Die Sirenen heulen um 6.29 Uhr in Hosena, Senftenberg und allen Ortsteilen. Verkehrsunfall Bahn, Hilfeleistung Schiene heißt es nüchtern aus der Rettungsleitstelle.

„Wir sind vom Schlimmsten ausgegangen. Jedem Kamerad aus Hosena schießen da sofort die Schreckensbilder vom schweren Eisenbahnunglück mit einem Toten vom Sommer 2012 durch den Kopf“, sagt Ortswehrführer Sebastian Krahl hörbar erleichtert nach dem Einsatz.

Mit einem Tanklöschfahrzeug, einem Löschgruppenfahrzeug und einem Mannschaftstransporter rollen die Hosenaer zum Einsatzort auf freier Strecke kurz vor dem Bahnhof Hosena. Sie sind die ersten vor Ort. „Wir haben tief durchgeatmet, waren aber erlöst, als wir sahen, dass niemand zu Schaden gekommen ist“, erklärt der stellvertretende Ortswehrführer Jan Wenk.

Marder legt RE-15-Bahnstrecke bei Hosena lahm

Der unfreiwillige Halt des Personenzuges mit anschließender Evakuierung geht auf die Kappe eines Marders. Er hatte sich wohl in den frühen Morgenstunden an den Bahnanlagen zu schaffen gemacht. 

„Der Nager hat erhebliche technische Schäden im Bereich der Oberleitung verursacht“, informiert Bahnsprecher Jörg Bönisch. Vermutlich sei er einen Gittermast hinauf geklettert, an eine 15 000-Volt-Starkstromleitung geraten und habe so einen Kurzschluss ausgelöst.

Gut drei Stunden war die Bahnstrecke komplett gesperrt. Danach konnte gegen 8 Uhr zumindest ein Gleis wieder freigegeben werden. Nachdem der menschenleere Personenzug gegen 11 Uhr abgeschleppt war, zogen sich die Reparaturarbeiten an der Oberleitung dann noch bis gegen Mittag hin. Unter anderem waren Isolatoren und Aufhängungen zu erneuern. Erst danach konnten die ersten Züge wieder planmäßig fahren.

Marderbiss beschäftigt Feuerwehr in Hosena

Kleines Tier, große Wirkung: Den Rettungseinsatz sicherten 34 Kameraden der Feuerwehr Senftenberg sowie aus den freiwilligen Wehren Großkoschen, Sedlitz, Niemtsch, Peickwitz und Brieske ab.

Die 22 Bahnreisenden indes mussten aufgrund des lahmgelegten Zugverkehrs eine stundenlange Verspätung hinnehmen. Die Fahrgäste, die zuvor in Hoyerswerda und Schwarzkollm zugestiegen waren, kamen zu spät zur Arbeit, zur Ausbildung und zum Studium.

Von der Schrecksekunde am frühen Morgen bis zur Rettung aus dem Zug vergingen gute zwei Stunden, in denen die Reisenden in den drei Waggons teils noch im Dunkeln ausharren mussten. „Hilfe ist erst nach Freigabe und Erdung möglich, auch wenn das für die Reisenden nervig ist“, erklärt Bahn-Notfallmanager Gerd Behrendt, der sich Montagfrüh auf offener Strecke um die Sicherheit der Fahrgäste kümmert.

Feuerwehr baut bei Hosena Lkw-Rettungsplattform auf

Damit sie den Zug gefahrlos verlassen können, bauen die Feuerwehrkameraden in der Wildnis eine Lkw-Rettungsplattform auf. Über die provisorisch errichtete Brücke können die Fahrgäste später den kleinen Wasserlauf im Graben entlang der Gleise trockenen Fußes überqueren.

„Ruhig und entspannt. So haben wir die Leute angetroffen und aus dem Zug begleitet“, erzählt Einsatzleiter Bernd Bohrisch von der Feuerwehr Senftenberg. Lediglich einer älteren Dame mussten die Kameraden beim Ausstieg über eine Leiter helfend unter die Arme greifen. Die Evakuierten wurden dann im Feuerwehr-Shuttle zum Bahnhof Hosena geschafft, wo bereits die Busse im Schienenersatzverkehr warteten.