Daniel Niedzialkowski hat seit der Geburt seines Sohnes nur noch Frühschicht. Um 6 Uhr früh fängt er bei Kaufland Logistik in der Tiefkühlabteilung an, um 14.30 Uhr hat er Feierabend. Aber was heißt Feierabend? Er hilft dann seiner Frau Jana bei der Pflege und Betreuung ihres Sohns Samuel. Der Zweieinhalbjährige muss ständig bewegt, sein Körper stabilisiert werden. Er kann weder gehen noch sitzen, liegen nur auf dem Bauch und auf der Seite. Der Junge ist überdies blind. Zweimal in der Woche bekommt Samuel eine Stunde Physiotherapie in Lübbenau. Zur Kinderärztin fahren seine Eltern mit ihm nach Calau, zum Facharzt nach Cottbus ins Carl-Thiem-Klinikum. In Polen, wo Samuel Ende Oktober 2019 in Zary geboren wurde, besucht er dreimal im Jahr für jeweils zwei Wochen eine private Reha-Einrichtung.

So wurde eine Nachbarin auf Samuel aufmerksam

Im Nachbarhausaufgang in der Straße des Friedens wohnen die Gripps. Silke Gripp fiel auf, dass sich der kleine Junge nicht richtig aufrecht halten konnte, wenn sie ihn draußen mit Vater oder Mutter sah. Sie fragte nach, man kam ins Gespräch und Silke Gripp erfuhr, was dem kleinen Samuel fehlte.
Kurz nach seiner Kaiserschnitt-Geburt im fünften Monat wurde das Gehirn des Neugeborenen schwer geschädigt. Die Eltern sagen, aufgrund einer vermeidbaren Infektion. Sie befinden sich im Rechtsstreit mit einem Krankenhaus. Ein Rechtsanwalt vertritt sie, der im Erfolgsfall einen Teil der Schadensersatzsumme bekommt.

Leben von Samuels Eltern veränderte sich komplett

Das Leben der Eltern hat sich nach Samuels Geburt komplett geändert. Der Vater arbeitet seit drei Jahren für Kaufland Logistik. Im ersten Jahr pendelte er noch zwischen Lübbenau und Zary. Seit zwei Jahren lebt die Familie in der Spreewaldstadt. Für die Mutter ist die Pflege und Betreuung ihres Sohns ein Fulltime-Job. Wenn Jana und Daniel die Zeit dafür haben, lernen sie deutsch. Doch viel Zeit ist da nicht. Es müssen für den Sohn ständig Termine organisiert, er muss viel gefahren, bei allen Behandlungen begleitet werden. Zu Hause ist ständig wenigstens einer der Elternteile mit Samuel beschäftigt.
Darüber hinaus haben die Eltern auch finanzielle Hilfe organisiert. Die Krankenversicherung zahle nicht alles, was Samuel ihrer Einschätzung nach an medizinischer Behandlung und Hilfsmitteln benötigt. Über verschiedene Spendenaktionen in Polen – unter anderem Plastikdeckelsammlungen, Onlineversteigerung und Kuchenbasar – kam in einem Jahr eine fünfstellige Summe zusammen. So konnten die Aufenthalte in der spezialisierten privaten Rehaklinik in Polen finanziert werden, die die Krankenkasse nicht bezahlt.
Silke Gripp berührt das Schicksal des Jungen, wie sich die Eltern aufopfern. Sie hat deshalb an ihrem Geburtstag im Mai um Spenden für Samuel gebeten. Es kamen dabei 1.320 Euro zusammen. Ein ehemaliger Lübbenauer, der vor Jahren weggezogen ist, hat allein 1000 Euro gespendet. Das Geld wurde auf ein Spendenkonto überwiesen, das die AWO eingerichtet hat.

Lübbenauer Helferin fand einen Helfer

Silke Gripp hatte zuvor im Geschäftssitz des Regionalverbands Brandenburg Süd in Lübbenau das Gespräch mit Geschäftsführer Wolfgang Luplow gesucht, der ein offenes Ohr hatte und sofort reagierte. Im AWO-Bildungszentrum in der Humboldstraße und auch im Fitness-Studio Clever Fit im Einkaufszentrum Kolosseum wird seit kurzem auf Aushängen auf die Plastikkappen-Sammelaktion für Samuel hingewiesen. Kommen genügend Deckel von Pfandflaschen oder Milchpackungen zusammen, werden sie in Polen an Recyclingunternehmen verkauft.
Laut Samuels Eltern wird ihr Sohn lebenslang einer aufwendigen medizinischen Behandlung bedürfen. Im polnischen Zagan hat die Landkreiskommission für die Bewertung von Behinderungen Samuel im Oktober 2021 als behindert eingestuft. Er ist damit anspruchsberechtigt, was orthopädische und technische Hilfsmittel betrifft sowie Pflege, Therapie und Rehabilitationsdienste. Jana und Daniel Niedzialkowski klären derzeit aber noch ab, ob sie trotz der polnischen Staatsbürgerschaft ihres Sohns in Deutschland weitere staatliche Sozialleistungen bekommen können.

Ärztlicher Bericht über Samuel macht betroffen

In dem ärztlichen Bericht der Kommission ist auch nachzulesen, dass das neugeborene Kind lange intensivmedizinisch behandelt werden musste. Beispielsweise konnte die mechanische Beatmung erst am 57. Tag, die Antibiotikatherapie erst am 117. Tag beendet werden. Viereinhalb Monate verbrachte Samuel im Krankenhaus, bevor er „in gutem Allgemeinzustand“, wie es weiter heißt, nach Hause zu seinen Eltern durfte.
Jana und Daniel Niedzialkowski beobachten seither – vor allem aufgrund der Reha-Aufenthalte sowie der Physiotherapie – kleine Fortschritte bei ihrem Sohn, etwa in der Körperbeherrschung und Kommunikation. Seine epileptischen Anfälle konnten durch Medikamenteneinsatz gut behandelt werden. Sichtlich genießt Samuel die Zuwendung der Eltern, er wirkt glücklich trotz seiner schweren Einschränkungen.

Spendenkonto für Samuel aus Lübbenau

Wer Samuel beziehungsweise seine Eltern finanziell unterstützen möchte, kann auf folgendes Spendenkonto des AWO Regionalverbandes Brandenburg Süd e.V. einzahlen: IBAN DE11 1203 0000 1005 7264 90, BIC BYLADEM 1001, DKB Bank AG. Bei Verwendungszweck ist als Stichwort „Samuel“ anzugeben.
Eine Zerebralparese bezeichnet eine Gruppe von Symptomen mit Bewegungsstörungen und Muskelsteife, verursacht durch eine Fehlbildung des Gehirns, die während der Gehirnentwicklung, vor der Geburt oder durch einen Gehirnschaden vor, während oder kurz nach der Geburt entstehen. Frühgeburten sind besonders anfällig für diese Störungen. Die Hirnschädigung schreitet nicht weiter fort, jedoch können sich die Symptome verändern.