Ein knallgelbes Borussia Dortmund-Emblem klebt auf dem Rollstuhl von Diego Soor (17) aus Bröthen. „Mein Berufstraum war immer Fußball-Kommentator“, sagt er. Schon als Kleinkind stand er im Tor. Vater Silvio Soor (42), selber Fußballer, bescheinigt seinem Sohn Talent. „Seine Ausweichbewegungen waren topp.“
Doch dann kam alles ganz anders. Inzwischen musste Diego beruflich umdenken. Im Alter von fünf Jahren wurde bei dem Jungen eine Duchenne-Muskeldystrophie diagnostiziert. Der angeborene Gen-Defekt lässt die Muskeln schwinden. Die Mediziner forschen noch. Bislang gilt die langsam fortschreitende Krankheit als unheilbar.
Diego aus Hoyerswerda hat Muskelschwund
Erst fiel es den Eltern nicht auf. Sie wunderten sich nur, dass ihr Sohn wackeliger lief und öfter stolperte als andere Kinder. Es war ein Zufallsbefund. Beim Bluttest wegen einer Polypen-OP waren die Entzündungsparameter zu hoch. Nun schauten die Ärzte vom Dresdener Uniklinikum genauer hin.
Die Biopsie, bei der ein Stück Muskel aus dem Oberschenkel geschnitten wurde, hat Diego längst vergessen. Dafür kann er sich noch an seine Einschulung mit sieben Jahren erinnern. „Zwar schlecht, aber da konnte ich noch laufen“, erzählt er. Seine Eltern wollten, dass ihr Kind so normal wie möglich aufwächst.
Diego trotzt dem Schicksal
Also kämpfte sich Diego tapfer durch den Schulalltag. Doch Ranzen-Schleppen und Treppen-Steigen fielen immer schwerer. Seine Mitschüler waren blind für sein Handikap. Hin und wieder passierte es, dass sie den Jungen in den Hofpausen auf der Treppe einfach umrannten und er hilflos liegenblieb.
Eine Schule für Kinder mit einer Körperbehinderung kam für Diegos Eltern zunächst nicht in Frage. Irgendwann änderte Diegos Vater seine Sicht. „Eigentlich war ich Dachdecker“, erzählt er. Nach zwei Schlaganfällen ließ er sich zum Heilerziehungspfleger umschulen. Seit 2014 arbeitet er als pädagogische Fachkraft für Kinder mit geistiger Behinderung in der Astrid-Lindgren-Schule in Weißwasser. Nach Feierabend unterstützt er seinen Sohn.
Hoyerswerdaer Diego ist ein Risikopatient
Auch nachts: „Wir teilen uns ein Zimmer und sogar das Bett“, berichtet Vater Silvio. Seit seinem zehnten Lebensjahr sitzt Diego im Rollstuhl. Da sich der Junge bis auf die Arme und Hände kaum mehr rühren kann, hilft er seinem Sohn beim Lagern oder Umdrehen. Die ganze Familie zieht bei der Betreuung an einem Strang. Mutter Tina (40) nimmt zurzeit eher Spätschichten an, um ihrem Sohn morgens beizustehen. Auch die Großeltern, die im selben Haus wohnen, helfen mit.
Diego ist ein Risikopatient. Seine Lunge ist schwach. Wegen Corona lernt er jetzt nur noch Zuhause. Die Umschulung ins Sonderpädagogische Förderzentrum für Körperbehinderte „Dr. Friedrich-Wolf“ vor nunmehr neun Jahren war ein Schritt in die richtige Richtung. Diegos Selbstbewusstsein ging wieder nach oben. Doch der Hauptschulabschluss reichte ihm nicht. Deshalb wechselte er in der fünften Klasse aufs Foucault-Gymnasium.
Eine Herausforderung, denn vom Schulweg bis zum Toilettengang ist Diego auf Hilfe angewiesen. Ein Taxiunternehmen fuhr ihn täglich hin und her. Und eine Einzelfallhelferin legte ihm für den Unterricht die Lehrbücher auf den Tisch.
Nichtsdestotrotz, Diego lässt sich nicht beirren. Den Realschulabschluss bald in der Tasche, wollte er im Herbst eigentlich eine Ausbildung beginnen. „Irgendwas in Richtung Verwaltung, den Kaufmann für Büromanagement“, sagt er. Vom Berufsbildungswerk in Dresden hatte er schon die Zusage. Inzwischen wurde der Start aber für dieses Jahr wegen Corona abgesagt.
Hoyerswerdas HY-Kürzel auf einem Blatt Papier
Nun hoffen Diegos Eltern, dass etwas im Umkreis klappt. Doch von den wenigen, in Frage kommenden Einrichtungen hagelte es bisher nur Absagen. Irgendwie müsse es aber weitergehen. „Vielleicht ein Freiwilliges soziales Jahr“, überlegt Diego.
