans redet. „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels, Julien brennt darauf, wieder nach Hause zu dürfen und hoffentlich wieder auf dem Eis stehen zu können. Wahrscheinlich mehr als jemals zuvor.“
Die Gefühle nach „Bekanntwerden der Diagnose lassen sich nicht in Worte fassen“, beschreibt er die elterlichen Emotionen. „Es hat uns monatelang die Beine weggezogen“ und „Julien hat den Kampf aufgenommen, obwohl er es nicht verstanden hat.“ Auf die Frage nach dem Warum gibt es keine Antwort. Auf die Frage „Wer will helfen?“ gibt es einfache Antworten. Aus der Eishockeyfamilie. In Weißwasser. Am Sonntag, ab 15:30 Uhr gleich hinter dem Fanblock.