Nicht nur mit körperlicher Gewalt wird versucht, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Oft sind es auch Behörden oder einzelne Akteure, die kritische Berichterstattung zu unterbinden ersuchen oder ihre eigene PR verbreiten.

Wie erleben Journalistinnen der Lausitzer Rundschau dies in ihrem alltäglichen Alltag? Zwei Beispiele:

Josephine Japke, Volontärin des Medienhauses, hat ihre Erfahrungen in Senftenberg gemacht: „In der Recherche zur anfänglich abgesagten Weihnachtsmann-Parade durch Senftenberg 2017 war es sehr schwer, ein Statement der Stadt zu bekommen. Auf den Hinweis, dass ich es bis zu einem bestimmten Zeitpunkt brauche, um es für den Beitrag berücksichtigen zu können, reagierte man gereizt. Der Stadtsprecher fragte, was das solle, denn immerhin stünden drei weitere, für die Stadt sehr schöne, Ereignisse auf dem Plan, über die wir eher berichten sollten. Ultimaten zu stellen, sei ebenfalls nicht in Ordnung. Am folgenden Tag erhielt ich eine Beschwerde-Mail von ihm im Namen des Bürgermeisters, die später im Amtsblatt abgedruckt wurde. Das war nicht das erste Mal, dass die Stadt mit meinen Beiträgen nicht zufrieden war. Schon eine Umfrage in Hosena zum geplanten Landesstraßen-Ausbau veranlasste den Bürgermeister dazu, in der Redaktion aufzutauchen und sich lautstark über den Beitrag zu beschweren.“ Gedruckt wurden die – kritischen –  Beiträge in  der RUNDSCHAU natürlich trotzdem.

Andrea Hilscher, Reporterin in Cottbus, hat ihre Erfahrungen zum Thema vor allem im Umgang mit Demonstrationen gemacht: „Pressefreiheit? In meinen 30 Berufsjahren war das immer ein Thema, das irgendwie nur die anderen anging. Journalisten in totalitären Systemen, in Krisen- und Kriegsgebieten, zuletzt immer häufiger auch in der Türkei.

Ich selbst bekomme erst in den letzten zwei Jahren zu spüren, dass ‚Presse’ und ‚Freiheit’ nicht zwangsläufig aneinander gekoppelt sein müssen. Auf Demonstrationen des Golßener Vereins ‚Zukunft Heimat’ wird grundsätzlich von ‚eingebetteten’ oder von ‚Staatsmedien’ gesprochen. Die Redner suggerieren eine wie auch immer geartete Abhängigkeit zwischen Journalisten und Regierungsparteien, zweifeln prinzipiell jede Art der Berichterstattung an, schöpfen aber gleichzeitig immer wieder Glaubwürdigkeit aus dem Verweis auf Artikel, die in der RUNDSCHAU und in anderen Medien erschienen sind. Berichterstatter am Rande der Demonstrationen werden immer wieder angepöbelt, verspottet, unflätig beschimpft bis hin zu sexuell konnotierten Beleidigungen.“

Der Versuch, Journalisten einzuschüchtern und sie in ihrer Berichterstattung zu stören, sei das Gegenteil von Pressefreiheit, sagt Andrea Hilscher. „Der Begriff ‚Lügenpresse’ wurde von den Nationalsozialisten genutzt, um Kommunisten und andere Gegner zu verunglimpfen und den Eindruck zu erwecken, die Presse würde vom ‚Weltjudentum’ gesteuert.  Heute ist das Wort in aller Munde und findet Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch.“

Das bleibe nicht ohne Konsequenzen. „Genau hier sind wie bei der weitaus gefährlicheren Bedrohung der Pressefreiheit: der Erwartung von Lokalpolitikern, Verbänden und Unternehmern, dass wir Journalisten eine Verpflichtung gegenüber der Region haben und möglichst positiv berichten müssten. Im direkten Gespräch und auf öffentlichen Veranstaltungen bekomme ich immer wieder zu hören, kritische Berichte etwa zum Thema Rechtsextremismus würden der Stadt schaden und sollten besser unterbleiben“, hat Andrea Hilscher festgestellt. „Unsere Aufgabe ist es aber, über das zu schreiben, was ist. Nicht mehr und nicht weniger.“