Von Andreas Staindl

Die Digitalisierung schreitet voran. Immer mehr Informationen werden digital gespeichert und für die elektronische Datenverarbeitung verfügbar gemacht. Was haben die Menschen davon? Gelingt der digitale Wandel auch auf dem Land? Ist er hilfreich für die medizinische Versorgung? Ersetzt die Digitalisierung den Besuch beim Arzt? Der Workshop „Digitale Lösungen für Pflege und Medizin“ kürzlich in Luckau ging diesen und anderen Fragen nach.

Mit „Carecomm“ gibt es eine Projektidee, die vorgestellt und diskutiert wurde. „Die Digitalisierung muss den Menschen einen Mehrwert bringen, ihnen Lebensqualität sichern“, sagt Luckaus Bürgermeister Gerald Lehmann (parteilos). „Wir würden gern Modellregion im Land Brandenburg sein.“

„Von Luckau sind schon viele Initiativen ausgegangen“

Die Chancen stehen gut, das wurde während des Treffens deutlich, doch entschieden ist nichts. Eine Entscheidung soll noch im Frühjahr dieses Jahres fallen. Viel Geld ist im Spiel, um Innovationen für die Gesundheitsvorsorge in den ländlichen Raum zu bringen. 150 Millionen Euro sollen landesweit zu verteilen sein. Von zehn bis 15 Projekten ist die Rede, die bis 2023 gefördert werden sollen. „Die Versorgungsregion Luckau/Calau ist eine der Referenzregionen“, sagt Thomas Zahn, Geschäftsführer des Gesundheitswissenschaftlichen Instituts Nordost der AOK Nordost. „Von hier aus sind schon viele Initiativen ausgegangen. Diese Region sollte auf jeden Fall ins Förderprogramm.“

Dafür müssen Kompetenzen und verlässliche Strukturen aufgebaut, Partner gewonnen, muss dem Projekt „ein Gesicht gegeben werden“, sagt Thomas Zahn. Televisite könnte ein Weg sein, die Digitalisierung sinnvoll zu nutzen. Patient und Arzt sehen sich über eine Webcam und den Computerbildschirm.

Allgemeinmediziner Kay-Patrick Braun aus Cottbus hat das ausprobiert. „Es spart Zeit.“ Zeit, die Hausärzte gerade auf dem Land nicht genügend haben. Die Praxis auf der einen, Besuche in Pflegeheimen und Hausbesuche auf der anderen Seite. „Televisite könnte die medizinische Versorgung unserer Bewohner optimieren und auch künftig sichern“, sagt Alfredo Rehnus, Einrichtungsleiter der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Calau. „Wir haben allerdings kein Wlan im Haus.“

Ein drahtloses lokales Netzwerk ist jedoch die Voraussetzung, um digitale Ideen umzusetzen. „Nur so ist die Digitalisierung für Patienten ein Gewinn“, sagt Kay-Patrick Braun. An der technischen Umsetzung wird gearbeitet. Verschiedene Akteure haben über den aktuellen Stand während des Workshops informiert. Das Ziel ist klar: Video-Sprechstunde, digitale Patientenakten, schneller Datenaustausch.

Bessere Vernetzung von Ärzten und Kliniken gefordert

Mike Wilde, niedergelassener Facharzt in Luckau, hat aktuell noch ganz andere Probleme: „Wenn Patienten aus dem Krankenhaus entlassen werden und zur Nachbehandlung zu mir kommen, liegen oft nicht alle Diagnosedaten vor. Wir müssten besser vernetzt sein. Um das zu erreichen, engagiere ich mich für das digitale Projekt.“ Auch Barbara Oberüber ist interessiert. Die Luckauer Apothekerin fordert jedoch die Politik auf, digitale Daten von Patienten vor dem Zugriff großer Konzerne zu schützen. Diese Gefahr bestehe etwa dann, wenn Rezepte vom Arzt digital übermittelt würden.

Auch Karsten Bittigau, Geschäftsführer des Unternehmensverbunds Evangelisches Diakonissenhaus Berlin-Teltow-Lehnin, der ein Krankenhaus auch in Luckau betreibt, fordert: „Die Politik muss die Richtung vorgeben.“ Er sieht die Digitalisierung positiv: „Sie bringt uns Vorteile etwa in der Kommunikation mit niedergelassenen Ärzten. Das Hauptproblem derzeit ist für uns der Datenschutz.“ Schutz sensibler Personendaten wie digitale Patientenakten sind längst ein Thema. Ein funktionierendes Netzwerk. Personal, das die digitale Technik auch bedienen kann. Patienten vor allem älterer Jahrgänge, die von den Innovationen überzeugt werden müssen.

Einer Umfrage zufolge sind Senioren in Luckau „der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen, erwarten jedoch eine zielgruppengerechte Unterstützung“, wie Mirko Paul von der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus sagt. Die Herausforderungen sind klar. Ideen sollen gebündelt, koordiniert und angegangen, das Gesundheitswesen zukunftsfähig gemacht werden.

Mitstreiter werden gesucht. Ärzte, Apotheken, Pflegeeinrichtungen, Pflegedienste und andere Akteure aus dem Gesundheits- und Pflegebereich sind gefragt. „Es geht um die Vernetzung von Ideen, auch darum, Bedarfe vor Ort aufzuschreiben und so zu formulieren, dass sie in das Projekt passen“, sagt Thomas Zahn.

„Das Projekt ist ein Goldstück für die Region“, ist Karsten Köhler sicher. „Wir wollen in der Versorgungsregion Luckau/Calau regionale Wissens- und Koordinationsplattformen aufbauen und miteinander verknüpfen.“ Köhler ist der regionale Koordinator und telefonisch unter 03544-555465 zu erreichen.