Die Geschichtsschreibung über die Doppelstadt Guben hat viele Lücken. Vor allem die Zeit der Trennung, als die Neiße zur Staatsgrenze einer früher einheitlichen Stadt wurde. Diese Lücken sollen nach und nach geschlossen werden. Eine Mammut-Aufgabe für ein kleines Stadtmuseum.
Die Geschichte der Stadt ist aber auch untrennbar mit der des Museums verknüpft. Das moderne Stadt- und Industriemuseum befindet sich in der Gasstraße. Es zeigt viel aus der Vergangenheit. Aber auch längst nicht alles, was interessant ist, und was die Menschen in den jüngsten Jahrzehnten geprägt hat.

Die Lücken in der Geschichte von Guben

So würden Abschnitte über die NS-Zeit, des Zweiten Weltkrieges, der Vertreibung und der Zeit der polnischen Neubürger im Ostteil der Stadt, aber auch die Zeit, als der Westteil den Beinamen Wilhelm-Pieck-Stadt trug, im Museum fehlen. Das stellt die Kulturmanagerin Martina Taubenberger fest. Sie hat die Gubener Museumslandschaft jüngst unter die Lupe genommen und die Idee des Museumsverbandes Brandenburg aufgegriffen. Der Verband hat vorgeschlagen, ein gemeinsames Museum mit Gubin zu bilden.

Das verschollene Museum von Guben

Dieses Museum gab es schon einmal. Es befand sich einst in der Nähe des dicken Turmes in Gubin. Das Gebäude überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet und ist seit dem mehrfach umgebaut worden. „Die Ausstellungsfläche hat sich einst auf vier Etagen befunden. Wie viele Museumsstücke es gewesen sind, die dort gezeigt wurden, ist heute unbekannt“, sagt Heike Mahro vom Stadt- und Industriemuseum Guben.

Was von der alten Sammlung in Gubin zu finden ist

Sie und ihr Mitarbeiter Vincent Birkenhagen versuchen, mehr Licht ins Dunkel der Museumsgeschichte zu bringen. Sie haben deshalb Kontakt zum Verein Freunde des Gubiner Landes aufgenommen, der sich um die Geschichtsaufarbeitung in Gubin kümmert. „Dabei haben wir festgestellt, dass es in Gubin noch Exponate gibt, die einst in dem Museum ausgestellt waren. Das ist ganz etwas Tolles“, sagt Heike Mahro. Sie kommt aus dem Schwärmen nicht heraus. Ein Stuhl, der im Museum stand, mittlerweile aufgearbeitet und neu bezogen ist, könne vermutlich dem Museum zugeordnet werden.
Das andere Exponat ist ein Schädelknochen von einem Auerochsen. Es sei anfangs unbekannt gewesen, dass dieses Exponat aus dem alten Museum stand, berichtet Museumsmitarbeiter Vincent Birkenhagen.
Im Gubener Museum (heute Gubin) ist ein Bürgerzimmer aus der Zeit um 1830 ausgestellt gewesen. Das Museum ist 1944 abgebaut worden. Der Verbleib vieler Stücke ist ungeklärt.
Im Gubener Museum (heute Gubin) ist ein Bürgerzimmer aus der Zeit um 1830 ausgestellt gewesen. Das Museum ist 1944 abgebaut worden. Der Verbleib vieler Stücke ist ungeklärt.
© Foto: Werner Köhler

Der erste Museumsdirektor und seine Sammlung

Das Exponat ist ein Teil der archäologischen Ausstellung des ehemaligen Museums gewesen. Der wissenschaftliche Mitarbeiter im Projekt „Verlustsache: Märkische Sammlungen“ des Brandenburgischen Museumsverbands Christian Hirte sei auf dieses Exponat gestoßen. Die handschriftliche Beschriftung habe er Hugo Jentsch zuordnen können, berichtet Vincent Birkenhagen.
Hugo Jentsch ist der erste Museumsdirektor in Guben gewesen. Er hat am 4. Februar 1913 im heutigen Gubin das Museum eröffnet. Es war der erste Museumsneubau in der Provinz Brandenburg in dieser Zeit. Viele Exponate, die sich mit der Geschichte in und um Guben befassen, fanden darin ihren Platz. Darunter sind Siegelstempel, ein Biedermeier-Zimmer, die Inszenierung einer ländlichen Stube, Bilder, Ofenkacheln, auch viele Alltagsgegenstände gewesen.
Dass es noch zwei Exponate in unmittelbarer Nähe gibt, ist für die Gubener Museumsmitarbeiter fast mehr als ein Fünfer im Lotto. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist im Jahr 1944 das Museum abgebaut worden. Die Exponate wurden mehr oder weniger gut verpackt und in Richtung Osten gebracht. Und zwar in Richtung Posen (Poznan) und Neu Salz (Nowa Sol), berichtet Vincent Birkenhagen.

Die Suche nach weiteren Exponaten aus Guben

Christian Hirtes Recherchen gehen weiter. Er hat sich mithilfe einer fotografischen Datei aus dem Jahr 1942 auf die Suche nach weiteren Exponaten der einst als verschollen geltenden Sammlung gemacht.
Nach aktuellen Recherchen sollen Exponate der Gubener Präsentation in polnischen Museen zu sehen sein. Unter anderem ist dabei vom Altar aus Schiedlo die Rede, der im Polnischen Nationalmuseum ausgestellt ist.
Noch mehr Licht in das Dunkel um den Verbleib der einstigen Guben-Ausstellung will die Museumsnacht im Stadt- und Industriemuseum am 29. September bringen. Anlass ist die Eröffnung des Museums vor 110 Jahren.

Museumsnacht am 29. September in Guben

Die Museumsnacht im Stadt- und Industriemuseum Guben von 16 bis 20 Uhr blickt auf die Eröffnung des Gubener Stadtmuseums vor 110 Jahren zurück. Am 4. Februar 1913 wurde der erste museale Neubau dem dicken Turm im heutigen Gubin eröffnet. Ein Vortrag vom wissenschaftlichen Mitarbeiter der „Verlustsache: Märkische Sammlungen“ des Brandenburgischen Museumsverbands Christian Hirte führt auf einen virtuellen Rundgang durch die einstige Sammlung des Gubener Stadtmuseums. Partner der Museumsnacht ist das Europe Direct Informationszentrum Guben. Interessenten sollten sich vorher anmelden.