Von Dieter Keller

Zahlreiche Komplikationen und Todesfälle in Kliniken ließen sich vermeiden, wenn viele kleine Krankenhäuser geschlossen werden. Für eine bessere Versorgung als heute reichen weniger als 600 Kliniken. Derzeit gibt es noch mehr als 1400. Jede zweite ist also überflüssig. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Durch die Konzentration wären eine bessere Ausstattung, eine höhere Spezialisierung sowie eine bessere Betreuung durch Fachärzte und Pflegekräfte möglich.

Das Problem ist alt: In Deutschland gibt es viel mehr Krankenhausbetten pro Einwohner als im Durchschnitt der EU-Länder, und die Patienten liegen dort deutlich länger. Trotzdem haben die Deutschen keine wesentlich längere Lebenserwartung. Über ein Drittel der Krankenhäuser hat maximal 100 Betten. Die Autoren der Studie halten mindestens 200 für erforderlich, damit die einzelnen Fachabteilungen mindestens 25 Betten haben. Prinzipiell halten sie aber „deutlich größere Kliniken“ für erstrebenswert. Den Experten ist auch klar, dass Klinikschließungen „in der Bevölkerung häufig als Verlust empfunden“ werden. Doch die Qualität des Krankenhauses und der Patientensicherheit würde vernachlässigt. Diesen Faktor haben sie bei ihrem Vorschlag schon berücksichtigt. Denn streng genommen würden 410 Kliniken für ganz Deutschland ausreichen: 50 für die Maximalversorgung, der Rest als „Regelkrankenhäuser“.

Notfallpatienten hätten es auf dem flachen Land zu weit in die nächste Klinik, ist ein Argument der Gegner eines starken Bettenabbaus. Aber was hilft es, wenn Herzinfarkt- oder Schlaganfallpatienten in ein Krankenhaus kommen, wo gar kein Facharzt verfügbar ist und sie gleich wieder verlegt werden müssen, wendet die Studie ein.

Eine Säule des Konzepts ist es, etwa fünf Millionen Patienten ambulant zu behandeln oder zu operieren, statt sie in ein teures Krankenhausbett zu stecken. Allein das entspreche rund 500 mittelgroßen Kliniken. Dafür müssten allerdings Behandlungs- und Versorgungszentren aufgebaut werden, zu denen sich auch Krankenhäuser umwandeln ließen.

Das Bundesgesundheitsministerium fühlt sich nicht zuständig: Für die Krankenhausbehandlung seien die Bundesländer verantwortlich. Zudem gebe es einen Strukturfonds für den Bettenabbau. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft reagierte empört: Wer vorschlage, 1000 Akutkrankenhäuser „plattzumachen“, propagierte die „Zerstörung in einem geradezu abenteuerlichen Ausmaß, ohne die medizinische Versorgung zu verbessern“. Ärzte-Präsident Klaus Reinhardt warnte, im ländlichen Raum müsse die flächendeckende Versorgung der Patienten sichergestellt werden.