Von Jan Lehmann

Keeper-Zoff in Cottbus, kaum eines Blickes würdigen sich die beiden Konkurrenten: Was für ein unerbitterlicher Kampf im Fußball-Oktober – und dieser Wechsel auf der Torhüter-Position sorgte für richtig dicke Luft bei Energie.

Nein, damit ist nicht die aktuelle Situation beim Fußball-Regionalligisten gemeint – wenngleich der Wechsel von Lennart Moser zu Toni Stahl beim 2:1-Sieg am Sonntag gegen Chemie Leipzig natürlich ein großes Gesprächsthema unter den FCE-Fans war. Stahl durfte zum ersten Mal für Energie in der Regionalliga ran und strahlte nach der Partie: „Ich freue mich einfach, dass ich spielen durfte.“ Mit zwei starken Paraden und einem insgesamt sehr souveränen Auftritt rechtfertigte der gebürtige Cottbuser das Vertrauen seines Trainers. Claus-Dieter Wollitz attestierte dem 20-Jährigen, „fantastisch gehalten“ zu haben.

Großer Zoff zwischen Piplica und Tremmel

Und nun? Moser gegen Stahl – das ist sicher ein spannendes Duell um den Platz im Energie-Tor. Den besagten unerbitterlichen Kampf der Keeper gab es aber vor fast genau zwölf Jahren, als der damalige Coach Bojan Prasnikar plötzlich die Vereinsikone Tomislav Piplica auf die Bank setzte und stattdessen Gerhard Tremmel aufstellte. Da rumorte es in der Energie-Kabine. Beim Auswärtsspiel in Bielefeld durfte Tremmel am 27. Oktober 2007 zum ersten Mal ran und schaffte mit Energie im Laufe der Saison sensationell noch den Klassenerhalt in der 1. Bundesliga. Höhepunkt seiner Zeit war dabei sicherlich der gehaltene Elfmeter gegen Franck Ribery beim umjubelten 2:0-Sieg gegen Bayern München.

Eine Geschichte aus längst vergangenen Tagen, es war das letzte Mal, dass es bei Energie Cottbus einen richtig bissigen Torhüter-Kampf nach den alten Platzhirsch-Gepflogenheiten gegeben hatte. Beide Keeper machten sich damals gar nicht erst die Mühe, ihre gegenseitige Abneigung zu verbergen. Tremmel moserte in einem Zeitungsinterview über Wettbewerbs-Nachteile gegenüber Publikumsliebling Piplica. Der wiederum warf Tremmel öffentlich fehlenden Respekt vor.

Beide Keeper sind nur ausgeliehen

Die Zeiten haben sich geändert. Mit dem 19-jährigen Moser und dem 20-jährigen Stahl treten zwei extrem junge Torhüter in ihrer ersten Saison im Männer-Bereich gegeneinander an. Keiner von beiden kann also aufgrund früherer Verdienste den Stammplatz für sich reklamieren. Stahl betonte deshalb nach seinem Liga-Debüt am Sonntag entspannt: „Lennart weiß auch, dass wir beide gute Torhüter sind.“ Der aktuelle Zweikampf sei „eigentlich eine ganz gute Situation, weil wir uns beide im Training gegenseitig pushen können“.  Der 20-Jährige hofft offenbar, dass der Konkurrenzkampf ihm helfen kann. Stahl sagte: „Ich glaube auch, dass wir uns beide noch dieses Jahr gut steigern können. Wir müssen einfach das Beste aus der Situation mitnehmen.“

Und die ist „nicht so einfach für uns“, wie Trainer Wollitz betont. Er erklärte:  „Wir haben zwei fantastische junge Torhüter.“ Erschwerend kommt hinzu, dass beide Keeper ausgeliehen sind. Moser wurde nach dem Kreuzbandriss von Tim Stawecki auf schnellem Weg von Bundesliga-Aufsteiger Union Berlin spreeabwärts transferiert. Der gebürtige Cottbuser Stahl indes war aus dem Energie-Nachwuchs zu RB Leipzig gewechselt und danach beim englischen Premier-League-Club Fulham FC gelandet. Seine Rückkehr hatte viele Energie-Fans gefreut – doch auch er ist vorerst nur auf Leihbasis zurück in der Lausitz. Trainer Wollitz erklärte deshalb: „Wir wollen beiden Torhütern gerecht werden, auch was die Ausleihe und ihre Vereine betrifft.“

Zuletzt gute Torhüter-Gespanne bei Energie

Keine Frage, die Stammvereine erwarten sich von der Ausleihe natürlich eine Entwicklung ihrer Keeper. Gerade das gute Verhältnis mit Mosers Club Union Berlin – Berkan Taz wurde ebenfalls von dort ausgeliehen – will Wollitz garantiert nicht beschädigen. Mit Stahl als gebürtigem Lausitzer könnte er indes einen Keeper installieren, der womöglich über mehrere Jahre die neue Nummer eins im Stadion der Freundschaft wäre.

Für den Debütanten geht es derzeit aber vor allem um Spielpraxis. Stahl verdeutlichte: „Die ist natürlich immens wichtig. Fulham leiht mich ja nicht ohne Grund aus – bei Lennart ist das genauso.“ Der Keeper konstatierte: „Dass beide Torhüter ausgeliehen sind, ist sicherlich nicht einfach für den Verein.“

Gibt es eine Arbeitsteilung?

Bei Energie hofft man deshalb darauf, dass das Duo Stahl/Moser ähnlich gut funktioniert wie zuletzt die Keeper-Gespanne beim FCE. In Cottbus war nach der Piplica-Tremmel-Ära zu erleben, dass sich die Torhüter als eigenes Team im Team verstehen können. Da gab es lange Zeit den zutiefst loyalen René Renno, der als Ersatzkeeper den Stammtorhütern wie Thorsten Kirschbaum, Robert Almer, Kevin Müller oder Daniel Lück nie dazwischenfunkte und immer wenn es darauf ankam, ein stabiler Rückhalt war. Renno schaffte es so auf 51 Pflichtspiele für Energie, sicherte beispielsweise in den letzten Spielen der Saison 2011/12 den Zweitliga-Klassenerhalt.

Dann gab es gut funktionierende Torhüter-Duos mit Alexander Meyer und Avdo Spahic, danach mit Spahic und dem ebenfalls sehr mannschaftsdienlichen Ersatzmann Kevin Rauhut. Klappt das nun auch mit den beiden aktuellen Keepern? Stahl schwebt so etwas wie eine Arbeitsteilung vor. Er sagte: „Ich hoffe einfach, dass wir beide unsere Spiele machen und uns weiter entwickeln können. Das ist für uns das Wichtigste.“ Nach neuem Keeper-Zoff in Cottbus klingt das jedenfalls nicht.

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