Von Daniel Roßbach
Feel - das ist ein verdächtiger Name für ein Festival, sagt Maurice Ernst, der Sänger der österreichischen Band Bilderbuch in einer seiner Ansagen, als die Post-Punk-Indie-Pop Gruppe am Freitagabend unter der Förderbrücke F60 auf der Takraf-Bühne des Festivals spielt.
Mit mehr Bildern, Videos und Eindrücken gibt es die Geschichte des Feel Festivals 2019 hier.
Vielleicht meint er damit, dass es verdächtig ist, Gefühle auf etwas herauf zu schreiben, das sie eigentlich selbst auslösen und Stimmungen kreieren soll. Doch daran, dass dem Feel Festival genau das gelingt - und es sich seinen Namen so gewissermaßen verdient - kann eigentlich niemand, der an diesem Wochenende auf das Festivalgelände am Bergheider See kam, zweifeln.
Und tatsächlich hat das Festival eine zusammenhängende Atmosphäre, obwohl es auf einem weitläufigen Gelände stattfindet, mit vielen Bühnen, Treffpunkten und Rückzugsräumen. Diese Räume sind nicht einheitlich gestaltet, und auf dem Festival finden verschiedene Genres von Musik statt. Aber trotzdem stellt sich bei den Besucherinnen und Besuchern des Feel ein geteiltes Gefühl ein. Dieses Gefühl wird das Feel ist schließlich ein Festival, vor allem für elektronische Musik überall in erster Linie durch Tanzen ausgedrückt.
Dass zu dieser Subkultur und einem Festival wie dem Feel auch Drogen gehören, ist eine Tatsache. Wir sehen Drogenkonsum als Realität an. Menschen haben sich schon immer berauscht, sagt Florian Antelmann aus Dresden. Er ist Teil des PsyCare-Teams auf dem Festival, das von dem Verein Sonics organisiert wird, und zu dem insgesamt 40 Helfer gehören.
Das Psy im Namen dieser Gruppe steht für psychoaktiv, und ihre Mitglieder helfen Menschen auf dem Festival, die schlechte Erfahrungen mit bewusstseinsverändernden Substanzen machen. Auf Plakaten des PsyCare auf dem Gelände steht etwa: Drogen nehmen macht Spaß, kann aber auch mit Risiken verbunden sein. Das gelte gerade für Festivals, die mit wenig Schlaf, viel Aktivität und mitunter nicht idealer Ernährung eine Ausnahmesituation für den Körper darstellen.
Wir sind dafür da, uns zu kümmern, wenn es dabei Leuten psychisch nicht gut geht, beschreibt Antelmann die Arbeit des PsyCare, das an den ersten drei Tagen des Festivals bis zum Samstagabend etwa 50 Menschen intensiver betreut hat. Diese auf anonymer Basis umgesetzte Betreuung reicht davon, einen relativ ruhigen Rückzugsraum mit Chai-Tee und Obst bereit zu stellen, über Informationen zu eingenommenen Substanzen bis zu einem Gesprächsangebot.
Das soll helfen, mit möglicherweise unangenehmen Drogen-Erlebnissen, oder auch schwer zu verarbeitendem Überschwang, umzugehen. Bei allem, was medizinisch kritisch wird bei eingeschränkten Körperfunktionen, Herz- Kreislauf- oder Atemproblemen oder Krampfanfällen, nehmen sich aber die Sanitäter dieser Personen an.
Auch bei denen die Johanniter sind auf dem Festival mit 17 Einsatzkräften vertreten ist ein pragmatischer Umgang mit dem Thema Drogen zu sehen. Dass die konsumiert werden, ist ja kein Geheimnis, sagt Sanitäter Leon Behme, der zum vierten Mal in dieser Funktion auf dem Feel Festival ist und den Einsatz mit leitet. Für uns zeigt sich aber, dass der Umgang mit Drogen hier insgesamt sehr verantwortungsvoll ist, so Behme: Natürlich gibt es Personen, bei denen es zu viel ist, aber das ist selten.
Kay Kruppa, der Einsatzleiter der Johanniter auf dem Festival, betont, dass die Präsenz der PsyCare auch für die Mediziner eine sehr gute Sache ist. Wir arbeiten eng mit dem Team vom PsyCare zusammen, und nehmen sie mit zu Patienten, bei denen wir eine klare Indikation in Richtung Drogen haben. Denn neben der rein medizinischen sei oft auch psychologische Hilfe notwendig, die von den Fachleuten dort geleistet werden kann, so Kruppa.
Ein Angebot in Bezug auf den Drogen-Konsum auf Festivals, das noch nicht umgesetzt wird, ist Drug Checking, also eine Möglichkeit, Substanzen überprüfen und bestimmen lassen zu können. Es wäre schön, wenn es das gäbe, denn das würde die Sicherheit der Menschen in dem, was sie tun, noch wesentlich erhöhen, sagt Florian Antelmann. Doch schon, dass die PsyCare auf einem Festival wie dem Feel überhaupt vertreten ist, ist nicht selbstverständlich: Auf vielen Mainstream-Festivals sind wir nicht, sondern eher auf alternativen Festivals, sagt Antelmann, der auch die Zusammenarbeit mit dem Organisationsteam des Festivals lobt.