Dieses Urteil ist nicht schön. Im Gegenteil, es verursacht erhebliche Magenschmerzen: Ein erstinstanzlich zu einer langen Haftstrafe verurteilter Neonazi kommt wegen überlanger Verfahrensdauer seines Revisionsprozesses auf freien Fuß. Aber: Das Urteil ist richtig. Es folgt nur dem Gesetz. Maik Schneider ist derzeit nicht verurteilt, saß weiter in Untersuchungshaft. Auch er hat Rechte.
Nein, das wirkliche Problem in Potsdam ist ein anderes: Justizminister Stefan Ludwig, seine Vorgänger Helmut Markov und Volkmar Schöneburg, Finanzminister Christian Görke und Ministerpräsident Dietmar Woidke haben bei der Personalsituation in der Justiz zu lange weggeschaut. Dass die Gerichte in Brandenburg überlastet sind, ist keine neue Entwicklung: Es ist ein wiederkehrendes Thema der ganzen Legislaturperiode.
Aber das Potsdamer Kabinett hat das immer ignoriert. Dabei hätte es ein Alarmzeichen sein müssen, dass 2015 Richter und Staatsanwälte sogar vor dem Potsdamer Landtag demonstrierten. Wann in der Geschichte Brandenburgs hatte es so etwas zuvor schon einmal gegeben?
Es bleibt eine richtige Entscheidung, der Justiz mit dem Doppelhaushalt 2019/2020 mehr Stellen zu genehmigen. Aber diese Entscheidung kommt zu spät. Deswegen müssen Dietmar Woidke (SPD) und sein Kabinett nun die Verantwortung dafür übernehmen, dass nun ausgerechnet ein Neonazi und ehemaliger NPD-Politiker auf freien Fuß kommt. Denn die rot-rote Landesregierung hat bei einem wichtigen Thema des Landes wie so oft schlicht viel zu lange geschlafen.