Von Frank Claus

Nach welchem Prinzip werden in Brandenburg Straßen gebaut? Nach dem Motto „Wünsch Dir was?“ oder nach wirtschaftlicher Betrachtung? Eine Antwort findet diese Frage auch nach mehr als 25 Jahren Planungszeitraum in punkto Plessaer B-169-Ortsumfahrung noch nicht. Das ist das Ergebnis des jüngsten Runden Tisches Ortsumfahrungen in Elsterwerda, der sowohl Elsterwerdas Bürgermeisterin Anja Heinrich (CDU) als auch Plessas Amtsdirektor Göran Schrey (parteilos) ratlos machte.

Unterlagen zur Linienbestimmung noch nicht beim Bund.

Wollten sie doch hören, welche nächsten Schritte eingeleitet werden und mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Unterlagen zur Linienbestimmung der Ortsumfahrung Plessa und der beiden Umfahrungen in Elsterwerda immer noch nicht beim Bund eingereicht sind. Das sollte eigentlich bereits Ende 2018 passiert sein.

Plötzlich wieder Nordvariante. Das Problem ist sogar noch größer. Entgegen der Aussagen aus 2017, die die Südumfahrung von Plessa mit Verlegung der Schwarzen Elster als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens als beste Variante ansahen, wird nun die Nordumfahrung wieder favorisiert. „Es ist zum Haareraufen“, sagt Amtsdirektor Göran Schrey, der mit der nun favorisierten Trassenführung die Bürger stärker belastet sieht.

Das verflixte Bauwerk Damm/Straße. Zum Hintergrund: Während das Umweltministerium des Landes Brandenburg im Zuge des B-169-Ausbaus zwischen der Autobahnanschlussstelle Ruhland und Plessa ein Hochwasser-/Straße-Kombinationsbauwerk (Straße auf Damm) als Edelbauwerk ansieht, ist Brandenburgs neuer Straßenplaner, die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), ganz anderer Auffassung. Und weil sich mehr oder minder zaghaft das Verkehrsministerium auf dieses Kombibauwerk einließ, obwohl es auch Auftraggeber für die Deges ist, steht das Ministerium nun zwischen Baum und Borke.

Die GmbH ist gehalten, dem Bund die jeweils kostengünstigste Variante vorzulegen und das sei nach Aussage der Verantwortlichen am Runden Tisch die Nordvariante. Nicht nur, weil die Nordpiste etwa einen Kilometer kürzer ist. Wie der Deges-Vertreter erklärte, würden Hochwasserplaner dichte Dammkörper planen, während Straßenbauer durchlässige Dämme (unter anderem für Kleingetier) favorisieren würden.

Ein Wort zu den Kosten. Während für die Süd-Variante etwa 40 Millionen Euro kalkuliert werden müssten, eine Verlegung der Schwarzen Elster kostet weitere drei Millionen, würde der Bau des Straßenkörpers der Nordvariante 26 Millionen Euro kosten und das trotz zusätzlicher Aufwendungen für die Sanierung von Altbergbaugelände.

In der Südvariante sieht die Deges zudem zahlreiche artenschutzrechtliche Bedenken (Kranichrastplatz, Eingriffe in das Schwarze-Elster-Schutzgebiet, Mehrbeanspruchung von Landwirtschaftsflächen) und höre seltsamerweise diesmal von Umweltbehörden, dass die Situation dort nicht so dramatisch sei.

Thema Ortsnähe und Lärm. Dass die Nordvariante wegen der ortsnäheren Straßenführung Probleme hinsichtlich der Lärmbelastung für die Bürger bringen könnte, räumt der Straßenplaner allerdings ein. Er verweist aber darauf, dass die Linienbestimmung zunächst einen Korridor festlege, der Straßenkörper noch verschoben und zudem Lärmschutzmaßnahmen in Betracht gezogen werden könnten. Die Deges erklärte am Runden Tisch, sehr umfangreich geprüft zu haben. Der Vertreter habe erklärt, dass alle Unterlagen fertig seien und zur Linienbestimmung eingereicht werden könnten. Doch nun solle es noch einmal einen Austausch zwischen Umwelt- und Verkehrsministerium geben. Wieder Zeit, die ins Land geht.

Auch Anja Heinrich und Göran Schrey wollen mit ihren Kommunalvertretern nun noch einmal abwägen. „Wir werden uns in einem gemeinsamen Brief positionieren“, hat Elsterwerdas Bürgermeisterin signalisiert. Ein Blick in die Geschichte belegt den Planungsstand im Jahr 2011. Damals hieß es (siehe Karten):

Ortsumfahrung B 101 Elsterwerda. Hier wird die Variante A 1 favorisiert, da sie die ehemalige Kiesgrube nördlich umgeht. Wie die B-169-Umfahrung würde sie aus Plessa kommend vor Kahla ihren Beginn haben, zwischen Dreska, Biehla und Kraupa verlaufen und schließlich wieder auf die B 101 unweit des jetzigen Abzweiges nach Kraupa treffen. Untersucht worden war auch ein Beginn der Ortsumfahrung zwischen Kahla und Elsterwerda. Das ist unter anderem wegen der angekündigten Hochwasserschutzplanung in diesem Gebiet verworfen worden. Zudem ließe sich die B-101-Umfahrung dort ungünstiger mit der B-169-Umfahrung koordinieren. Ein gemeinsamer Knoten vor Kahla sei besser, da er die Neuzerschneidung von Landschaftsgebieten minimiere.

Ortsumfahrung B 169 Elsterwerda. Die Vorzugstrasse ist die Variante C 2, die ebenfalls vor Kahla beginnt, an Krauschütz vorbeiführt und in etwa der Höhe des Autohandels bei Prösen wieder auf die B 169 trifft.

Ortsumfahrung B 169 Plessa. Die Trassierung der künftigen Ortsumfahrung Plessa bereitete das meiste Kopfzerbrechen, da einerseits schwer zu kalkulierende Sanierungsaufwendungen im Altbergbaugebiet nördlich von Plessa und andererseits Hochwasserschutzplanungen an der Elster zu beachten seien. Zudem sind beide Trassen wegen ihrer Artenschutzproblematik konfliktbehaftet. Die Landesplanungsabteilung hat sich nach Abwägung für die gering voneinander abweichenden Vorzugsvarianten B 4 und B 5 entschieden. Die räumlich alternativlose Neuausrichtung der Hochwasserschutzplanung könnte in Einklang mit dem beabsichtigten Straßenneubau gebracht werden.

Den Ausschlag für B 4 und B 5 ergab außerdem, dass für B 1 und B 2 völlig neue, auch schwer mit den Ortsumfahrungen von Elsterwerda in Einklang zu bringende Trassenverläufe geschaffen werden müssten. Bei der Variante B 3 würden Teile von Wohnbebauungen in Anspruch genommen.