Beim 1. FC Union Berlin wird derzeit vor allem über die prominenten Neuzugänge wie zum Beispiel Robin Gosens gesprochen. Janik Haberer ist dagegen kein Spieler für das Rampenlicht. Und dennoch hätte der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler in der vergangenen Saison fast einen Rekord aufgestellt. Janik Haberer hat hinter Rani Khedira die zweitmeisten Einsätze in der Fußball-Bundesliga für die Eisernen absolviert.
Im LR-Interview spricht er über seine erste Saison bei Union Berlin, die bevorstehenden Spiele in der Champions League und gibt auch persönliche Einblicke.

Sie haben in Ihrem ersten Jahr bei Union Berlin gleich die Champions League erreicht. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer persönlichen Bilanz?

Sie fällt natürlich sehr positiv aus. In bin in eine Mannschaft mit viel Qualität und auch in eine gute Kabine gekommen. Es hat relativ früh schon viel zusammengepasst. Dass es dann so gut läuft, habe ich vor der Saison natürlich nicht erwartet. Aber rückblickend muss man sagen: Wir haben es verdient, auf dem 4. Platz zu stehen.

Was war Ihr persönliches Saisonhighlight – die beiden Treffer beim 2:0 gegen Borussia Dortmund oder das Traumtor beim 2:1 bei RB Leipzig?

Es waren viele Highlights dabei, vor allem natürlich die Heimspiele vor unseren Fans. Mein persönliches Highlight war das Dortmund-Spiel. Es war das erste Mal, dass ich in der Bundesliga doppelt getroffen habe – ein sehr schöner Moment.

Noch einmal zurück zu Ihrem Tor in Leipzig. War Ihnen damals schon klar, dass dieser Treffer im Duell mit einem direkten Mitkonkurrenten der Türöffner zur Champions League sein kann?

Nein, überhaupt nicht. Das war noch zu früh, um sich darüber Gedanken zu machen, wo es hingehen könnte. Natürlich hat man auch mal auf die anderen Clubs geschaut. Und wir haben natürlich schon gemerkt, dass wir die Großen ärgern können. Aber in erster Linie sind wir nach Leipzig gefahren, um dieses Spiel zu gewinnen.

Sie kamen in 32 der 34 Bundesliga-Spiele zum Einsatz. Nur Rani Khedira hat noch einen Einsatz mehr. Im Rampenlicht stehen jedoch meistens andere Spieler. Fühlen Sie sich unterschätzt?

Nein, im Gegenteil. Ich fühle mich ganz wohl in dieser Rolle. Ich weiß, was ich kann. Und die Mannschaft weiß, was ich ihr geben kann. Ich mache meinen Job auf dem Platz. Das passt alles ganz gut, so wie es ist.

Sie sind vor einem Jahr vom SC Freiburg zu Union Berlin gewechselt. Beide Vereine haben 2022/23 um die Champions League gekämpft. Was machen Union und Freiburg momentan besser als andere, etablierte Clubs?

Ein wichtiger Punkt ist die Stabilität im Verein und auch auf der Trainerposition. Diese Stabilität ist brutal wichtig für eine Mannschaft. Und auch das Spielsystem ist über die Jahre hinweg in weiten Teilen gleichgeblieben. Das gibt dir als Spieler eine gewisse Sicherheit. Auch die beiden Manager machen einen guten Job und holen immer wieder die richtigen Spieler. Und man hat sicher etwas mehr Ruhe als bei den ganz großen Mannschaften.

Wo liegen die Unterschiede bezüglich der Spielweise zwischen Union Berlin und dem SC Freiburg?

Im vergangenen Jahr hätte ich noch gesagt, dass Christian Streich in Freiburg vor allem Viererkette spielen lässt. In dieser Saison hat er genau wie wir auch öfter mal mit einer Fünferkette gespielt. Das Spiel von Freiburg hat sich verändert. In der Hinrunde hatten sie viel Ballbesitz und spielerische Elemente. In der Rückrunde haben sie dann öfter lange Bälle auf ihre Zielspieler gespielt. Deshalb würde ich sagen, dass wir mittlerweile einen relativ ähnlichen Fußball spielen.