Sogar bei der Stadt sprachen sie schon vor. Diego solle in Eigeninitiative Bewerbungen schreiben, hieß es. „Inzwischen gehen uns aber die Ideen aus“, sagt Vater Silvio. Hoyerswerdas Tagesklinik „Hoy-Reha“ hätte Diego unterstützt, beschäftigt aber inzwischen keine Bundesfreiwilligen mehr.
In der Stunde seiner größten Not kritzelte Diego auf einem Block herum. „Was könnte ich nur machen?“, überlegte er sich. Hoyerswerdas HY-Kürzel ging ihm durch den Kopf. Erst jüngst hatte er mit seinem Vater gesponnen, wie man die Stadt groß rausbringen könnte.
Ein neues Logo für Hoyerswerda
„Warum tragen wir New-York-Cappis, wenn HY genauso cool ist“, überlegten sie. Doch das NY-Logo ist rechtlich geschützt. Was Neues musste her. Und plötzlich hatte Diego „die“ Idee. Drei Striche, und sein symbolträchtiges HY-Logo war geboren. „Die beiden senkrechten Linien vom ‚H’ stehen für die Schwarze Elster, die Hoyerswerdas Alt- und Neustadt voneinander trennt“, erklärt er. Der Schrägstrich könnte wiederum eine verbindende Brücke versinnbildlichen. Und egal, wie man das Logo wendet, durch die geschwungene Linienführung wirkt das ‚H’ so, als wäre das ‚Y’ bereits darin integriert.
Hoyerswerdaer Grafikbüro nimmt sich dem Logo an
Stolz zeigte Diego das Logo herum. Alle waren hellauf begeistert. Inzwischen nahm sich ein Grafikbüro der Vermarktung an. Werbekaufmann Christian Dreyer (40), Inhaber der gleichnamigen Werbeagentur „von3er“ aus Hoyerswerda, erkannte sofort das Potenzial der Idee.
„Wahnsinnig genial“, so lautete seine Reaktion. „Das ist es, was wir für Hoyerswerda brauchen“, sagt er. Aus seiner Sicht könnte das HY-Signet ein Sprachrohr sein. Und zwar nicht nur für die Jugend, die die Idee wahrscheinlich zuerst transportiert, sondern auch für die älteren Einwohner, die stolz auf ihr Hoyerswerda sind. Ganz nach dem Motto: Wir sind Hoyerswerda. Wir leben hier gern und zeigen das auch.
Hoyerswerda-Logo auf Cappies und T-Shirts
So viel steht fest, Diegos HY-Signet soll nun auf Cappis, T-Shirts und Pullover gedruckt ab kommenden Sonnabend, 4. Juli, verkauft werden. Einen Testladen gibt es schon. „HYpe“, so heißt der Pop-up-Verkauf am Markt 5 in Hoyerswerdas Altstadt. Das kurzfristig und provisorisch eingerichtete Einzelhandelsgeschäft wird für drei Monate in den leerstehenden Räumen vom ehemaligen Café Ambiente betrieben. Ermöglicht wird das Projekt durch das Citymanagement.
Ziel ist es, den HY-Testball loszutreten und zu schauen, wo er hinrollt. Und das Wichtigste: Der Erlös soll Diego helfen. „Wir erfahren gerade Unterstützung von allen Seiten“, erzählt Vater Silvio. Auch Diego freut sich riesig: „Das wäre ein schönes Gefühl, wenn die Leute das toll finden und mit dem HY-Logo auf ihren T-Shirts oder Cappies herumlaufen“, sagt er.
Diego träumt vom Führerschein
Ansonsten spart Diego gerade auf seinen Führerschein. Er habe bereits recherchiert. Heute gebe es schon umgebaute Pkw, die sich über einen Joystick lenken lassen. Ob es auch schon solche Fahrschulautos gibt, darüber müsse er sich aber erst noch informieren.
Hier gibt’s die HY-Cappi’s
Die Cappis, T-Shirts und Jutebeutel mit dem HY-Signet werden ab kommenden Sonnabend, 4. Juli., im ehemaligen Café „Ambiente“ am Markt 5 in Hoyerswerdas Altstadt verkauft. Zur Eröffnung ist einiges geplant, unter anderem will Diego persönlich vor Ort sein. Auch ein paar DJs legen auf. Ansonsten können die Artikel auch online bestellt werden. Derzeit entsteht unter diegoHY.com eine neue Website. Neuigkeiten über das Projekt erfahren Fans außerdem über die soziale Internetplattform Facebook auf der Seite diego-HY.