Eine amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist am Mittwochmorgen in Schwarzheide im Landkreis Oberspreewald-Lausitz entschärft worden. Die Kriegsmunition war vor genau zwei Wochen im Süden des BASF-Werksgeländes bei Bauarbeiten gefunden worden.
Das 250 Kilogramm schwere Exemplar besaß zwei Zünder. Diese wurden durch vier Spezialisten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KMBD) unter Sprengmeister Enrico Schnick unschädlich gemacht. Genau um 9 Uhr kam das erlösende Signal von der Fundstelle: Die Bombe ist entschärft. 25 Minuten später wurde der Sperrkreis aufgehoben.
„Es gab keine Probleme; die Zünder waren nicht deformiert“, resümiert Schnick. Ungewöhnlich war aber, dass die Bombe fast direkt unter der Erdoberfläche lag. Normalerweise dringen solche Exemplare erheblich tiefer ins Erdreich ein. Die entschärfte Bombe wird zunächst ins Munitionszwischenlager nach Briesen bei Cottbus transportiert und anschließend auf dem Sprengplatz Kummersdorf südlich von Berlin kontrolliert vernichtet.

Nicht die erste Bomben-Evakuierung für Familie Hentschel

Schwarzheide am frühen Mittwochmorgen: Bereits um 6.30 Uhr beginnt die Feuerwehr mit der Sicherung des Sperrbereiches. Die Naundorfer Straße und die Schipkauer Straße als wichtige Verkehrsachsen sind dicht. Die großen Verkehrswege wie die Autobahn 13 Berlin-Dresden und die B 169 Cottbus-Elsterwerda bleiben aber frei. Auch die wichtigen Bahntrassen sind von der Sperrung nicht betroffen.
Insgesamt neun Anwohner von drei Gehöften müssen evakuiert werden. Dazu gehören auch Bärbel und Hans Hentschel aus der Naundorfer Straße in Schwarzheide-Ost. „Wir mussten um 7 Uhr raus“, sagt Bärbel Hentschel.
„Obwohl es nicht die erste Bombenevakuierung ist, habe ich doch ein komisches Gefühl“, bekennt die Schwarzheiderin. Seit dem Jahr 1954 wohnt sie schon in dem von ihrem Vater errichteten Heim. Bärbel und Hans Hentschel werden im stadteigenen Haus der Begegnung untergebracht. Schließlich herrscht eine Außentemperatur von minus zwei Grad, und es ist sehr neblig.
Um 7.48 Uhr beginnt der KMBD mit der Entschärfung der Weltkriegsbombe. Drei Minuten zuvor war die Sicherung des Sperrbereiches abgeschlossen worden. In der Stadt herrscht angespannte Ruhe. Bürgermeister Christoph Schmidt (parteilos) sagt, dass er hoffe, dass alles gut geht. Obwohl in jüngerer Zeit mehrere Bomben in der Stadt gefunden worden sind, dürfe bei deren Entschärfungen keine Routine einkehren.
Im südlichen Teil des BASF-Werkes wurde die Bombe gefunden.
Im südlichen Teil des BASF-Werkes wurde die Bombe gefunden.
© Foto: Stadt Schwarzheide

Luftraum ist dicht, Staus auf den Straßen bleiben aus

Der Luftraum über der BASF Schwarzheide ist für Flugverkehr gesperrt, bis die Bombe entschärft ist. Die Polizei meldet, dass es auf den Umleitungsstrecken keine Staus und Verkehrsbehinderungen gibt. Der Verkehr läuft störungsfrei.
Die Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde aus einem US-amerikanischen Flugzeug abgeworfen. Damit handelt es sich um die gleiche Größenordnung wie bei der letzten Bombenentschärfung am 25. Oktober 2020 auf dem Firmengelände der BASF. Laut Enrico Schnick befinden sich in der Bombe 110 Kilogramm Sprengstoff. „Der wird mit zunehmendem Alter aufgrund chemischer Reaktionen immer gefährlicher“, sagt Schnick.

Schwarzheide wurde im Zweiten Weltkrieg 14 Mal bombardiert

Schwarzheide war einer der am stärksten bombardierten Orte in der Lausitz. Grund war das Mitte der 1930er-Jahre aufgebaute Werk der Braunkohle-Benzin-Aktiengesellschaft (Brabag). Dort wurde mittels der Fischer-Tropsch-Sythese aus Braunkohle Benzin hergestellt.
Der erste Bombenangriff auf Schwarzheide fand am Pfingstsonntag, 28. Mai 1944, statt. Nach Angaben der Schwarzheider Ortschronistin Doris Lanzke wurden in vier Angriffswellen mit 100 Flugzeugen rund 1200 Sprengbomben mit Gewichten zwischen 50 und 250 Kilogramm abgeworfen. Bis zum 23. März 1945 sollten 13 weitere Bombenabwürfe auf Schwarzheide folgen. Das Brabag-Werk war zu 75 Prozent zerstört.
Nach Kriegsende begann der Wiederaufbau. Seit Oktober 1990 befindet sich das Werk im Eigentum des Chemiekonzerns BASF. Es ist mit mehr als 2000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Region.

NIederlausitz ist reich an Weltkriegsbomben

Die Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges finden sich bis heute in der Region. Immer wieder kommt es zu Munitions- und Bombenfunden. Schwerpunkte sind neben dem Schwarzheider BASF-Werk die Oder-Neiße-Linie als einstiger Hauptkampflinie zwischen Wehrmacht und Roter Armee, das Areal um den Cottbuser Bahnhof, der beim Angriff vom 15. Februar 1945 zerstört wurde, sowie die Bahnknoten im Elbe-Elster-Kreis, sagt KMBD-Sprengmeister Enrico Schnick. Dazu gehören Falkenberg, Elsterwerda/Elsterwerda-Biehla sowie Doberlug-Kirchhain. Sie wurden in der finalen Kriegsphase erheblich bombardiert.