Das hat was ganz Erhabenes. Stolze Pferde, Reiterinnen und Reiter in weißer Reithose und Hemd oder Bluse, dazu schwarze Stiefel und ein schwarzes Jackett. Der schwarze Reithelm macht den Auftritt perfekt. Ob nun im Dressur-Viereck oder auf dem Hindernis-Parcours – wenn Pferd und Reiter eine Einheit bilden, ist das ein Genuss.
So auch beim 18. Reit- und Springturnier der Stadt Bad Liebenwerda in Dobra. Bei idealen Wetterbedingungen waren etwa 200 Teilnehmer aus Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt am Start, die bei 530 Starts ihr Können zeigten. Faszination Pferdesport: Die Veranstaltung lockte an beiden Tagen etwa 1000 Gäste an.
Die Pferde-Statistik in Berlin-Brandenburg
Geschätzt 48.000 Pferde, 24.000 Pferdebesitzer und 32.000 Reitsportler gibt es in Berlin-Brandenburg. Das macht die Region zu einem Zentrum der Pferdebranche. Allein der Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg (LPBB) zählt nach eigenen Angaben aktuell 16.634 Pferdesportler in 437 Pferdesportvereinen und 177 Pferdebetrieben. Das Reitgeschäft ist auch für die Wirtschaft ein starker Impulsgeber. Die Branche sichert laut LPBB in Berlin-Brandenburg rund 13.000 Arbeitsplätze und erzielt einen jährlichen Umsatz von 250 Millionen Euro.
In Elbe-Elster gibt es laut Landkreis-Pressestelle aktuell 643 Pferdehalter mit 2178 Equiden, dazu zählen Pferde, Esel und Zebras.
Ein eigenes Pferd, was bedeutet das eigentlich? Was kosten Tier und Haltung? Jenny Kallinich (38) ist eines der erfahrensten Mitglieder im Reit- und Fahrverein in Dobra und auch als Hobby-Springreiterin mit ihrem Pferd „Fun Fun“, ein Brandenburgisches Warmblut, auf dem einen oder anderen Turnier, zumeist in der Region unterwegs. „Vor allem viel Zeit und Liebe zum Tier“, sagt sie auf die Frage. Die Finsterwalderin ist nahezu täglich in Dobra, sagt, dass sie die Unterbringung im Schüler-Hof, „ich glaube einer der besten in Elbe-Elster“, schätzt.
Mit diesen Kosten müssen Pferdebesitzer kalkulieren
Peter Fröhlich, Geschäftsführer Sport im Landesverband Pferdesport, kann aus Kenntnis der Branche, Zahlen nennen. Ein Pferd kostet in der Anschaffung demnach zwischen 5000 bis 15.000 Euro. Gezüchtete Sportpferde sind oft viel teurer, wechseln nicht selten für Millionen-Summen ihre Besitzer. Wichtiges Kriterium für den Preis ist neben seiner Herkunft auch, ob es sich um ein bereits eingerittenes Pferd handelt.
Peter Fröhlich sagt, dass sich der Anteil professionell-gewerblicher Zuchten im Vergleich zur Hobbyzucht in Berlin-Brandenburg etwa die Waage halte. Der reine Pferdekauf ist nur die eine Seite. Die laufenden Kosten, die andere. Die Haltungskosten eines Pferdes liegen demnach bei mindestens 300 Euro pro Monat. Je nach Region, zum Beispiel im berlinnahen Umland, können es auch schon bis zu 800 Euro monatlich sein. Dabei ist entscheidend, ob das Tier privat zu Hause gehalten wird oder in Pferdepensionen.
Welche Kosten sind in etwa jährlich für Unterstand und Pflege einzuplanen? Die Pferdepensionskosten betragen, so der Fachmann, mindestens 3600 Euro (9600 Euro berlinnah). Für den Hufschmied sind mindestens 300 Euro, bei Hufbeschlag etwa 1400 Euro, einzuplanen. Auch die Kosten für den Tierarzt (Impfungen/Entwurmung) müssen kalkuliert werden und belaufen sich jährlich auf mindestens 500 Euro, können bei Verletzungen aber auch ganz schnell mal 1000 Euro und mehr überschreiten. Die Haftpflichtversicherung wird mit etwa 100 Euro kalkuliert. Zu alledem kommen Kosten für Reitunterricht, Ausrüstung und Ausbildung des Pferdes.
Wird Reiten wieder ein Luxus?
Der Pferdesport insgesamt sei teuer und komplizierter geworden. Peter Fröhlich nennt nur einige Ursachen: „Wie im Allgemeinen sind es die aktuellen Preissteigerungen, insbesondere bei Energie, Futter und Tierarztkosten. Dazu kommen Dürreperioden und damit verbundene Futterknappheit, vornehmlich bei sandigen Grünlandflächen. Personalmangel bei körperlich schwerer Arbeit erschwert Pferdepensionen die Arbeit.“ Hinzu käme die zunehmende Flächenverknappung durch Versiegelung und Bebauung für benötigte Auslaufflächen, um eine artgerechte Pferdehaltung – das Pferd ist ein Herden- und Lauftier – zu gewährleisten.
Weshalb weniger Nennungen für ländliche Turniere?
Werner Jost, langjähriger Chef des Dobraer Reitvereins, kann die Aussagen bestätigen. Sie seien auch an den ländlichen Turnieren absehbar. „Es gibt weniger Nennungen und auch weniger Reiter, die sich dem Leistungsgedanken stellen wollen.“ Jenny Kallinich kann das gut nachvollziehen. Seit 1. Januar 2023 sei es Pflicht, Pferde, die zum Turnier gehen, zweimal jährlich gegen Herpesviren zu impfen. „Die gestiegenen Tierarzthonorare eingerechnet, wieder eine Stange Geld, die eingeplant werden muss. Dazu steigende Spritkosten und Startgebühren sowie Kraftfutter. Das sagen sich manche Turnierreiter inzwischen, dass sie das nicht mehr machen wollen und anstelle dessen nur noch Freizeitreiter bleiben.“
Das NDR-Fernsehen hat kürzlich einen Beitrag mit der Überschrift versehen: Wird Reiten wieder zum Luxussport? Und bei seinem Besuch auf einem Pferdehof gestiegene Kosten für das Futter, die Unterbringung von Pferden, Tierarztbehandlungen und selbst Kinderreitstunden bestätigt bekommen.
Sollten Kinder und Jugendliche an die Eltern mit der Bitte nach einem Pferd herantreten, empfiehlt Jenny Kallinich genau zu überlegen. Es sei besser, erst einmal in einem Verein zu prüfen, ob man sich wirklich dauerhaft um ein Tier kümmern wolle. Zudem müssten dann neben den jährlichen Haltungskosten auch die für einen Reitlehrer eingerechnet werden. In Dobra bilde man zum Beispiel außerhalb einer Voltigiergruppe nicht mehr selbst aus, sondern buche regelmäßig die Fachleute für Reitkurse.