Mit Christian Streich in Freiburg und Urs Fischer bei Union Berlin hatten beziehungsweise haben Sie zwei außergewöhnliche Trainer. Wie haben beide Trainer mit Ihrer Art Sie persönlich besser gemacht?

Christian Streich hat mir damals die Möglichkeit gegeben, in der Bundesliga zu spielen. Er hat mir vor allem Flexibilität beigebracht. Ich durfte unter ihm viele verschiedene Positionen kennenlernen. Von rechts hinten, über das Mittelfeld bis hin zum Sturm habe ich fast jede Position mal bekleidet. Das hat mir zwar weitergeholfen. Aber es tat mir wirklich gut, dass Urs Fischer mich nur auf einer einzigen Position im offensiven Mittelfeld hat spielen lassen. Dadurch konnte ich mich weiterentwickeln.

Sie haben beim SC Freiburg auch mit einer Vereinslegende wie Nils Petersen zusammengespielt. Wie haben Sie ihn als Mitspieler und Mensch wahrgenommen?

Nils ist ein super Typ. Er hat ganz viel Erfahrung und war auch in menschlicher Hinsicht sehr wichtig für die Kabine. Ich habe ihn ja auch noch in der Saison 2021/22 erlebt, wo er schon nicht mehr so oft gespielt hat. Trotzdem war er immer für die Mannschaft da. Man wusste: Wenn er auf den Platz kommt, dann passiert etwas. Gefühlt hat er in 90 Prozent der Fälle geknipst. Das ist ein Phänomen. Es war sehr schön, mit ihm so viele Jahre auf dem Platz stehen zu dürfen.

Sie stammen aus Wangen im Allgäu. Wie kommt ein Allgäuer mit dem Großstadtleben in Berlin klar?

Ach, eigentlich ziemlich gut. Ehrlich gesagt, habe ich es mir etwas grauer hier in Berlin vorgestellt. In Freiburg gibt es ja sehr viel Natur, die Stadt ist ziemlich grün. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es in Berlin auch so viel Natur gibt. Ich wohne relativ ländlich, deshalb hat sich im Prinzip für mich gar nicht so viel verändert. Außer, dass man zu gewissen Punkten in Berlin halt etwas mehr Fahrzeit einplanen muss.

Womit beschäftigt sich Janik Haberer außerhalb des Fußballplatzes?

Familie und Freunde sind mir natürlich wichtig – und selbstverständlich auch Molly. Unser Hund ist Bestandteil der Familie und sorgt für gute Laune. Das ist gleichzeitig ein schöner Ausgleich neben dem Sport.

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Sie sind 29 Jahre alt. So mancher Fußballer denkt in diesem Alter neuerdings über einen gutbezahlten Wechsel in die arabische Welt nach. Würden Sie ein solches Angebot annehmen?

Nein, momentan nicht. Dafür fühle ich mich einfach zu wohl bei Union Berlin, im Verein insgesamt und auch in der Mannschaft. Außerdem möchte ich sportlich noch definitiv einiges erreichen. Deshalb ist das für mich in näherer Zukunft kein Thema.

Welche ausländische Liga reizt Sie in Europa?

Ich interessiere mich allgemein für Fußball und schaue mir eigentlich alle wichtigen Ligen: Italien, England, Spanien an. Aber ich fühle mich in der Bundesliga derzeit sehr wohl.

Am 31. August werden die Gruppen der Champions League ausgelost. Welche Gegner wünscht sich Janik Haberer?

Ein Traumgegner habe ich nicht. Ich freue mich auf jedes Spiel – egal, ob zu Hause oder auswärts. Wir werden vor ganz vielen Union-Fans spielen dürfen. Das macht mich stolz. Darauf freue ich mich riesig.