Ein Meister der Jazzklarinette – so wird Rolf Kühn dem Publikum in Erinnerung bleiben. Im Alter von 92 Jahren ist er am 18. August in Berlin gestorben – das gaben seine Familie, die Agentur Jazzhaus Artists und das Label Edel/MPS bekannt. Auch in der Lausitz macht diese Nachricht betroffen – waren doch noch Konzerte mit seinem Bruder, dem Jazzpianisten Joachim Kühn, geplant – so am 11. September in der Stüler-Kirche Peitz in einem Sonderkonzert von Lausitz Festival und Jazzwerkstatt.
„Vor einigen Wochen sagte mir Rolf Kühn, dass er in Peitz das letzte Konzert mit Bruder Joachim spielen werde. Nun haben die Kräfte dafür nicht gereicht. Drei Wochen vor dem Konzerttermin und sechs Wochen vor seinem 93. Geburtstag verstarb er. Zur Jazzwerkstatt Peitz werden wir des großen Jazzmusikers gedenken“, sagt Veranstalter Ulli Blobel.

Seine Platten fanden auch den Weg zu Jazzfreunden im Osten

Am 29. September 1929 in Köln geboren, wuchs Rolf Kühn in Leipzig auf, begann mit dem Klavier und wechselte später zur Klarinette. Sein Lehrer gehörte dem Gewandhaus-Orchester Leipzig an. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der 17-Jährige Auftritte mit einer Bigband beim Leipziger Rundfunk – in Radiosendungen und live. Er wurde zu einem der wichtigsten Jazzmusiker in der Nachkriegszeit. Jazzfreunde aus dem östlichen Teil Deutschlands konnten seine Karriere später nur aus der Ferne verfolgen, denn 1950 war er in den Westen, in die Bundesrepublik, gegangen. Unter Jazzfreunden wurden Platten herumgereicht, die auf wunderbarer Weise doch den Weg in den Osten gefunden hatten.
Rolf Kühn ging Mitte der 1950er Jahre in die USA und machte dort Karriere, erarbeitete sich einen internationalen Ruf. Zwei Jahre war er in Benny Goodmans Band, danach in Tommy Dorseys Orchester. Er hatte Auftritte in „Birdland“ N.Y., in „Blue Note“ Chicago, beim Newport Jazz Festival, stand mit John Coltrane, Cannonball Adderley, Chet Baker auf der Bühne. Doch er kam zurück nach Deutschland, leitete in den 1960er Jahren das Studioorchester des NDR. Immer wieder führten ihn Tourneen durch die Welt, beispielsweise mit Friedrich Gulda und den German All Stars nach Südafrika. Er war Musikalischer Leiter im Berliner Theater des Westens. Neben seinen Alben komponierte Rolf Kühn Film- und Fernsehmusiken. Es gab Aufnahmen für das MPS-Label, unter anderen mit Albert Mangelsdorff, Randy Brecker, Chick Corea und seinem Bruder Joachim. Rolf Kühn hatte längst seinen Stil gefunden, unabhängig von Trends und Moden. Seiner Musik blieb er bis zum Schluss treu – immer innovativ, interessiert an anderen Künstlern, besonders auch der jüngeren Generationen.
Rolf Kühn, Jazzmusiker und Komponist, steht im Bezirk Charlottenburg auf einem Gehweg und hält seine Klarinette in der Hand. Kühn ist im Alter von 92 Jahren in Berlin gestorben, wie die Familie, die Agentur und die Plattenfirma des Klarinettisten am 22.08.2022 bekannt gaben.
Rolf Kühn, Jazzmusiker und Komponist, steht im Bezirk Charlottenburg auf einem Gehweg und hält seine Klarinette in der Hand. Kühn ist im Alter von 92 Jahren in Berlin gestorben, wie die Familie, die Agentur und die Plattenfirma des Klarinettisten am 22.08.2022 bekannt gaben.
© Foto: Gregor Fischer/dpa
Seine Arbeit begeisterte das Publikum und wurde mit Preisen geehrt – so 2009 mit der Ehrenurkunde – Preis der deutschen Schallplattenkritik und 2013 mit dem B.Z.-Kulturpreis in der Kategorie „Jazz“. 2018 gab es zum Auftakt des Stuttgarter Festivals jazzopen die German Jazz Trophy an die Brüder Rolf und Joachim Kühn.
Dass Rolf Kühn als Künstler nie Neugier und Ehrgeiz verloren hatte, haben Zuhörer in der Jazzwerkstatt in Berlin wie in Peitz erleben können. Immer wieder waren es die Kollaborationen mit jüngeren Musikern wie in der Band Unit mit Christian Lillinger (drums), Ronny Graupe (guitar), Johannes Fink (double bass), von denen er sich inspirieren ließ – zeitgenössisch, neue Klänge zu vertrautem Stil. Dazu gehörten Jazzwerkstatt-Konzerte wie im Juni 2017 bei der Nr. 54 des Festivals in Peitz, im September 2020 mit Sebastian Sternal im Institut Français am Kurfürstendamm oder im Juni 2021 im Kesselhaus der Kulturbrauerei Berlin.
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Ein Film über die Brüder Kühn vermittelt deutsche Geschichte

Ein berührendes Dokument über das Jazz-Leben der beiden Instrumentalisten und Komponisten Rolf und Joachim Kühn und ihre außergewöhnlichen Karrieren, die die deutsche und internationale Jazzentwicklung widerspiegeln, ist der Film „Brüder Kühn – zwei Musiker spielen sich frei“ von Stephan Lamby, der sie auf ihren Tourneen begleitete und gleichzeitig deutsche Geschichte aus ihrer Sicht vermittelt.
„Rolf wird immer als der inspirierende, sanfte, innovative und jung gebliebene Künstler und Mensch in Erinnerung bleiben, der er war“, teilten Kühns Ehefrau Melanie, sein Bruder sowie die Agentur Jazzhaus Artists und das Label Edel/MPS mit. „Er lebte ein erfülltes Leben, das bis zu seinem letzten Tag der Musik, der Kultur und der Freude gewidmet war.“