Blutkrebs ist eine lebensbedrohliche Krankheit, die jeder Mensch – ob jung oder älter – bekommen kann. Entdeckt wird die Erkrankung oft nur per Zufall und meistens ermöglicht nur eine Stammzellspende dem Patienten das Überleben, sagt Dr. Katrin Wetzko vom Universitätsklinikum Dresden.
Die Ärztin spricht darüber vor Schülern der Klassenstufen 10 bis 12 der Christlichen Schule Johanneum Hoyerswerda. Sie hat hier selbst ihr Abitur gemacht und ist aus Anlass des 30. Schulgeburtstages an ihre alte Schule eingeladen worden, um eine Stammzellspender-Registrierungsaktion der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) mitzugestalten.
Ein ganzes Festjahr zu 30 Jahre Johanneum in Hoyerswerda
Die Veranstaltung sei eine von insgesamt 30, die das Johanneum im Rahmen seines Festjahres zum 30. Schuljubiläum gestaltet, erklärt Schulleiter Günter Kiefer. Es ist eine besondere Aktion, bei der sich junge Menschen entscheiden, im Falle des Falles für einen anderen Menschen so etwas wie ein Rettungsanker zu sein.
Die Zwölftklässlerinnen Ronja Schubert und Maxi Kockert sind dazu bereit. Beide belegen den Leistungskurs Biologie und halten ihre Registrierungssets für die DKMS schon bereit. „Wir finden das wichtig und sinnvoll, uns registrieren zu lassen“, sagen die beiden Abiturientinnen. Zuerst haben sie das Thema Zellbiologie und Erbkrankheiten im Unterricht behandelt und dann mit ihrer Lehrerin Dr. Carolin Noack die Veranstaltung vorbereitet. Ronja Schubert hat in der erweiterten Verwandtschaft jemanden an den Blutkrebs verloren, weil kein passender Spender verfügbar war. „Viele kennen doch so einen Erkrankten“, sagt Maxi Kockert. Und gerade deshalb sei es wichtig, sich selbst einen Ruck zu geben und aktiv etwas Gutes für andere Menschen zu tun.
Ärztin schildert in Hoyerswerda, wie es abläuft
Dr. Katrin Wetzko, die früher selbst am Johanneum lernte, hat bereits einmal einem Patienten mit einer peripheren Stammzellspende geholfen. Sie schildert, wie das abläuft: Zuerst bekommt der potenzielle Spender ein Anschreiben und dann folgt ein Aufklärungsgespräch mit einem DKMS-Mitarbeiter. Ein Arzt nimmt nochmal Blut ab. Die körperliche Fitness des Spenders wird überprüft und fünf Tage vor der Spende beginnen Vorbereitungen, die im Körper des Spenders die Produktion von Stammzellen anregt. Denn nur diese werden bei der drei bis fünf Stunden dauernden ambulant durchgeführten peripheren Stammzellspende gewonnen. Die anderen Bestandteile des eigenen Blutes bekommt der Spender zurück und Stammzellen bildet sein Körper neu.
Nur etwa zehn Prozent der Spender müssen heute noch einer Knochenmarksentnahme aus dem Beckenkamm mit Vollnarkose zustimmen, um helfen zu können, sagt die Internistin. Der Spender kann jederzeit seine Bereitschaft zu der Operation zurückziehen, ohne dass ihm etwas passiert. Die DKMS trägt für Stammzellspender alle Kosten, auch die Fahrt zur Entnahmeklinik und, wenn nötig, eine Hotelübernachtung.
Das Transplantat erreicht im Anschluss binnen 24 Stunden den langfristig mittels Chemotherapie und Bestrahlung vorbereiteten Patienten. Diese Behandlung soll alle Blutkrebszellen zerstören, damit das blutbildende System neue gesunde Zellen herstellen kann. Dabei hilft ihm die Stammzellspende des Fremden. Der Spender entscheidet danach selbst, ob er nach frühestens drei Monaten etwas zum Gesundheitszustand des Patienten erfahren will – und er kann ihn zwei Jahre später treffen.
Spender wird oft wie Nadel im Heuhaufen gesucht
Die Suche nach dem geeigneten Stammzellspender ist oft wie eine Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Jeder Mensch bekommt von seiner Mutter und dem Vater je sechs individuelle genetische HLA-Gewebemerkmale mit – und sie alle müssen ganz genau mit den Merkmalen des an Blutkrebs erkrankten Menschen übereinstimmen, erklärt der Biologe Dr. Falk Heidenreich. Nur dann kann die Stammzelltransplantation wirklich helfen. Von Vorteil ist es, wenn die Spender noch recht jung sind. Denn mit zunehmenden Alter des Spenders sinken die Erfolgschancen einer Stammzelltransplantation.
Junge Spender können Patienten Hoffnung schenken
Der Biologe erforscht an der TU Dresden die Stammzelltransplantation, um Leukämie und andere bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems einmal besiegen zu können. Er unterstützt auch die Suche der DKMS nach potenziellen Spendern im Alter von 17 bis 55 Jahren. Dass die Christliche Schule Johanneum zu ihrem eigenen Jubiläum so eine Aktion auf die Beine gestellt hat, findet er ganz toll.
Junge Menschen seien als Spender gefragt. „Eine einfache Registrierung ist der erste Schritt, um Patienten und Patientinnen Hoffnung zu schenken und vielleicht einmal ein Menschenleben zu retten.“
Die Stammzellspenderdatei DKMS
Alle zwölf Minuten erhält in Deutschland ein Mensch die Diagnose Blutkrebs. Oft kann nur eine Stammzelltransplantation helfen. Doch die Zahl der registrierten Spender sinkt. Denn allein im Jahr 2023 werden rund 125.000 potenzielle Spender aus Altersgründen aus der Stammzellspenderdatei der Tübinger Organisation DKMS ausscheiden.
Weltweit hat die Deutsche Knochenmarkspenderdatei DKMS seit 1991 mehr als 100.000 Stammzellspenden in 57 Länder vermittelt. Mehr als 7,4 Millionen Menschen aus Deutschland und rund vier Millionen internationale Spender sind derzeit in der Datei gelistet. Auf den ersten Blick ist das eine Menge. Trotzdem ist es enorm schwierig, einen passenden Spender zu finden, selbst wenn weltweit gesucht wird.
Menschen im Alter von 17 bis 55 Jahren dürfen sich als Stammzellspender unter www.dkms.de registrieren lassen, bekommen das Registrierset (für Wangenschleimhautabstriche) zugesandt und können ab einem Alter von 18 Jahren von der DKMS als Spender angefragt werden.
Ein Bodymaßindex von über 40 oder einige schwere, auch chronische Erkrankungen schließen eine Registrierung als Spender aus.