Nach der Zusammenlegung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus und der Fachhochschule Lausitz sinken die Zahl der neuen Studierenden. Bis 2021. Dann kehrt sich der Trend um. Welche Punkte für ein Studium an der BTU sprechen und woran Studierende deutliche Kritik üben.
Derzeit studieren 6.800 Personen an den drei Standorten der Universität. Ein Großteil von Ihnen aus dem Ausland.

Pro 1: die Internationalität der BTU Cottbus

Knapp 40 Prozent der Eingeschriebenen sind internationale Studierende. Junge Menschen aus 125 Nationen studieren an der Einrichtung. Am häufigsten vertreten sind Indien, der Iran und die Ukraine. Der Anteil von Frauen liegt unter den internationalen Studierenden bei 43 Prozent. Auch die andere Richtung hält für die Studierenden zahlreiche Optionen bereit: Das International Relations Office der Universität bietet rund 250 Studienplätze an 100 europäischen Partnerhochschulen über das Austauschprogramm „Erasmus+“.
Internationale Studienmöglichkeiten außerhalb der europäischen Grenzen bietet das hauseigene Programm „Studexa“. Eine Kostprobe der Ziele: Australien, Brasilien, Chile, Kamerun, Namibia oder Taiwan. Summer Schools und weitere Optionen, die zum Teil mit Stipendien des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) gefördert werden können, ergänzen das Ensemble.

Pro 2: Genügend Zeit für die Betreuung der Studierenden

Im CHE-Ranking, nach eigenen Angaben das umfassendste Ranking für Studiengänge deutscher Universitäten und Fachhochschulen, punktet die Universität mit einem guten Betreuungsschlüssel. Ein Beispiel: Im Fach Wirtschaftsingenieurwesen schneidet die BTU mit 15 von 16 möglichen Punkten in der Kategorie „Unterstützung zum Studienanfang“ ab. Die Betreuung durch Lehrende wird mit 4,3 von fünf Sternen bewertet. Das macht den Austausch persönlicher, das Studienumfeld familiärer.
Ein rappelvoller Hörsaal der BTU Cottbus: Der Betreuungsschlüssel ist dennoch gut.
Ein rappelvoller Hörsaal der BTU Cottbus: Der Betreuungsschlüssel ist dennoch gut.
© Foto: Jan Siegel
„Mentor*innen, zum Beispiel akademische Mitarbeiter*innen, aber auch Professor*innen, stehen den Studierenden immer zur Seite stehen“, so BTU-Sprecher Ralf-Peter Witzmann zum letzten Ranking der Studiengänge Maschinenbau und Elektrotechnik. „Konkrete Unterstützung erfolgt zum Beispiel im Rahmen der Studienorganisation und beim Zusammenstellen sinnvoller Modulkombinationen.“

Pro 3: Geringe Lebenshaltungskosten für viel Campusleben

Der Vorteil eines Studiums abseits der Hauptstadt: die geringe Miete. In Cottbus kostet ein Zimmer im Studierendenwohnheim im Durchschnitt 158 bis 385 Euro pro Monat. Bei der jüngsten Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks liegen die Lebenshaltungskosten in Cottbus für Miete, Nahrungsmittel, Krankenversicherung, Kleidung und Freizeit bei rund 610 bis 930 Euro. Im Vergleich zu durchschnittlich 450 Euro für ein WG-Zimmer in Berlin oder 314 Euro in Potsdam ein Schnäppchen.
Dazu winkt ein reges Studierendenleben: Neben dem Studi-Theater „Bühne 8“, den Studierendenclubs „Quasimono“ und „Muggefug“ gibt es Angebote im Hochschulsport, beim Campus TV oder auch das UniKino, soziale Initiativen und Vereine, die bereits zu arbeitsnahen Kontexten forschen, zum Beispiel den Lausitzer Biontech e. V. oder „jalta.consultants“, eine studentische Unternehmensberatung.

