Cottbus (hil/wr) Wolfgang Bialas war verwundert, als vor einigen Tagen ein seltsames Flugblatt in seinem Briefkasten landete. Hallo liebe Nachbarn in der östlichen Spremberger Vorstadt, lautete die Anrede. Angeblich, so die Autoren, ging es ihnen darum, eine Plattform zu schaffen, um schnell und unkompliziert mit seinen Nachbarn in Verbindung zu treten.
Doch warum soll ich mich dafür mit einem komplizierten Verfahren im Internet anmelden?, fragt Bialas. Mit meinen Nachbarn kann ich doch einfach von Angesicht zu Angesicht sprechen. Er vermutet, dass sich hinter der Aktion Datensammler verbergen oder auch Kriminelle, die möglicherweise leere Wohnungen ausspähen wollen.
Ähnliches vermutet auch Heiko Sander aus Sachsendorf. Er hat ebenfalls einen Zettel in seinem Briefkasten gefunden, der für die Internetseite wirbt. Ich finde das ziemlich dubios, sagt er. Wahrscheinlich will hier nur wieder jemand persönliche Daten von Leuten sammeln, die leichtgläubig sind. Auch seine Eltern erhielten ein solches Schreiben, wie er berichtet. Ich habe ihnen geraten, nicht darauf einzugehen.
Netzwerk nebenan.de hinter der Cottbuser Aktion
Ein Blick ins Internet liefert zunächst folgende Informationen: Das Netzwerk nebenan.de sei eine Plattform der Good Hood GmbH, Berlin, die Dienstleistungen zu Aufbau und Förderung von sogenannten Nachbarschaften anbietet.
Einen Nutzer-Account erhält man nur in der (nachgewiesenen) eigenen Nachbarschaft; nur mit dieser und angrenzenden Nachbarschaften kann man in Kontakt treten.
Das Netzwerk wurde von einem sechsköpfigen Gründerteam aufgebaut und Ende 2015 in Betrieb genommen. Es finanziert sich nach Eigenauskunft über Werbeanzeigen.
Im Internet finden sich allerdings auch kritische Hinweise. So hat die Verbraucherzentrale Hannover 2017 davor gewarnt, dass nebenan.de zwar kein Geld koste, aber zu einem Dienst werden könne, bei dem man mit seinen Daten bezahlt.
Polizeibehörden bei nebenan.de skeptisch
Auch Polizeibehörden in mehreren Bundesländern sind skeptisch. Riskant sei vor allem die Beantwortung von Fragen nach dem Familienstand (alleinstehend), nach bevorzugten Urlaubszielen oder Freizeitaktivitäten (Ich jogge jeden Mittwochabend).
Die Cottbuser Polizei hat bisher keine Erkenntnisse über mögliche kriminelle Hintergründe der Plattform. Jeder muss selbst entscheiden, wo er sich anmeldet und welche Internetdienste er in Anspruch nimmt, sagt Polizeisprecher Torsten Wendt. Für Menschen wie Heiko Sander und Wolfgang Bialas ist die Entscheidung bereits gefallen.
Nebenan.de hat nach eigenen Angaben in Cottbus dennoch bereits tausend eingetragene Nutzer, die Gesellschaft suchen, Unterstützung im Alltag oder einfach einen Katzensitter.