Norbert Sack leitet eine eigene Agentur im Wissenschaftsbereich und gilt als einer der führenden Experten zum Thema Leadership (Führung) in akademischen Einrichtungen wie Hochschulen und Forschungszentren. Gleich zu Anfang des Gesprächs ist es ihm wichtig zu betonen, dass er nicht das konkrete Verfahren der Präsidentensuche an der BTU Cottbus-Senftenberg kommentieren kann und will. Wir sprechen daher über allgemeine Trends und Anforderungen.

Herr Sack, was halten Sie von der an vielen Unis geübten Praxis, extern dominierte Findungs-Gremien mit der Suche nach neuen Präsidenten zu betrauen?

Norbert Sack: Aus meiner Erfahrung können die besten Ergebnisse erzielt werden, wenn die Findungs-Gremien sowohl externe wie auch universitätsinterne Perspektiven abbilden. Beide sind wichtig, und durch diese Diversität entstehen in den Findungsverfahren neue, relevante Erkenntnisse.

Wie wichtig ist aus ihrer Sicht die Person eines Präsidenten/Präsidentin für die Zukunftsfähigkeit einer Universität?

Norbert Sack: Langfristig wird die Zukunftsfähigkeit einer Universität natürlich durch die Qualität und Motivation aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Universität gesichert. Aber kurz- und mittelfristig kann eine kompetente Präsidentin oder ein kompetenter Rektor, gemeinsam mit den anderen wichtigen Akteuren in einer Universität tatsächlich einen positiven Unterschied machen.

Welches Anforderungsprofil ist aus Ihrer Sicht auf dem Präsidentenstuhl einer zeitgemäßen Uni „besser“ platziert: Ein ausgewiesener Hochschulmanager oder doch lieber ein hoch dekorierter Spitzenforscher mit einem international klangvollen Namen?

Norbert Sack: Für eine Forschungsuniversität ist es die Kombination aus beidem: Es ist sowohl eine ausgewiesene Erfahrung in Forschung und Lehre nötig. Das ist nicht zuletzt wichtig, um intern die notwendige Akzeptanz und Anerkennung zu finden. Der Präsident oder Rektor einer Hochschuleinrichtung braucht aber gleichzeitig auch die nachgewiesene Fähigkeit zur Führung.

Wie sähe aus Ihrer Sicht ein ideales Zusammenspiel/Kräfteverhältnis zwischen Präsident, Wissenschaftlichem Senat und Kanzler einer Uni aus? Welche Rollen müssen die Beteiligten spielen?

Norbert Sack: Die Strukturen in einer Universität sind komplex, dies stellt besondere Anforderungen an alle Akteure, die die Hochschule mitführen und voranbringen. In unseren derzeitigen Governance-Strukturen sollte es einen Aufgabenverteilungsplan im Präsidium geben. Ohne eine enge Abstimmung und Kollaboration zwischen Präsidium und Senat, auch durch informelle Kommunikation, kann eine Universität nicht entwickelt werden.

Wo sehen Sie die größten Vorteile für Forschung und Lehre an einer modern gemanagten Universität? Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Schnittstellen für die Zusammenarbeit?

Norbert Sack: Eine moderne Universität muss den Spagat zwischen selektiver Spitzenforschung und qualitativ guter Breite erfolgreich balancieren. Nur so kann die dem Humboldt’schen Ideal verpflichtete Synergie aus Forschung und Lehre entstehen.

Zur Person

Norbert Sack ist einer der führenden Experten zum Thema Leadership in akademischen Einrichtungen wie Hochschulen und Forschungszentren. Er betreute viele Besetzungsverfahren bei der Helmholtz-Gemeinschaft, führte ein Leadership Entwicklungsprogramm für zukünftige Führungskräfte bei Fraunhofer gesellschaft durch und arbeitete an zahlreichen Besetzungsverfahren bei Rektoren-/Präsidenten-Suchverfahren an Hochschulen mit.

Nachdem er selbst in einer Führungsrolle an der European School of Management and Technology (ESMT) tätig war, gründete er kürzlich eine auf den Wissenschaftsbereich spezialisierte Beratung, Leadership Advisors for Academia.

In seinem aktuellen Buch „Wissenschaftsleadership“ beschäftigt sich Norbert Sack mit der Zukunft der Führung von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.