Bislang galt ein hohes Alter als größtes Risiko für eine schwere Erkrankung mit dem Coronavirus. Entsprechend wurden bei der Priorisierung der noch nicht ausreichend vorhandenen Corona-Impfstoffe die sogenannten vulnerablen Gruppen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am höchsten eingestuft und als erstes geimpft. Neue Daten des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass bei Infizierten unter 80 Jahren nicht das Alter der wichtigste Risikofaktor für einen schweren Verlauf ist.
Krebs, Demenz und Herzinsuffizienz: Die größten Risikofaktoren für schwere Corona-Verläufe
Das Robert-Koch-Institut hat gemeinsam mit mehreren gesetzlichen Krankenkassen wie zum Beispiel der AOK Bayern, AOK Plus Sachsen, Barmer und DAK Routinedaten von rund 30 Millionen Versicherten ausgewertet. Entstanden ist eine aktuelle Corona-Risiko-Liste mit 35 Vorerkrankungen, die anhand der Studienlage mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Infektionsverlauf assoziiert werden können. Einem schweren Verlauf entspricht laut der Untersuchung eine intensivmedizinische Behandlung, Beatmung oder der Tod im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung.
Mit einem Anteil schwerer Corona-Verläufe von 31,5 Prozent bildeten demnach aktuell in Behandlung befindliche Personen mit hämatoonkologischen Erkrankungen - umgangssprachlich Leukämie bezeichnet - die bedeutendste Risikogruppe. Diesen Patienten wurde der höchste Rang in der Impfpriorisierung zugeordnet. An zweiter Stelle stehen Patienten mit metastasierenden, soliden onkologischen Erkrankungen, gefolgt von Personen mit Demenz (Rang 3) und aktuell nicht in Behandlung befindlichen Personen mit metastasierendem Krebs (Rang 4) und auf Rang 5 Personen mit Herzinsuffizienz.
Erst danach folgt das Alter als Risikofaktor. „Die Ergebnisse der Analysen belegen, dass eine rein am Alter orientierte Rangfolge nicht optimal ist. So zeigte sich, dass insbesondere Patienten mit hämatoonkologischen Erkrankungen, metastasierendem Krebs, Demenz und Herzinsuffizienz, aber auch Personen mit weiteren oben aufgeführten Erkrankungen ein hohes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe aufwiesen. Dieses Risiko überstieg in vielen Fällen das allgemeine Risiko von Angehörigen bestimmter Altersgruppen“, schreibt das RKI in der Studie.
RKI-Corona-Risiko-Liste: Erkrankungen mit erhöhtem Risiko für schweres Covid-19
- Rang 1: Hämatoonkologische Erkrankungen mit Therapie
- Rang 2: Metastasierte solide Tumorerkrankungen mit Therapie
- Rang 3: Demenz
- Rang 4: Metastasierte solide Tumorerkrankungen ohne Therapie
- Rang 5: Herzinsuffizienz
- Rang 6: Alter 75 – 79
- Rang 7: Dialyse
- Rang 8: Solide Krebserkrankung mit Therapie
- Rang 9: Zirrhotische und schwere Leberkrankheiten
- Rang 10: Down-Syndrom
- Rang 11: Chronische Niereninsuffizienz
- Rang 12: Zustand nach Organtransplantation
- Rang 13: Alter 70 – 74
- Rang 14: Vorhofflimmern und Vorhofflattern
- Rang 15: Interstitielle Lungenerkrankung
- Rang 16: Alter 65 – 69
- Rang 17: Koronare Herzkrankheit
- Rang 18: Schwere psychische Erkrankungen
- Rang 19: Diabetes mellitus Typ I und II
- Rang 20: COPD und sonstige schwere Lungenerkrankungen
- Rang 21: Zerebrovaskuläre Erkrankungen
- Rang 22: Adipositas
- Rang 23: Neurologische Erkrankungen
- Rang 24: Alter 60 – 64
Corona-Impfungen in Deutschland: Mehr als jeder Vierte schon mindestens ein Mal geimpft
Wenn die Lieferzusagen für Impfstoffe eingehalten werden, könnten nach Einschätzung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung Ende Mai weit mehr als die Hälfte der Berechtigten mindestens eine Erstimpfung erhalten haben. Mitte Juni könnten es drei Viertel sein, prognostizierte das Zentralinstitut. Damit wären bei einer anzunehmenden Impfbereitschaft von etwa 80 Prozent fast alle Impfwilligen erreicht. Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine
Aschenberg-Dugnus schlug vor, geschultes Fachpersonal könne etwa auch in Einkaufszentren oder auf Parkplätzen Impfungen anbieten. Inzwischen haben 26,9 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung bekommen. Den vollständigen Impfschutz mit einer zweiten Spritze haben nach Daten des Robert Koch-Instituts von Freitag 7,7 Prozent.