Mehr geht fast nicht. Die Restauratoren Evelin Waldmann und Ralph Schirrwagen aus Nexdorf haben schon in zahlreichen Kirchen und Schlössern sichtbare Spuren hinterlassen. Ihr aktueller Auftrag dürfte zumindest hinsichtlich der überregionalen Bedeutung alles Vorherige in den Schatten stellen. Sie legen Teile des Pergamonaltars in Berlin frei von älteren Restaurationsanstrichen.

Von Gröden nach Berlin

„Man arbeitet schließlich nicht alle Tage am UNESCO-Weltkulturerbe“, resümiert Ralph Schirrwagen. Dieser Auftrag sei schon etwas Besonderes. Zuletzt hatte er federführend dem Kircheninneren in Gröden zu altem Farbenglanz verholfen. Vom Ergebnis der aktuellen Arbeit der von Evelin Waldmann und Ralph Schirrwagen als Hauptauftragnehmer zusammengestellten Mannschaft aus Restauratoren mit dem Spezialgebiet Stein und Farbfassung seien die Betreuer vom Auftraggeber Bundesamt für Bauen und Raumordnung sowie begleitende Restauratoren begeistert. Es geht auch um was: Denn die Museumsinsel mit dem Pergamonmuseum und dem darin stehenden Altar sind seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe.

Seit 2014 und wohl noch bis zum Jahr 2024 (ursprünglich 2019) wird das Pergamonmuseum umfassend um- und ausgebaut, damit die historischen Ausgrabungsschätze künftig noch eindrucksvoller präsentiert werden können. Die Kosten sind – wie bei so manch einem Berliner oder Brandenburger Projekt – explodiert: von 261 auf nicht mehr weit entfernte 500 Millionen Euro.

Ohne Referenzen läuft nichts

Um sich für den einen speziellen Auftrag zu empfehlen, mussten für alle Restauratoren des Teams mit Fachleuten unter anderem aus Elbe-Elster, Berlin und der Uckermark aussagekräftige Referenzen in die Waagschale geworfen werden. Bei Ralph Schirrwagen waren es zum Beispiel Schloss Finsterwalde und Schloss Doberlug, das Rathaus in Luckau und die Fassade der Probstei in Mühlberg. Evelin Waldmann kann neben anderem auf das Schloss Martinskirchen und auf die restaurierte Christusfigur mit Triumphkreuz der Nikolaikirche zu Berlin verweisen.

Die umfangreichen Arbeiten im und am Pergamonmuseum erfolgen unter hohen Sicherheitsauflagen, denen Mensch, Fahrzeug und Material unterliegen. Vibrationen, Erschütterungen und viele andere schädliche Einflüsse sind möglichst zu vermeiden, um den wertvollen Altar, der schon einiges „erlebt“ hat, zu schützen. Dies werde durch technische und herkömmliche Methoden peinlich genau überwacht. Dazu gehören Rissmarken über den Fugen von Reliefplatten, Bewegungssensoren und eine staubdichte Einhausung, die auch herabfallenden Gegenständen standhält.

Großer Aufwand wird getrieben

Weil die Restauratoren mit Material arbeiten, das ausdünstet, mussten auch zum Schutz der Mitarbeiter Absaug- und Raumluftreinigungsanlagen mit Aktivkohlefilter angeschafft werden. Zusätzlich wurde die Raumluft extern überprüft, ob die Belastung die Grenzwerte tatsächlich wie vorgeschrieben unterschreitet. Der Aufwand sei enorm.

„Wir arbeiten nicht am Figurenfries, sondern an der Architektur des Pergamonaltars“, erläutert Ralph Schirrwagen. Durch den teilweisen Rückbau, den Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau seien Schäden entstanden. Es wurde gespachtelt, geglättet, geschliffen und gestrichen. „Das Erscheinungsbild wurde verändert. Aus heutiger Sicht geht dies besser“, sagt der Restaurator.

Auf der einen Seite gebe es den originalen Marmor, der lediglich Patina angesetzt habe, und auf der anderen Seite hervorragend gearbeiteten Kunststein. Dieser sei mehrfach gestrichen worden. Dadurch wurde die stein-optische Oberfläche abgedeckt, gewissermaßen „getötet“, wie der Fachmann sagt, und war damit nicht mehr erlebbar. Diese Oberfläche ist nun auf etwa 1000 Quadratmetern Fläche wieder sichtbar zu machen. Dafür sei von einer anderen Restauratorin eine ätzende, nicht tropfende Paste entwickelt worden, die auf den – laut Ralph Schirrwagen – einst „grandios gemachten Kunststein“ aufgetragen wird. Das dann sichtbare Ergebnis sei gelungen. „Auf der Oberfläche herrscht wieder Leben. Da ist eine gewisse Tiefe drin“, schwärmt der verantwortliche Restaurator für dieses Teilprojekt.

Für die Fachleute spiele es kaum eine Rolle, ob sie an den etwa 2200 Jahre alten Originalteilen des Pergamonaltars oder an den späteren Nachbauteilen aus Kunststein arbeiten. Es werde genauso respektvoll und akribisch vorgegangen.

Pergamonaltar als sehenswertes Panorama

Wer das Pergamonmuseum und den Altar noch vor der voraussichtlichen Eröffnung in fünf Jahren sehen möchte, dem empfiehlt Ralph Schirrwagen das gegenüberliegende Pergamon-Panorama. Auf dem 30 Meter hohen Rundbild mit einem Umfang von 104 Metern hat der Künstler Yadegar Asisi Szenen des Alltags in der damals etwa 40 000 Einwohner zählenden Stadt Pergamon (heute Türkei) nachgestellt. Darin eingebettet ist der Pergamonaltar. Neben dem 360-Grad-Panorama werden in dem Interimsbau ein restaurierter Fries aus dem Altar und Skulpturen aus der antiken Stadt gezeigt. „Das alles ist sehenswert. Ich kann es nur dringend empfehlen“, zeigt sich Restaurator Ralph Schirrwagen begeistert.

Vor einem geplanten Besuch, so wird empfohlen, sollte die Verfügbarkeit von Eintrittskarten für das Panorama online geprüft werden. Denn der Andrang von Touristen aus aller Welt sei groß.