„Vom kleinen Wir zum großen Wir“ – auf diesem Weg hat die Schönwalder Grundschule in den vergangenen Tagen große Schritte voran gemacht. Als erste Bildungseinrichtung in der Region hat sie gemeinsam mit der Stiftung Bildung als Projektträgerin eines Förderprogramms des Bundesfamilienministeriums unter der großen Überschrift „Menschen stärken Menschen“ eine Projektwoche zur Gewaltprävention aufgelegt. Das Besondere daran war die Praxisnähe, die Einbindung der Eltern und der Aufbau von Teams. Jedes Kind hat nun so etwas wie einen „großen Bruder“ oder eine „große Schwester“, eine Schülerin oder einen Schüler drei Klassenstufen höher, an den es sich im Fall des Falles wenden kann. Davon sollen langfristig beide profitieren. In den Klassenverbänden spielt künftig ein kleines grünes Monster eine große Rolle – doch dazu später.
Kein übermäßig großes Problem
„Wir sind im Internet auf das Projekt gestoßen“, sagt Schulleiterin Ines Lehmann. Gewalt unter den Kindern auf dem Schulhof und in den Pausen sei in Schönwalde „jetzt kein übermäßig riesiges Problem“, schätzt sie ein. „Aber wenn wir alle ehrlich sind, müssen wir sagen, dass Gewalt immer mehr zunimmt. Und auch wir haben immer mehr Kinder, die mit sozial-emotionalen Auffälligkeiten zu uns kommen.“
Zeit zu handeln. Im Vorfeld der Präventionswoche bildeten sich die Lehrer und Horterzieher zunächst selbst weiter und lernten dabei den Trainer Maximilian Kraft kennen, der vergangene Woche nicht nur die praxisnahen Übungen mit den Schülern machte, sondern all dies auf die gleiche Weise auch mit den Eltern zum Einstieg am Montagabend durchführte. Rund 50 nahmen die Gelegenheit war. An der Schönwalder Grundschule lernen derzeit 178 Kinder.
Und diese durften dann eine Woche lang zahlreiche Aspekte rund um das Thema: „Wie löse ich einen Konflikt mit Worten statt mit Gewalt?“ kennenlernen. Ein „Stopp!“ zu setzen, also klar sagen zu können: „Hör auf damit, ich möchte das nicht“, gefolgt von der zweiten Stufe, eine Aufsichtsperson zu holen, und der dritten Stufe, dies auch umzusetzen, will gelernt sein und fordert einerseits klare Kommunikation, andererseits Respekt vor der Grenzziehung des Anderen.
Beim Schlangengriff lernen die Kinder, sich aus einem Festhalten durch einen anderen herauszuwinden – ohne selbst Gewalt anzuwenden. Und die Goldene Regel dürfte im Grunde allgemein bekannt sein: Behandele andere so, wie Du selbst von ihm oder ihr behandelt werden möchtest.
Landesverband setzt auf Chance-Partnerschaft
Beispielhaft können hier nur einzelne Aspekte der umfangreichen Woche aufgezählt werden. Neben den vielfältigen Strategien zur direkten Gewaltprävention ist Aaron Schmidt vom mit organisierenden Landesverband der Kita- und Schulfördervereine Berlin-Brandenburg vor allem wichtig, die Teilhabechancen jüngerer Menschen zu stärken. Deshalb gibt es die Chancenpatenschaften, die konkret in Tandems, Zweier-Teams, von Kindern mit verschiedenen Bildungs- und wirtschaftlichen Hintergründen münden. In Schönwalde startete dies zu Wochenanfang Ines Lehmann zufolge mit 20 bis 25 Tandems, die sich dort hauptsächlich darauf stützten, dass das ältere Kind dem jüngeren vorlas. Inzwischen hat jedes Kind einen Tandempartner gefunden, manche sind auch Dreier-Gruppe geworden, die sich gegenseitig unterstützen, voneinander lernen und somit mit- und aneinander wachsen.
Dieser Teamgeist überträgt sich mehr und mehr in die Klassen. „Das kleine Wir“, ein Kinderbuch mit einem grünen, freundlichen Monster als zentraler Figur, das bei Harmonie wächst, bei Streit schrumpft, wurde zum Vorbild.
Nach der Abschlussveranstaltung am Freitag war Schulleiterin Ines Lehmann ebenso wie viele Lehrer positiv gestimmt. „Wir waren wirklich überrascht, wie viele Kinder Emotionen rausgelassen und Dinge erzählt haben, die sie uns sonst nicht gesagt haben“, bilanziert sie. Die „Trommelklassen“ hätten gemeinsam vorgeführt, wie man Ärger oder Frust über Musik abbauen kann – statt über Gewalt an anderen. „Das war so beeindruckend, ich hatte Gänsehaut“, sagt die Schulleiterin. Ihr Fazit: „Es war ein tolles Projekt. Wir können es nur empfehlen.“