Contra 1: mangelnde Studienorganisation an der BTU

Eine Kritik von Studierenden, die sich quer durch alle Fakultäten zieht, ist die chaotische Organisation des Lehrbetriebs. „Niemand scheint für etwas zuständig zu sein, wenn man Fragen zum Organisatorischen hat“, heißt es von Hannah, die Soziale Arbeit an der BTU studiert, auf dem Online-Portal „Studycheck“. Dort können Studierende ihre Studiengänge und Hochschulen bewerten.
Die Planung des Lehrpersonals kommt nicht gut weg. Da heißt es: „nicht immer ganz durchdacht“, „manchmal weiß die linke Hand nicht, was die rechte Hand macht“ und „Die Kooperationspartner für unsere praktischen Einsätze wissen leider nicht viel von Studium“. Ein Problem, das neben der BTU aber auch zahlreiche andere Universitäten trifft, und nicht zuletzt von der jeweiligen Fakultät abhängt.

Contra 2: In der Filterblase der Universität

Das Studium an der BTU verzahnt Unternehmen und andere Praxispartner mit der Theorie. Doch nachhaltig davon profitieren die ehemaligen Studierenden nicht immer. Zu wenige Seminarinhalte könnten unmittelbar in der Praxis angewendet werden, so Studierende bei Studycheck. Trotz vielfältigem Kulturleben bleiben Studierende und Stadtgesellschaft jeweils unter sich. Überschneidungen gebe es nur selten.
Dass die Lausitz für viele darüber hinaus nicht unbedingt zum langfristigen Lebensmittelpunkt taugt, bestätigen die jüngsten Ergebnisse des Lausitz Monitors: Am wenigsten zufrieden sind die Menschen in der Lausitz mit der hiesigen Arbeitsmarktsituation. Nur für 34 Prozent der Befragten werden hier attraktive Löhne gezahlt, lediglich 43 Prozent der Umfrageteilnehmenden geben an, dass es vor Ort attraktive Arbeitgeber gibt.

Contra 3: (K)eine klare Kante nach rechts in Cottbus?

Öffentlich bezieht die BTU Cottbus gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung jedweder Art Stellung. In einer Stadt mit laut brandenburgischem Verfassungsschutz toxischen Mischszene von Kampfsportlern, Hassmusikern, Neonazis, rechten Bekleidungslabels, Rockern und ähnlichen Akteuren bitter nötig.
Für Stirnrunzeln hat im Juli 2022 jedoch ein ehemaliges Mitglied des Fördervereins der BTU gesorgt. Der Cottbuser Unternehmer Rene Markgraf wurde vor die Wahl gestellt, sich von einem Bürgermeister-Kandidaten in Senftenberg zu distanzieren oder den Förderverein zu verlassen. Es geht um den Senftenberger Architekten Matthias Stein (SFB), dem öffentlich eine rechtsextremistische Gesinnung unterstellt worden ist.
Anlass dazu geben seine zu dem Zeitpunkt vorhandene Mitgliedschaft in der AfD, die in Brandenburg als rechtsextremistischer Verdachtsfall gilt. Stein hat zudem bestätigt, in der Telegram-Gruppe „Cottbus Widerstand“ aktiv gewesen zu sein. Dort habe er sich aber wie auch aus der AfD verabschiedet. Laut dem Studierendenparlament der BTU habe er unter anderem die Schwarze Sonne im Messenger-Dienst genutzt und sich gegen eine drohende Überfremdung des Landes ausgesprochen.
Newsletter-Anmeldung
Cottbus Newsletter
jeden Mittwoch um 18:00 Uhr
Der wöchentliche Newsletter aus Cottbus und Umgebung mit relevanten Themen und exklusiven Geschichten rund um die Heimat der Krebse. Entdecken Sie die aktuellen Top-Storys und den Redaktionstipp fürs Wochenende direkt von unseren Lokalreportern für Sie aufbereitet.
Anrede *
E-Mail-Adresse
Vorname
Nachname
Wir nehmen den Schutz Ihrer Daten ernst. Bitte lesen Sie mehr dazu unter www.lr-online.de/privacy.

Zahlen zu Studierenden an der BTU

Im Jahr 2013 haben die Hochschule Lausitz und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus fusioniert. Seitdem ist die BTU Cottbus-Senftenberg die zweitgrößte Universität im Land Brandenburg.
● Nach 2013 war die Zahl der Studierenden insgesamt gesunken, von einst 10.000 bis auf wenig mehr als 6000. Seit 2021 aber hat die BTU wieder mehr Studienanfänger.
● Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der internationalen Studenten kontinuierlich angestiegen, von 1.685 im Studienjahr 2013/14 auf 2.617 im Studienjahr 2022/23.