Auf dem Podium flossen die Tränen. Als im Oval von Roubaix die deutsche Nationalhymne erklang, wurde Emma Hinze von ihren Gefühlen überwältigt. Die erfolgreiche Titelverteidigung, die beglichene Olympia-Rechnung und der finale Triumph über ihre Teamkollegin und Freundin: Die weltschnellste Bahnsprinterin aus Cottbus spürte Erleichterung, Genugtuung und pures Glück.
Für Hinze setzte sich der Goldrausch bei Weltmeisterschaften fort: Nach den drei Titeln von Berlin 2020 hat sie nun fünf WM-Entscheidungen nacheinander gewonnen. „Ich habe im Vorfeld nicht dran geglaubt, weil ich mich nicht so gut gefühlt habe wie vor Berlin“, sagte sie: „Es ist richtig cool – ich hatte ein paar Rechnungen offen, die ich begleichen wollte.“
Eine davon im Halbfinale gegen die Kanadierin Kelsey Mitchell, gegen die Hinze in Tokio ausgeschieden war. Der vierte Platz im Sommer war eine bittere Enttäuschung. Nach dem klaren Finalsieg gegen ihre Teamkollegin Lea Sophie Friedrich, mit der Hinze bereits im WM-Teamsprint triumphiert hatte, waren die olympischen Niederlagen zwar nicht vergessen, doch die Rangordnung ist wieder hergestellt.
„Wahnsinn“, sagte Detlef Uibel, der bei seiner letzten WM als Bundestrainer noch einmal so richtig absahnt. Hinze bescherte ihm die 35. Goldmedaille bei Weltmeisterschaften. „Ein historischer Erfolg, der zeigt, dass Olympia mit vielen Problemen am Rande belastet war. Hier hat sich Emma wieder fokussiert.“ Und sie hat damit wie in Berlin wieder große Chancen auf das Triple.
„Emma ist in dieser Form einfach unschlagbar“, sagte Friedrich. Auch im Keirin zum WM-Abschluss am Sonntag? Jedenfalls geht die 24-Jährige als Top-Favoritin ins Rennen. Gut möglich, dass sie ihre Serie fortsetzt und dem Bund Deutscher Radfahrer das nächste Gold beschert. Bislang sind es drei Titel, alle gewonnen von den schnellen Frauen: im Sprint, Teamsprint und der Teamverfolgung.
In Roubaix tragen aber auch die Männer ihren Teil zum deutschen Glück bei. Nach Bronze im Teamsprint kam Routinier Joachim Eilers auch im Einzel auf den dritten Platz. Der 31 Jahre alte Weltmeister von 2016 war glücklich, auch wenn er „noch eine Rechnung offen“ hat: „Die acht Tausendstel bis zur Minute möchte ich noch knacken“", sagte Eilers, der nach 1:00,008 Minuten ins Ziel kam.