Anfangs sticht oder brennt es nur bei Belastung im Gelenk. Später tun Knie oder Hüfte dauerhaft weh. Wegen der Schmerzen nehmen Betroffene Schonhaltungen ein. Bewegung soll den Teufelskreislauf durchbrechen. Inwiefern sich spezielle Übungen in Kombination mit einer App auf den Therapieerfolg auswirken, das wird derzeit am Institut für Gesundheit der BTU in Senftenberg untersucht.
Kurz „Smart-E“ – oder „Smartphone-assistiertes Arthrose-Training mit Edukation“ – so heißt das neue Projekt unter der Leitung von Professor Dr. Christian Kopkow, für das die wissenschaftliche Mitarbeiterin Carolin Bahns (29) derzeit noch Probanden sucht. Gebürtig aus dem Emsland in Niedersachsen, arbeitet sie seit 2021 am Senftenberger Standort der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg im Fachgebiet Therapiewissenschaften.

Etwa jeder fünfte der über 60-Jährigen in Deutschland leidet an Arthrose

Carolin Bahns hat ihren Bachelor in Physiotherapie und den Master in Evidenzbasierter Gesundheitsversorgung an der Hochschule für Gesundheit in Bochum absolviert. Hier in Senftenberg erforscht sie nun eine neue Versorgungsform für Arthrose-Patienten. „Das Krankheitsbild kommt weltweit vor“, erklärt sie. Mehr Frauen als Männer erkranken daran. Etwa 20 Prozent der über 60-Jährigen sind hierzulande betroffen.
„Übergewicht, Bewegungsmangel und jahrelange Zwangshaltungen begünstigen Arthrose“, sagt sie. Bestimmte Berufsgruppen wie beispielsweise Fliesenleger, aber auch Profisportler könnten öfter unter der Gelenkerkrankung leiden. „Schmerzen und eine zunehmende Funktionseinschränkung der Gelenke mindern die Lebensqualität.“

Neue Versorgungsform: Physiotherapie in Kombination mit einer App

Doch Betroffene könnten künftig von einer neuen Versorgungsform profitieren. Wie Wissenschaftlerin Carolin Bahns erklärt, wird derzeit ein kombiniertes Programm von Physiotherapie in Kombination mit einer App erforscht. Die Laufzeit der Studie beträgt vier Jahre. Gestartet ist das Projekt im Januar 2022. Jetzt, ein Jahr später, ist gerade die App der niederländischen Entwickler-Firma „Healthtrain“ fertig geworden. Und damit kann die Testphase beginnen.
Das zwölfmonatige Trainings- und Schulungsprogramm wird in den ersten sechs Wochen in ausgewählten Physiotherapiepraxen der Region angeleitet, und zunehmend in Eigenverantwortung mit Unterstützung einer Smartphone-App von Zuhause aus fortgeführt. Dabei ist weiterhin auch eine Interaktion mit den behandelnden Therapeuten vorgesehen.

Physiotherapeuten passen das Training per App individuell an

Das besondere beim Üben mit der App sei, dass sich die Teilnehmer mit den Physiotherapeuten austauschen können. Fällt das Training besonders leicht oder eher schwer, so können einzelne Übungen individuell angepasst werden. Langfristiges Ziel sei es, immer wieder neue Trainingsreize zu setzen. „Die Übungen werden mit der Zeit komplexer“ so Carolin Bahns.
Insgesamt sieben physiotherapeutische Praxen in Südbrandenburg machen mit. Neben der Reha-Vita in Cottbus oder den Sana-Kliniken in Lauchhammer beteiligen sich auch Physiotherapien in Finsterwalde und Sonnewalde. „Nur die Rekrutierung der Testpersonen ist bisher etwas schleppend verlaufen“, erzählt Carolin Bahns.

Aktuell werden noch etwa 70 Teilnehmer für die Arthrose-Studie gesucht

Bislang konnten erst zehn Probanden gewonnen werden. Insgesamt 82 Personen sollen an der Studie teilnehmen. Heißt, 72 Leute werden derzeit noch gesucht. Das Geschlecht spiele keine Rolle. Wichtig seien eine Mitgliedschaft bei der Techniker Krankenkasse sowie das Alter und die Diagnose. Betroffene mit einer Knie-Arthrose sollten über 38 Jahre, und an einer Hüft-Arthrose erkrankte Personen mindestens 50 Jahre alt sein.
Zum Start, nach drei Monaten und zum Ende der Studie werden Messungen sowie motorische Tests durchgeführt. Auch ein Fragebogen mit Angaben zum funktionellen Status, den Schmerzen und der Lebensqualität müsse von den Teilnehmern ausgefüllt werden.

Die Hälfte der Teilnehmer kommt in eine Kontrollgruppe

Wichtig: die Teilnahme an der zwölfmonatigen Studie bietet keine Garantie dafür, dass man gleich mit der App arbeitet. „Die Hälfte der Teilnehmer kommt erstmal in eine Vergleichsgruppe“, stellt Carolin Bahns klar. Parallel läuft die Regelversorgung für die Patienten normal weiter.
Zugewiesen werden die Patienten nach dem Zufallsprinzip. „Da haben wir keinen Einfluss drauf.“ Allerdings soll niemand benachteiligt werden. Wer anfangs in der Kontrollgruppe landet, werde im Anschluss an die Studie den Zugriff auf die App erhalten. Außerdem bekomme jeder Teilnehmer eine Gesundheitsberatung vor Ort.

Wie die Arthrose-Studie abläuft, und wer mitmachen kann:

Am Smartphone-assistierten Arthrosetraining mit Patienten-Schulung können sich alle Personen mit Kniearthrose ab 38 Jahren beziehungsweise mit Hüftarthrose ab 50 Jahren beteiligen, die bei der Techniker Krankenkasse versichert sind.
Das kombinierte Programm setzt sich aus zwei Phasen zusammen. Erstens, den physiotherapeutischen Übungen in Präsenz vor Ort, und zweitens, dem Trainieren Zuhause mithilfe von Video-Anleitungen und Beschreibungen.
Die Therapie beinhaltet Übungen vom seitlichen Ausfallschritt bis zum Treppensteigen oder Aufstehen vom Stuhl.
Ziel ist die Verbesserung von Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Gleichgewicht. Ferner zielt das Training darauf ab, regelmäßige körperliche Aktivitäten im Alltag zu verankern.
In Schulungen werden darüber hinaus Informationen vermittelt, die das Training sowie das Leben mit Arthrose erleichtern sollen.
Interessierte werden gebeten, Kontakt zum Institut für Gesundheit, Fachgebiet Therapiewissenschaften I, am Standort Senftenberg der BTU, Tel. 0178- 8798530 oder E-Mail: smart-e@b-tu.de aufzunehmen.