Als der US-Botschafter im Streit über den Einfluss des chinesischen Konzerns Huawei drohte, keine Geheimdiensterkenntnisse mehr an Berlin weiterzugeben, war das ein Tiefpunkt der gegenseitigen Beziehungen.

Genauso wie seine aktuellen Sanktionsdrohungen gegen deutsche Unternehmen wegen der Gaspipeline Nord Stream 2. Der Vertreter Washingtons unterstrich damit eine Entwicklung, die auch in anderen Bereichen zu beobachten ist: die Rückkehr der Erpressung als politisches Mittel.

Mit dem Auftritt Donald Trumps auf der Weltbühne hat dieses Instrument der Politik an Raum gewonnen. Das lässt sich ablesen. Da war zum Beispiel der Streit um das Nato-Budget, bei dem Trump die grundsätzliche Bereitschaft zur Verteidigung von Bündnispartnern infrage stellte, wenn sie nicht ausreichend einzahlen. Das Atomabkommen mit dem Iran kündigte Washington einseitig auf, nahm Sanktionen gegen Teheran wieder auf und verlangte, dass die europäischen Unterzeichner diesem Schritt folgen. Das Muster ist bei den Drohungen wegen Nord Stream 2 dasselbe. Auch der Handelskonflikt mit Europa und China und der angedrohte US-Einmarsch in Venezuela tragen Züge einer Erpressung.

Elemente von Zwang waren zwar schon immer Teil der Politik. Sanktionen, Drohungen, Machtgebärden und das Klarmachen von Abhängigkeiten gehören zum weniger feinen, aber oft wirksamen  Instrumentarium internationaler Verhandlungen. Früher wurden solche Kämpfe aber jenseits des Scheinwerferlichtes ausgefochten, was vor allem der schwächeren Seite die Möglichkeit gab, gesichtwahrende Kompromisse zu präsentieren. Heute werden Partner öffentlich geführt. Die Umdeutung von Verbündeten zu Gegnern setzt zudem die Einigkeit eines Bündnisses wie der Nato oder dem Westen generell aufs Spiel.

Die Motive hinter den US-Drohungen sind in den seltensten Fällen hehrer Natur. Im Gegenteil, das Weiße Haus vermischt politische und wirtschaftliche Anliegen. Hinter dem Dauerfeuer gegen Huawei und gegen die Ostseepipeline stehen neben politischen Gründen – Abhörgefahr durch China beziehungsweise eine Abhängigkeit Europas von Russland – auch handfeste ökonomische Interessen Washingtons.

Die Alternativlosigkeit des Erpressten, die einer solchen Strategie zugrunde liegt, haben zumindest im Falle des Iran-Konflikts die europäischen Länder mit einer eigenen Plattform für den Handel mit dem Iran durchbrochen. Die ist zwar bislang nicht sehr erfolgreich. Aber sie zeigt, dass man sich nicht jeder Erpressung beugen muss.

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