Auch in der Lausitz werden in bestimmten Bereichen der Wirtschaft schon Experten gesucht. Eine junge Arbeitsvermittlerin kümmert sich im Auftrag der Arbeitsagentur Cottbus um Polen für den Lausitzer Arbeitsmarkt. Die RUNDSCHAU sprach mit Aleksandra Drückler.

Frau Drückler, Sie vermitteln Polen in den Lausitzer Arbeitsmarkt. Was sind das für Leute, die sich bei Ihnen melden?

Drückler Bei uns bewerben sich Polen, die aus dem Grenzgebiet kommen und die bewusst in der Nähe arbeiten wollen. Meist sind es Leute, die gute Qualifikationen mitbringen, aber nur englisch sprechen.

War nicht immer Großbritannien das Wunschziel der Polen?

Drückler Nicht mehr. Viele Polen merken, dass die Wirtschaft dort nachlässt. Das ist nicht erst so, seit der Brexit Thema geworden ist. Trotzdem haben viele den Wunsch, im Ausland zu arbeiten, um besseres Geld zu verdienen. Da ist die Lausitz fast die erste Adresse, denn dafür müssen die Leute manchmal gar nicht umziehen. Die Leute suchen Jobs, für die sie nicht so weit fahren müssen. Das lässt sich territorial gut eingrenzen. Viele sind bereit, bis nach Cottbus zu pendeln – weiter aber nicht.

Oder sie finden zu Hause gute Jobs, die es früher so nicht gab.

Drückler Das kommt hinzu. In Polen hat die Wirtschaft angezogen, sogar Fachkräftemangel ist in einigen Regionen schon ein Thema. Die möchten nicht so gern ihre qualifizierten Fachkräfte nach Deutschland abgeben. Man befindet sich da schon in einer Konkurrenz, wenn man um die Leute wirbt.

Ist Deutschland nicht mehr so attraktiv für polnische Arbeitskräfte?

Drückler Doch, schon. Aber das größte Hindernis ist die Sprache. Die meisten Bewerber aus Polen, die bei mir nach einem Job fragen, brauchen Sprachkenntnisse. Bei einer einfachen Helfertätigkeit ist das nicht unbedingt erforderlich. Bei uns in der Region kann man nicht mit ausschließlich Englisch eine Arbeit aufnehmen. Englisch ist in vielen Lausitzer Firmen keine Umgangssprache und reicht nicht für die Kommunikation im Arbeitsalltag. Viele bewerben sich auf Jobs in der Verpackung oder Kommissionierung. Staplerfahrer sind auch viele darunter. Aber in letzter Zeit haben wir dafür nicht mehr unbedingt genug Stellen. Wir suchen eher nach Fachkräften.

Welche Fachkräfte konkret?

Drückler Am meisten nachgefragt werden Elektriker und Schweißer. Auch Kfz-Mechaniker, Lagerarbeiter. Die einfachen Helfertätigkeiten spielen trotzdem eine Rolle. Es gibt hier ein paar Zeitarbeitsfirmen, die immer Helfer brauchen. Gelegentlich kommen auch Bewerber mit Hochschulabschluss, wie Ingenieure für Transport oder Maschinenbau.

Sie vermitteln seit zehn Jahren Jobs. Hat sich in dieser Zeit die Nachfrage verschoben?

Drückler Ich betreue seit zehn Jahren die gleichen Branchen. Ich vermittle Leute ins Baugewerbe und als Kraftfahrer. Da lassen sich schon Veränderungen erkennen. Früher haben manche Bewerber den ganzen Winter bei mir verbracht, weil die Firmen sie nur saisonal brauchten und im Winter wieder entlassen haben. Das ist heute seltener geworden.

Worauf führen Sie das zurück?

Drückler Ich denke, das ist ein verändertes Bewusstsein bei den Arbeitgebern. Es ist zunehmend schwerer, gute Leute zu finden. Wer also jemanden hat, mit dem er gut arbeiten kann, der behält ihn möglichst lange. Wenn ich also einen Kunden, der bei mir Arbeit sucht, längere Zeit nicht sehe, dann ist das ein gutes Zeichen.

Hat das auch mit der Größe der Firma zu tun, ob man da mit Englisch zurande kommen kann?

Drückler In einfachen Tätigkeiten sind die Arbeitnehmer oft in Trupps unterwegs, da kann man sicher ohne Deutsch gute Arbeit machen. Es geht dann eher darum, ob man nach Feierabend mit den deutschen Kollegen beim Bier reden kann. Gerade in kleinen Familienunternehmen legt der Chef Wert darauf, dass er sich mit seinen Leuten unterhalten kann. Da wird die Frage der Sprachkenntnisse höher angesetzt. Wo in kleineren Teams gearbeitet wird, kommt es viel mehr darauf an, dass das menschliche Miteinander klappt.

Stellen die Lausitzer Firmen zu hohe Anforderungen bei der Sprache?

Drückler Die Firmen, mit denen ich zu tun habe, erwarten die deutsche Sprache auf sehr hohem Niveau. Teilweise ist das auch verständlich. Gerade, wenn es sich um Tätigkeiten mit Kundenumgang handelt. Da gehört es einfach zur Qualifikation eines Mitarbeiters, dass er sich sprachlich sicher bewegen kann. Ich kann auch verstehen, dass eine Firma, die einen Elektriker sucht, fließendes Deutsch verlangt. Oder der Busfahrer, der die Oma fragen muss, wohin sie fahren will.

Sind die Anforderungen gestiegen?

Drückler Ja, eindeutig. In Stellenausschreibungen wird immer konkreter formuliert, dass man sehr gutes Sprachniveau fordert. Das hat für die polnischen Arbeitnehmer zusätzlich den Druck erhöht. Und für uns ist es ein Problem: Das wirkt geradezu abschreckend. Einige lassen es dann lieber, sich zu bewerben.

Führt das zu Engpässen?

Drückler Es gibt Fälle, da ist es wirklich sehr schade. Es kommen Leute, die originelle Qualifikationen mitbringen für Berufe, die es so bei uns nicht mehr gibt. Näher zum Beispiel oder Polsterer. Diese Leute sind aber oft nicht vermittelbar, weil sie selten genug deutsch sprechen. Andererseits ist die Bereitschaft zum Dazulernen auch da. Die Volkshochschulen in Guben und Forst bieten extra für Polen Deutschkurse an. Die sind gut nachgefragt.

Mit Aleksandra Drückler
sprach Christine Keilholz