Um das Feindbild Russland nachhaltig zu konservieren, bedient sich das frisch gewählte Europaparlament des Geschichtsrevisionismus. Für die Nato ist die russische Bedrohung allgegenwärtig. Welche zurückliegende diplomatische Initiative Moskaus zählt in der Führungsriege des Bündnisses nicht als Lüge oder hinterlistige Täuschung?
Unglaubwürdig sei auch der jüngste russische Vorstoß für ein Moratorium zur Raketenstationierung, zuerst müsse das russische SSC-8-System zerstört werden, heißt es aus der Brüsseler Nato-Zentrale. Dieser Forderung wird Russland nicht nachkommen, solange das hochgerüstete, US-dominierte Militärbündnis immer näher an seine Grenzen rückt und in spektakulären Großmanövern die Eliminierung eines „Aggressors“ übt.
Das letzte Manöver „Northern Coasts“ fand unter deutscher Führung Mitte September 2019 in der Ostsee statt, 50 weitere sollen bis 2020 folgen. Die Art, wie auch der jüngste russische Vorschlag abgeschmettert worden ist, zeigt das geringe Interesse des Westens an einem akzeptablen Interessenausgleich mit Russland.
Und was ist nach dem Ende der Blockkonfrontation aus der erhofften Brückenbauerrolle des geeinten Deutschlands in Europa geworden? Im Umgang mit Russland wünschen sich viele Menschen in unserem Land einen anderen Politikstil, frei von Fremdbestimmung und Relikten aus der Zeit des Kalten Krieges. Der so dringend notwendige deutsch-russische Dialog scheint über den Ansatz nicht hinauszukommen, Kontinuität hingegen in der Zustimmung zu den Russland-Sanktionen, obwohl diese regelmäßig ihr Ziel verfehlen.
Solange der Bürgerkrieg in der Ostukraine als russische Aggression zählt, die Vertreter der sogenannten Volksrepubliken nicht als vollwertige Verhandlungspartner akzeptiert werden, die Interessen der drei wichtigsten Geldgeber der ukrainischen Regierung (USA, EU, BRD)in diesem Prozess aber mehr Gewicht haben, ist ein Ende des Ukraine-Konfliktes nicht abzusehen. Nicht nur Geschichte, auch der Krieg, der größte Klima- und Ressourcenkiller, wird von den Menschen gemacht.
Gesina Braun, Spremberg