Sie brauchen keinen Personenschutz bei ihrem Gipfel! Kasperfiguren aus Deutschland empfangen ihre Spielgefährten Pulcinella aus Italien, Polichinelle aus Frankreich und den Punch aus Großbritannien. Zu ihrem „Kaspergipfel“, der am Freitag mit einem wissenschaftlichen Symposium eingeleitet wird, wird das Mitteldeutsche Marionettentheatermuseum in Bad Liebenwerda auch nicht großräumig abgesperrt. Im Gegenteil, die Fans des Puppenspiels erwarten offene Türen.
Protokollführer/in sind mit Babette Weber, Leiterin des Museumsverbundes Elbe-Elster, und Ralf Uschner, wissenschaftlicher Mitarbeiter und ausgewiesener Puppenspiel-Experte, eine Frau und ein Mann, die mit vielen Partnern Enormes für die Bewahrung des Puppenspiels im Elbe-Elster-Land geleistet haben. Rückendeckung bekommen sie für ihr Treiben von ganz oben – von Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD).
Dass es nun erstmals so einen großen Kasper-Bahnhof in Bad Liebenwerda gibt, hat einen besonderen Anlass. Gefeiert wird die Aufnahme ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Deutschen Kulturerbes.
Der Kaspergipfel, so Babette Weber, soll zu den Ursprüngen des Kasperspiels zurückführen und begrüßt deshalb europäische Meister dieser Spielweise. Wie hoch angebunden der Gipfel ist, verrät ein Blick auf die Teilnehmerliste des wissenschaftlichen Symposiums. Mit ihrer zumeist ersten Garde in diesem Fachgebiet vertreten sein werden die Universität Graz (Österreich), die Puppentheatersammlung und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die Lübbecker Puppentheatersammlung, das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst aus Bochum, die deutsche Unesco-Kommission sowie namhafte Puppenspieler wie Peter Waschinsky aus Berlin und Jens Welsch aus Norddeutschland, der seit Jahrzehnten die Geschichte des Hohnsteiner Kaspers dokumentiert.
Mit ihrem Figurentheater reist Conny Fritzsche aus Dresden an. Sie ist Stammgast des Internationalen Puppentheaterfestivals in Elbe-Elster. In dritter Generation betreibt Jacob Simon aus Halle mit seinen Handpuppen ein Jahrmarkt-Kaspertheater.
Hochkarätig sind die internationalen Gäste. Bruno Leone aus Neapel (Italien) widmete sich als Pulcinella-Spieler bereits in den 1970er Jahren der neapolititanischen Straßentradition des Pulcinella-Spiels. Er wurde zu einem wichtigen Vertreter dieses Spielprinzips. Paolo Comentale aus Bari (Italien) ist Pulcinella-Spieler seit über 40 Jahren. Er begründete 1988 in der apulischen Hauptstadt Bari das Theater Casa di Pulcinella, ist dort künstlerischer Leiter und Spieler sowie für seine fachwissenschaftlichen Forschungen bekannt.
Philippe Casidanus aus Paris (Frankreich) ist Polichinelle-Spieler. Er begründete 1987 in Paris das Marionettentheater im Parc Georges Brassens und steht in der Tradition des burlesken Puppenspiels.
Prof. Garry Wilson aus Dorchester (Großbritannien) steht für das traditionelle Punch und Judy-Spiel. Ralf Uschner ist sich sicher: „Die Puppenspielszene schaut am Wochenende nach Bad Liebenwerda.“
Nicht ohne Grund wird das Kasperspiel im Elbe-Elster-Land gehütet und mit einem Kaspergipfel gewürdigt: Von hier zogen die mitteldeutschen Wandermarionettenspieler vor 250 Jahren ins Land, ab etwa 1800 auch begleitet vom Kasper. Das neugestaltete Marionettentheatermuseum legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab.
Das Drehbuch des Wochenendes ist nah dran an den geschichtlichen Wurzeln. Die Puppenspieler kommen am Sonnabend und Sonntag an einem Originalschauplatz, in einem Dorfgasthof im Elbe-Elster-Land, zusammen und zeigen ihr Puppenspiel: Der Saal der Gaststätte „Drei Linden“ in Kröbeln verwandelt sich in einen kleinen Jahrmarkt, auf dem Kasper, Punch, Pulcinella und Polichinelle mit rasantem Spiel das Publikum begeistern wollen. Dazu gibt es Musik und Tanz.
Aus dem Programm des Kasper-Wochenendes
30. September, 9.30 Uhr Museum Bad Liebenwerda: Kasper-Symposium – Fachvorträge rund um den Kasper; Eintritt 4 Euro
1. Oktober, 11 und 15 Uhr: Gasthof „Drei Linden“ Kröbeln: Kasperspiel mit Puppenspielern aus Italien, Frankreich, England und Deutschland; Eintritt 7, ermäßigt 5 Euro
19 Uhr: „Des Doctor Pandolfo’s Begräbnis und Wiederauferstehung“, Marionettenspiel nach August Mahlmann (1771 – 1826), gespielt von Jakob Simon (Halle). Mit einem einleitenden Vortrag über den Puppenspieler Frieder Simon. Davor und danach Country, Rock’n’roll und Blues von „The Marvellous Magpies“ (Finsterwalde) zum Tanzen und Hören.
Für Erwachsene. Eintritt 15, ermäßigt 12 Euro.
2. Oktober, 15 Uhr, Gasthof „Drei Linden“ Kröbeln: Auch das noch! Ein Jubiläumsstück zum 100. Geburtstag der Hohnsteiner Puppenspieler (Familienvorstellung mit dem Tom Kyle Puppentheater, Peter-Michael Krohn, Kiel), Eintritt 7, ermäßigt 5 Euro.
Informieren Sie sich zum Kombiticket unter Tel. 035341 12455 oder Mail [email protected]!