Von Marion Hirche

Willi Barthold aus Cottbus und seine Amerikanerin Emily haben sich getraut. Im Mai hat sich das junge Paar in Richmond (Virginia), wo Emily aufgewachsen ist, das Ja-Wort gegeben. Zurzeit sind die beiden, die sich beim Germanistik-Studium  an der Georgetown Universität in Washington kennengelernt hatten und jetzt auch in der Hauptstadt leben, zu Besuch in Cottbus und haben mit der RUNDSCHAU über die durchaus besondere Trauung geplaudert.

Ja-Wort im historischen Einwandererviertel

Die Eheschließung nach amerikanischer Tradition fand zum einen am einem besonderen Ort statt. So gaben sich Willi und Emily  im Henricus Historical Park das Ja-Wort. Dort habe sich früher eine Einwanderersiedlung befunden. „Außerdem ähneln die Natur und die schilfgedeckten Häuser hier sehr dem Spreewald“, erklärt Willi Barthold, der am Niedersorbischen Gymnasium sein Abitur gemacht hat, die Ortswahl. Auch die kleine Kirche trage einen „Schilfhut“.

Lübbenauer Hochzeitskleid

Außergewöhnlich auch das Hochzeitskleid: Emily trug ein von der Lübbenauer Modedesignerin Sarah Gwiszcz kreiertes und gearbeitetes Hochzeitskleid im wendischen Stil inklusive Haube. Als sie später Schultertuch und Rock ablegen konnte, kam ein wunderschönes blaues, mit Libellenstoffeinsatz versehenes, sorbisch-modernes Festkleid zum Vorschein. Am Anzugrevers von Willi steckte ein wendisches Sträußchen, er trug zudem Zylinder. Ebenfalls die vier Trauzeugen – Sarah und Lucas aus Deutschland und Leo und Doria aus den USA – trugen Stücke von Sarah Gwiszcz.

Die Trau-Zeremonie wurde in deutscher und englischer Sprache gehalten, Trauzeuge Lucas ließ später auch das Wendische einfließen. Die Hinweisschilder waren dreisprachig. Im Tischschmuck wurden sorbische Ostereier verarbeitet. Emily hatte für ihren Willi ein besonderes Hochzeitsgeschenk: Sie selbst hatte als Glücksbringer gekreuzte Schlangenköpfe aus Holz gesägt. Einer der Feier-Höhepunkte war die Annemariepolka, die, gut erklärt, dann von allen Gästen mit großer Freude getanzt wurde. Alle labten sich an einem typischen Südstaaten–Büfett mit Barbecue­spezialitäten und Stampfkartoffeln. Beim dritten Feier-Tag, der Familie und engsten Freunden vorbehalten war und im Haus von Emilys Eltern stattfand, kredenzte die Brautmutter beim Brunch ganz stolz deutsches Brot, das sie in einem kürzlich in Richmond eröffneten deutschen Supermarkt erworben hatte.

Eltern in Cottbus lernen Englisch

Für die Cottbuser Familie von Willi war die Hochzeit schon allein wegen der Reise ein unvergessliches Erlebnis. Mutter Annett Barthold hatte eigens mit einem Privatlehrer Englisch gelernt. Vater Wolfgang hatte sich seine Schulenglischkenntnisse und aus der Musik bekannten Begriffe zurechtgelegt. Die Großeltern waren wegen ihrer ersten Flugreise aufgeregt.

Dabei wurden ihre Nerven schon auf dem Weg zum Flughafen auf die Probe gestellt. Kurz vor Schönefeld hatte ihr Auto einen Platten. Eine Autofahrerin, die das aufgeregte Cottbuser Quartett bemerkte, bot spontan Hilfe an und brachte  die Frauen und die Koffer zum Flughafen. „Ich war platt, dass es so viel Hilfsbereitschaft noch gibt“, erinnert sich Annett Barthold. Die Männer kamen nach dem Abschleppen des Autos dank der Unterstützung des Abschleppunternehmens noch rechtzeitig an, das Einchecken hatte da schon begonnen. Derweil hatte Bräutigam Willi in Washington ebenfalls Schweißperlen auf der Stirn: „Ich habe die Nachricht von den Eltern bekommen und hatte Angst, dass sie den Flieger verpassen. Aber es ist ja gut gegangen“.

In Washington wohnten die Bartholds auch der Verleihung der Doktorwürde an ihre zukünftige Schwiegertochter bei. Voraussichtlich im nächsten Jahr wollen Bartholds erneut nach Washington fliegen. Dann bekommt ihr Sohn feierlich den Doktorhut aufgesetzt. In den nächsten Wochen will der 25-jährige Willi seine Doktorarbeit fertigstellen.